Die Legende der Adlerkrieger (Band 1): Die Legende der Adlerkrieger

“Wer ein Mensch ist, sieht auf and´re nicht herab, aber zu den Göttern sieht er auf; Wenn böse Taten nicht vergolten werden, frisst auf Erden bald der Mensch den Menschen auf.” Mit diesem Zitat aus Die Legende der Adlerkrieger werden die bösen Taten unter der Herrschaft der Jin in klare Worte gefasst. Doch was kann man dagegen tun? Wer schützt das einfache Volk vor der Tyrannei? Sind es wahrlich Götter? In der Legende der Adlerkrieger nicht, sondern Meister des Kung-Fu. Sie stehen für Rechtschaffenheit, Moral und Anstand. In diese Welt der Kampfkunst, des Respekts und Gerechtigkeit wird der junge Guo Jing geschleudert. Der Auftakt eines modernen chinesischen Klassikers aus dem chinesischen Genre Wuxia wurde gelegt und am 9. August 2021 mit dem Schwur der Adlerkrieger – dem chinesischen Herr der Ringe – endlich fortgesetzt.

   

Der gutmütige Guo Jing wächst mit seiner Mutter in den Weiten der Mongolei auf, wo er von den Sieben Sonderlingen des Südens in den Künsten des Kung-Fu unterwiesen wird. Während dieser Zeit erlangt er nicht nur die Gunst des berüchtigten Dschingis Khan und seiner Heerscharen, sondern meistert auch die Fähigkeiten des Äußeren und Inneren Kung-Fu. Jahre später erfährt er von seinen Meistern von einer Wette mit dem mysteriösen daoistischen Mönch Qiu Chuji, in der sich Guo Jing mit dessen Schüler in einem Zweikampf messen soll, um herauszufinden, wer von ihnen der größere Meister dieser traditionellen Kampfkunst ist. So beginnt für Guo Jing eine abenteuerliche Reise ins Herz von China, wo er sich durch seine gutmütige aber naive Art sowohl Freunde als auch Feinde macht. Sein Kampfgeschick wird hierbei schnell auf eine harte Probe gestellt.

Fliegende Krieger im alten China

Originaltitel She Diao Yingxiong Zhuan
Ursprungsland Volksrepublik China
Jahr 1957
Typ Roman
Band 1 / 3 
Genre Abenteuer
Autor Jin Yong
Verlag Heyne (2020)
Veröffentlichung: 12. Oktober 2020

Die Legende der Adlerkrieger entführt mit viel Witz und malerischer Genauigkeit in die Geschichte eines Wettstreits, in der es darum geht, sich als wahrer Kung-Fu-Krieger beweisen zu müssen. Egal ob Techniken wie der »giftige Drache entsteigt der Höhle« oder »der Wind zerzaust die ziehenden Wolken über sich«, Jin Yong beschreibt jeden einzelnen der Kämpfe mit liebevoller Hingabe, sodass der Leser diese bildlich vor Augen hat. Kein Wettstreit gleicht dem anderen, was gar nicht so leicht ist, denn die Legende der Adlerkrieger besteht förmlich aus dem Aufeinanderprallen freundlich gesinnter Rivalen oder echten Feinden. Egal ob mit Speer, Peitsche, Schwert oder Schnapsschalen; Jin Yongs Figuren wissen sich eindrucksvoll und einfallsreich zur Wehr zu setzen und haben dabei immer einen passenden Spruch auf den Lippen. Liebhaber von Filmen von Bruce Lee (IP Man, Fists of Fury) oder Jacky Chan (Drunken Master, Karate Kid) werden ihre Freude daran haben, genauso wie erwachsen gewordene Liebhaber der Bücher Die Fünf Gefährten von Jeff Stone.

Zwischen Kung-Fu und historischen Fakten

Trotz der vielen durch Inneres und Äußeres Kung-Fu gestärkten Krieger und Kriegerinnen, die majestätisch durch Lüfte gleiten oder von Baum zu Baum springen, entführt die Geschichte in das alte China und verbindet damit die Historie mit dem märchenhaft anmutenden Fantastischen. Denn neben einer spannenden Kampfkunst-Geschichte ist sie zugleich eine Geschichte der Freiheit und des Stolzes für das eigene Land. Wir befinden uns in der Zeit der Song-Dynastie (960 – 1279), genauer gesagt im 13. Jahrhundert, als die Song-Dynastie in den Süden geflohen und den Norden den einfallenden Jurchen überlassen hatte. Die Jurchen haben sich bereits seit langer Zeit als die Jin-Dynastie (1115 – 1234) etabliert und regieren den Norden Chinas mit grausamer Hand. Die daraus entstandene Abscheu gegen die Jin, den rebellischen Geist der Chinesen und ihren patriotischen Glauben an ihre in den Süden vertriebene Dynastie lässt Jin Yong mal dezent, mal sehr direkt zwischen den Zeilen einfließen. Nicht zuletzt wird die historische Figur des General Yue Fei, der in China noch heute für seine erbitterten Feldzüge gegen die Invasoren bekannt ist, als gefeierter Patriot und Held beschrieben.

