Record of Ragnarok (Staffel 2)
Alte, hartnäckige Blutflecken und herumliegende Körperteile hat das Personal aus der Arena entfernt, daher konnte es am 26. Januar 2023 mit der Anime-Serie Record of Ragnarok weitergehen. Schließlich entschied das Schicksal noch immer nicht über den Fortbestand der Menschheit. Nur ein paar weitere Siege im ultimativen Wettkampf hindern die Götter daran, uns eine neue Sintflut auf den Hals zu hetzen. Ob sich das Weiterschauen lohnt? Immerhin ist die erste Staffel ein sehr durchwachsenes Erlebnis. Für ein endgültiges Urteilt mussten wir uns sehr in Geduld üben, da die finalen fünf Folgen der zweiten Staffel erst am 12. Juli 2023 auf Netflix erschienen. Zeit für uns, unsere Schreibmuskeln aufzuwärmen und unseren Fan-Schal für Team Menschheit fertig zu stricken. So perfekt vorbereitet ging es dann ins Kolosseum. Lest hier, ob wir dort eingeschlafen sind oder uns im Jubel verloren haben.
Samurai Kojirou Sasaki fuhr den ersten Sieg für die Menschheit ein. Doch es bleibt keine Zeit, diesen ausgiebig zu feiern, denn erst mit sieben positiven Entscheidungen zugunsten der Sterblichen würden die Götter diese verschonen. Allerdings kochen die Emotionen auf der Gegenseite jetzt richtig hoch. Angefangen bei den griechischen Göttern, die mit dem Tod von Poseidon nun eine offene Rechnung begleichen müssen. Daher schickt Zeus niemand Geringeren als den Helden Herakles in die nächste Runde. Für Brünhild ein herber Schlag, nicht nur, weil damit ein Freund im Ring steht, sondern weil dieser ein Sinnbild für die Tugenden ist. Um ihn zu schlagen, schickt sie deshalb einen ins Rennen, der beim Publikum keine Liebe bekommt: Es ist der Serienmörder Jack the Ripper. Kann dieser Unhold das strahlende Symbol für das Gute besiegen? Oder wird eine weitere Niederlage die Sterblichen an den Rand der Auslöschung drängen?
Unerwarteter psychologischer Tiefgang
Originaltitel | Shuumatsu no Walküre |
Jahr | 2023 |
Episoden | 15 in Staffel 2 |
Genre | Action, Drama, Mythologie |
Regie | Masao Ookubo |
Studio | Graphinica, Yumeta Company |
Veröffentlichung: 12. Juni 2023 auf Netflix |
Gleich mit dem ersten Kampf stellt uns Record of Ragnarok vor eine schwierige Frage, denn welchem der beiden Teilnehmer sollen wir die Daumen drücken? Mit Herakles/Herkules steht ein waschechter sympathischer Kerl auf der Seite der Götter und mit Jack eben das, was die Menschheit auch zu Tage bringt: einen Bösewicht. Wobei die Handlung für Letzteren eine Hintergrundgeschichte präsentiert, wodurch dessen Handeln verständlich wird. Somit stehen am Ende gleich zwei Figuren im Ring, welche den Sieg verdient hätten. Ein solch psychologischer Tiefgang wäre der Serie nach der ersten Staffel nicht zuzutrauen gewesen, was einen gewaltigen Schritt nach vorne darstellt. Auch die nachfolgenden Duelle lassen sich nicht mehr so einfach in Gut gegen Böse einteilen.
Was passiert abseits der Arenakämpfe?
An der bewährt einfachen Handlung änderte sich nichts. Noch immer treten nacheinander unterschiedliche Kontrahenten in die Arena und kämpfen so lange, bis eben einer die Radieschen von unten sieht. Was sich aber so langsam anpasst, ist die Stimmung. Schließlich verlieren die arroganten Götter, wodurch Unsterbliche mehr einem Dampfkocher ähneln. Abseits des Rings warten daher einige interessante Streitigkeiten, eine Suche nach einem Verräter sowie das seltsame Verhalten gewisser Charaktere. Oder wer hat nicht das Gefühl, der schweigsame Odin verheimlicht etwas? Immerhin lernen wir auf diesem Weg die eine oder andere Figur schon näher kennen. Wie zum Beispiel die wohl frechste und ungewohnteste Darstellung Buddhas. Insgesamt stellt sein Kampf auch das Highlight der Staffel dar. Mit unerwarteten Wendungen verwandelt sich das Duell in einen Tornado, der mitreist und erst wieder absetzt, als ein paar packende Abläufe später ein überraschender Sieger feststeht.
