Violet Evergarden
“Wenn es gewünscht wird, reise ich an jeden Ort, an dem ich gebraucht werde. Mein Name ist Violet Evergarden”. In der fiktiven Welt von Violet Evergarden, die an das viktorianische England angelehnt ist, verfassen und formulieren Autonome Korrespondenzassistentinnen Briefe für Menschen, die aus verschiedensten Gründen selbst nicht schreiben können oder wollen. Nach einem langwierigem Krieg gibt es viele Worte die darauf warten ausgesprochen, übermittelt, aber auch verstanden zu werden. Durch das Aufsuchen ihrer Kunden lernt die titulare Heldin Violet, die gerade aus dem Krieg kommt und nichts anderes kannte, nun die menschlichen Feinheiten kennen. Netflix veröffentlichte die Serie aus dem renommierten Animationsstudio Kyoto Animation in Deutschland vom 11. Januar 2018 bis 5. April 2018 als Simulcast in fünf Sprachen.
Ein langjähriger Krieg hat zwischen dem Norden und Süden des Kontinents endlich ein Ende gefunden.
Violet, der es an menschlicher Sozialisierung mangelt, galt in diesem als exzellente Tötungsmaschine. Doch das selbsterklärte Werkzeug verliert mit dem Ende des Krieges und dem Abhandenkommen ihres Vorgesetzten Major Gilbert ihre selbst zugestandene Existenzberechtigung. Ein friedliches Leben in der Adoptivfamilie Evergarden, das Gilbert für sie vorbereitet hat, ist ihr zuwider. So nimmt der ehemalige Leutnant Hopkins sie in seine Postfirma “CH Post” mit. Dort findet sich Violet alsbald mit ihrer zukünftigen neue Berufung konfrontiert: Autonome Korrespondenzassistentin (Original: Auto Memories Doll) werden beworben als bildhübsche Frauen, die für einen Briefe verfassen und dabei adäquat formulieren. Eine elementare Fähigkeit des Berufs ist das Verständnis menschlicher Gefühle und unausgesprochener Absichten. Dinge, die Violet nie gelebt hat, aber nun unbedingt verstehen lernen will.
Originaltitel | Violet Evergarden |
Jahr | 2018 |
Episoden | 13 |
Genre | Drama, Fantasy |
Regisseur | Taiichi Ishidate |
Studio | Kyoto Animation |
Ist die Serie etwas für mich?
Zum Vorfühlen, ob Gefallen auf einen wartet, könnte sich die Frage stellen, ob man beim Gedanken an die Filmtrilogie Sissi mit Romy Schneider und Karlheinz Böhm am liebsten Reisaus nimmt. Violet Evergarden ist zwar (vornehmlich) keine Liebesromanze, macht jedoch gleich in der ersten Folge keinen Hehl aus dem, was die Serie sein soll: Emotionale Rührseligkeit mit einer großzügigen Portion an Theatralik und typischem Kitsch. Aber sie inszeniert das ebenso mit einer riesigen Menge an Pomp für die Augen (und Ohren). Als solches ist die Serie ein absolutes Fest für Sakuga-Enthusiasten im Speziellen und ein Schmaus für alle, die sich an hochwertiger Animationskunst im Allgemeinen erfreuen.
Absurd hohe Produktionsqualität für eine TV-Produktion
Angeteast wurde die Serie 2016 mit zwei Commercials, welche die Original Light Novel bewarben Bereits das erste sorgte für massig Hype durch seine exorbitant hochwertige Animationstechnik und Regie. Alleine die angeblich benötigte Papiermasse zur Animation der Szene mit der Schreibmaschine ist genug, um eine Wand zu tapezieren. Ganz so überquellend animiert wie die Trailer ist die Serie selbst zwar nicht, aber im Vergleich zu anderen Produktionen braucht sie sich nicht einmal vor manch einer Kinofilmproduktion zu verstecken. Hochwertige Animationssegmente finden sich am laufenden Band. Seien es die zahlreichen Charakteranimationen, die den gesamten Körper einer Figur sprechen lassen oder gar Actionszenen, die Violets Fertigkeiten als ehemalige Soldatin aufzeigen. Doch nicht nur auf reiner Animationsebene hat die Serie viel zu bieten. Regie und Komposition nehmen sich auch stets dem Thema der aktuellen Geschichte an. So hat jede Folge u.a. eine etwas andere Farbenpracht. Aufwendige Landschaften, Kostüme und Blumensymbolik veredeln das bewegte Bild zusätzlich. Violet Evergarden ist ausgesprochen verliebt in Details.