Zwist zwischen Konfuzianismus und Daoismus

Die Legende der Adlerkrieger spiegelt auch den Gegensatz der beiden philosophischen Strömungen von Konfuzianismus und Daoismus wider. Der Konfuzianismus, genauer der Neokonfuzianismus, hat in dieser Zeit in China Einzug gehalten und ist geprägt durch strenge hierarchische sowie patriarchalische Konzepte. In Die Legende der Adlerkrieger spürt man davon jedoch nichts. Ganz im Gegenteil, obwohl das Buch in den 50er Jahren geschrieben wurde, sind Mann und Frau sich gleichgestellt und meist ist es die Frau, die durch List und Wortgeschick einen Kampf für sich entscheidet. Zudem können die Figuren den Konfuzianismus selbst auch nicht leiden. Nicht umsonst wird der daoistische Kung-Fu-Meister Apotheker Huang als Ketzer bezeichnet, da er einen konfuzianischen Tempel verschandelte und in Konfuzianern mehr Volksverräter als chinesische Patrioten sieht. Im Gegenzug wird der Daoismus mit seinen Werten und Moralvorstellungen hochgehalten. Der Roman ist durchzogen von chinesischen Verhaltensweisen, Anstand und vor allem Zurückhaltung, etwas was in westlich geprägten Büchern selten zu finden ist. Ein Kampf ist auch nicht gleich ein Schlagabtausch, um jemanden zu verletzen oder gar zu töten. Es ist vielmehr ein Messen zweier ebenbürtiger Meister. Respekt und Höflichkeit stehen dadurch an der Tagesordnung und bringen selbst Laien chinesische Werte und Gepflogenheiten auf humorvolle Weise nahe.

Liebe für Figuren und chinesische Literatur

Die Legende der Adlerkrieger ist gespickt mit den unterschiedlichsten Figuren. Egal ob gut oder böse, tollpatschig oder klug, still oder laut, sie alle sind liebenswürdig und lassen einen mit ihren Schicksalen bangen. Jin Yong schafft es, Charaktere aufzubauen und sie in den Kontext einer klassischen chinesischen Geschichte im Stile der Reise in den Westen oder Die Räuber vom Liang-Schan-Moor zu betten und knüpft damit an alte Klassiker aus der chinesischen Ming-Dynastie (1368 – 1644) an. Besonders auf die Räuber des Liang-Schan-Moores sind viele Anspielungen in Die Legende der Adlerkrieger zu finden.

Fazit

Die Legende der Adlerkrieger wird vollkommen zurecht als der chinesische Herr der Ringe beworben, da auch hier Liebe für Literatur, fremde Kultur und Sprachen zu finden sind. Die Anspielungen auf die chinesische Geschichte vermischt mit alter, traditioneller Literatur sowie Gedichten ist spannend zu lesen und habe ich auf diese Art noch nicht gesehen. Allerdings wird der Leser auch nicht mit historischem Faktenwissen überfordert, geschweige denn, dass es vorausgesetzt wird. Ich selbst konnte gänzlich in das alte China eintauchen, fieberte mit Guo Jing, seinen Meistern aber auch mit seinen Rivalen mit. Wie es sich für einen chinesischen Klassiker gehört, sind die Kämpfe märchenhaft überdreht und sehr bildlich geschrieben. Guo Jing rasselt von einem Konflikt in den nächsten und man fragt sich wie er sich aus diesen misslichen Lagen befreien kann. Dadurch verzückt der erste Band um Guo Jings Abenteuer mit überraschenden Wendungen. Ich freue mich auf jeden Fall schon darauf die Fortsetzung zu lesen und mehr über Guo Jing und meinem persönlichen Lieblingscharakter Huang Rong zu erfahren.


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Lady Narmora

Als Sinologin liebt Lady Narmora die asiatische und allen voran die chinesische Kultur sowie Literatur. Sie liebt Fantasy, Sci-Fi und spannende Historienromane, in denen fremde Orte und Philosophie hochgeschrieben werden. Daher ist Literatur mit einem interessanten und spannenden Worldbuilding für sie sehr wichtig; gerade, dann wenn es um Speisen, Feste, Geschichte und Politik geht.

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