Es kommt Bewegung ins Spiel
Dass uns das Kampfgeschehen diesmal mehr mitnimmt, liegt aber auch daran, dass endlich mehr Fäuste und Waffen sprechen. Die Kommentare von der Seitenlinie fliegen immer noch vermehrt in den Raum, allerdings erst nachdem sich die Kämpfer einige Attacken um die Ohren hauen. Etwas schade ist nur, dass Buddhas Cheerleader aus politischen Gründen überhaupt keinen Auftritt absolvieren. Dafür entschädigen immerhin die vielen Abläufe auf dem Arenaboden. So gestreckt fühlen sich die Folgen nicht mehr an, wie es in der ersten Staffel der Fall ist. Daran trägt die Manga-Vorlage die Schuld, weil schon dort die Abläufe ausführlicher wurden. Zum anderen kommt auch mehr Bewegung ins Spiel. An andere aktuelle Produktionen à la Jujutsu Kaisen oder Demon Slayer: Kimetsu no Yaiba kommt die Netflix-Serie zwar nicht heran. Jedoch lenkt die Produktion der Studios Graphinica (Hello World) und Yumeta Company (Muv-Luv Alternative) in eine sehenswertere Richtung ein.
Backstage keine Änderungen
In Sachen Charakterdesign zeichnet sich Masaki Satou (Magic Kaito) verantwortlich und erneut schafft er es, das individuelle, aufwendige Design der Vorlage getreu umzusetzen. Durch Schwankungen in der Animationsqualität leidet das Aussehen der Figuren nur hin und wieder sehr. In Sachen Soundtrack gibt es hingegen keine Abstreiche in der Bewertung. Yasuharu Takanashi (Farming Life in Another World) erschuf einen abwechslungsreichen Soundtrack, der sich perfekt an die unterschiedlichen Charaktere und deren Herkunft anpasst. Eine schöne, hörbare Abwechslung. Das rockige Opening stammt von der Sängerin Minami und stimmt perfekt flott auf das Geschehen ein. In Sachen Ending dürfte der Song die Zuschauenden teilen wie Moses einst das Meer. Die Höhe Stimme des Sängers ist einfach nicht für jeden etwas.
Göttliche Wechsel
Wie schon bei der ersten Staffel lässt sich auch der zweite Schlag von Record of Ragnarok mit deutscher Sprache auswählen. Dabei kehren viele der bereits etablierten Sprechenden zurück ans Mikrofon. Aufgrund des verstorben Sprechers Ekkehardt Belle schlüpfte jedoch Gudo Hoegel (Goldova in Shaman King) in die Tunika und verleiht nun Zeus seine Stimme. Ebenfalls gibt es bei Shiva einen Wechsel von Martin Bonvicini zu Leonard Hohm (Tenga Onigawara in Mob Psycho 100 (Staffel 3)). Ansonsten mit im Ring: Christian Weygand, der deutsche Stammsprecher von Vincent D’Onofrio (Die glorreichen Sieben), als eleganter Jack the Ripper, Christopher Kussin (Kaburagi in Deca-Dence) als Herakles oder Daniel Pietzuch (Seth in Sacrificial Princess and the King of Beasts) als Sumokämpfer Tameemon Raiden. Für Buddha sprach Benjamin Stolz die Sutras und die perfekt eingedeutschten Spitznamen, My Hero Academia-Fans kennen ihn als Denki.
Fazit
Record of Ragnarok Staffel 2 ist zwar noch kein perfektes Erlebnis, kann aber einigen Punkte gut machen. Allen voran das erste Gefecht von Jack und Herakles spielt gelungen mit dem moralischen Kompass, während im zweiten Schlagabtausch zwei sehr sympathische Männer so viel Spaß zeigen, dass es schwerfällt, nicht selbst gute Laune zubekommen. Der letzte Kampf nimmt hingegen ungeahnte Züge an, bei dem der Ausgang sehr ungewiss ist. Zwar bleibt die Handlung weiterhin einfach gehalten, doch die Schicksale der Figuren lassen nicht kalt. Außerdem spinnt sich im Hintergrund ein weiterer neugierigmachender roter Faden. Visuell fällt der CGI-Einsatz ins Auge. Dennoch kommt dadurch mehr Bewegung ins Spiel, was bei dem Thema einfach sein muss. Insgesamt schlägt sich die zweite Staffel also um einiges besser. Bleibt jetzt nur um eine dritte Staffel zu beten, denn der Krieg ist noch nicht entschieden.
© Netflix