Keine direkte Adaption der Vorlage
Das Animationsstudio Kyoto Animation ist auch für seinen jährlich ausgeschriebenen Kyoto Animation Award bekannt. Der wiederum ist berüchtigt dafür, dass er nie Sieger kürte, sondern nur (wenn überhaupt) Honorable Mentions. Bis auf (dato 2018) eine einzige Ausnahme: Violet Evergarden. Der Anime ist eine Adaption der Light Novel-Vorlage, die aus einer Einsendung für den fünften Kyoto Animation Award aus der Feder Kana Akatsukis hervorging. Die Einsendung hinterließ einen mächtigen Eindruck und hatte einen großen Sog auf die Jury, die dazu gebracht wurde, die Geschichte in einem Rutsch zu lesen. Für den Anime wurde dennoch in der Handlung einiges geändert, um dem Anime Medium gerechter zu werden. So beginnt die Vorlage mit einer bereits ausgebildeten Violet mitten im Arbeitsleben, die man durch die Reflexionen in den Menschen ihrer Umwelt und nachgelagerten Einblicken in ihre Vergangenheit kennenlernt. In der Serie trifft der Zuschauer auf Violet am chronologischen Anfang, als sie direkt aus dem Krieg kommt. Um die zeitliche Brücke zu schlagen, hat der Anime sehr viel neues Originalmaterial hinzugefügt, das fast die halbe Serie einnimmt, aber zugleich die Welt von Violet Evergarden mit sehr viel mehr geografischen Räumen und Leben füllt. Die übernommenen Geschichten aus der Vorlage wurden neu strukturiert und werden nun anders nuanciert erzählt. Diverse Elemente wurden im Adaptionsprozess auch vollkommen entfernt. Schaut man sich die erste Light Novel Commercial an, sieht man etliche Szenen, die in der Serie nicht auftauchen: Violet, die am See ein Kleid flattern lässt, Violet, die eine überdimensionierte Axt schwingt oder eine Violet, die mit einem Soldaten im Arm aus einem Feuer tritt.
Die Reise geht weiter, als man von Folge 1 her ahnen könnte
Schaut man sich nur die erste Folge ist die Agenda klar: Violet, die Kriegswaffe wird die Welt der Gefühle erkunden gehen und in der Gesellschaft überlebensfähig werden. Dabei wird sie ihre Liebe zu Gilbert ergründen, aber gleichzeitig auch die Schwere ihrer blutigen Taten im Krieg begreifen. Wie sie über den Konflikt hinwegkommt bietet sich sehr an emotionaler Abschluss der Serie an. Doch tatsächlich ist Violets Entwicklung in der Serie exponentiell. Bereits zur ersten Drittel-Marke steht sie mitten in der Gesellschaft als angesehene Korrespondenzassistentin und zwei Drittel-Marke ist sie gar bereits über ihre überfällige emotionale Herausforderung hinweg.
Das letzte Drittel der Serie widmet sich ausgiebig dem emotionalem Danach.
Der Soundtrack: Violet Evergarden: Automemories |
Das ist eine Konstellation, die einen gewissen Seltenheitswert in der Anime-Landschaft hat. Weniger selten hingegen ist der Ausklang mit einem offenem “Business as usual”-Ende, der ebendas andeutet, was beiliegend zum Erscheinen des dritten Light Novel-“Side Story”-Bandes im März 2018 schon angekündigt wurde: das nächste Anime Projekt im Violet Evergarden-Franchise. Wer von der Studiopolitik von Kyoto Animation einigermaßen im Bilde ist, wird wohl kaum überrascht sein. Sämtlichen Adaptionen der Honorable Mentionsliste des KyoAni Awards wurden bereits Sequels spendiert. Da war es abzusehen, dass das neue Flaggschiff wohl kaum schlechter behandelt werden würde.
Ich kann generell nicht behaupten, ein Fan von Kitsch zu sein. Aber diese Serie packt ihn schon sehr fürstlich ein. Dass er auch der Grundpfeiler der Serie ist, kommt ihr auf jeden Fall zu Gute. So mag der der Kitsch gerne mal etwas bis sehr dick aufgetragen sein, aber er wirkt nie grundsätzlich komplett fehl am Platze und die erste Folge verkündet bereits ausgesprochen ehrlich das Leitthema. Wer mit dem Kitschdrama-Anteil leben kann, wird reichlich bewirtet mit Delikatessen für Augen und Ohren in prunkvollem Geschirr. Sie hat mir sogar etwas Relevantes für den Alltag eingebracht, indem sie mir weggeflochtene Strähnen ausgesprochen schmackhaft gemacht hat. Die Machbarkeit von Violets Haarknoten ist mir allerdings immer noch ein Rätsel.
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Irgendwie ein sehr trauriger Fall einer technischen High Quality-Produktion, die ausschließlich mit audio-visuellen Punkten besticht. Inhaltlich ist Violet Evergarden eine ebenso triste wie austauschbare Angelegenheit mit wenig originellen Figuren und Geschichten. Violet erinnert leider ziemlich an Fate/stay night-Saber in unbeholfen. Würden andere Serien nur halb so viel Budget bekommen, sähe die Sache schon wieder ganz anders aus, aber so ist und bleibt einfach fraglich, wieso eine unspektakuläre Chose wie ein Violet Evergarden derart hervorstechen kann,