Vanfarin – Von Untoten und Totems
In den Veröffentlichungen von Selfpublishern finden sich mitunter Werke, die durchaus in den Regalen namhafter Verlage stehen könnten. So auch Vanfarin – Von Untoten und Totems von Amalia Zeichnerin. Ein Fantasyroman aus dem Jahr 2018, der den Leser auf eine turbulente Reise durch Kämpfe, parallele Welten, Freundschaften und Feindschaften und Totemtiere führt. Wie der Klappentext es verspricht, bleibt dabei in dieser kampflastigen Geschichte die Romantik außen vor. 360 Seiten ohne Romantik, obwohl sich Kriegerinnen und Krieger, Schamanen und Magierinnen, Menschen und Elfen in einen Kampf gegen einen unbekannten Feind stürzen und prekäre Situationen erleben?
Die Geschichte beginnt mit einem unbekannten Mann in einer Gefängniszelle, seinem Schicksal und seinem Groll. Doch schnell wechselt der Ort. Der Leser findet sich unvermittelt auf einem Schlachtfeld wieder. Das Land Vanfarin wird seit einiger Zeit von einer wachsenden Armee von Untoten überfallen, die wie aus dem Nichts aufgetaucht sind. Der Heiler Talahko steht mitten im grausamen Geschehen eines Kampfes von Menschen gegen Untote. Seine Aufgabe ist es, verletzte Kriegerinnen und Krieger zu behandeln. Einer seiner Patienten ist ein Krieger aus dem Volk der Norður, Brynjar. Für Talahko ist dessen Heilung mental keine einfache Sache, denn sein Volk ist mit den Norður verfeindet und sein Vater dieser Fehde zum Opfer gefallen. Noch belastender wird es für Talahko, als sein Totemtier sich mit ihm in Verbindung setzt und ihn dazu auffordert, Brynjar in seiner Eigenschaft als Schamane bei der Suche nach dessen Totemtier zu helfen. Und auch weiterhin bleiben beider Schicksale miteinander verbunden, Feindschaft hin oder her, denn nicht nur ihre Welt ist bedroht, sondern auch die der Totemtiere.
Unser Feind macht uns zu Freunden – oder?
Originaltitel | Vanfarin – Von Untoten und Totems |
Ursprungsland | Deutschland |
Jahr | 2018 |
Typ | Roman |
Bände | 1 |
Genre | Fantasy |
Autor | Amalia Zeichnerin |
Verlag | Selfpublisher |
Der Reiz der Protagonisten in Vanfarin – Von Untoten und Totems liegt in ihrer Unterschiedlichkeit. Talahko stammt aus dem Volk der Tamahya und setzt als angehender Schamane bei den Kämpfen gegen die Untoten seine Fähigkeiten als Heiler ein. Er besitzt eine enge Beziehung zu seinem Totemtier, dem Adler Kinjan, verbunden. Brynjar ist ein Krieger der Norður. Ihm ist nicht bewusst, dass er ebenfalls mit einem Totemtier verbunden ist, und die Suche danach erscheint ihm zunächst relativ überflüssig. Zudem sind die Tamahya und die Norður miteinander verfeindet, wodurch sich eine Zusammenarbeit dieser beiden selbst unter dem Eindruck des Krieges, in dem alle Feindseligkeiten zwischen verschiedenen Gruppen schweigen sollten, als ziemlich schwierig erweist. Zu diesen beiden gesellen sich weitere Charaktere. Taobh Gheal den Domhan ist eine Elfenmagierin, die Heimweh nach den Wäldern und ihrer kleinen Familie hat. Die Ogrra-Kriegerin Gorsic verlässt sich lieber auf ihr Schwert als auf Magie und verliert nicht so schnell den Kopf. Nach dem Verlust seines Armes meidet der Gelehrte Hadaschi Hikaru die Gesellschaft anderer, versucht aber, den größtmöglichen Nutzen aus ihrer Zusammenarbeit zu ziehen. Zusammengehalten werden die unterschiedlichen Ethnien, Glaubensrichtungen und Weltanschauungen der Gruppenmitglieder durch den gemeinsamen Feind. Woher die Untoten kommen, wer oder was sie antreibt und was ihr Ziel ist, ist nicht bekannt. Aber die Welten werden nicht überleben, wenn der Feind weiter unbekannt bleibt.
Eine authentische Fantasywelt
Vom ersten Satz an nimmt der flüssige Schreibstil und die wunderbare Wortvielfalt der Autorin Amalia Zeichnerin (Berlingtons Geisterjäger) den Leser mit in eine fantastische Welt. Wie nebenbei fließen dabei die Informationen ein, die die Welt und ihre Regeln für den Leser greifbar machen. LARP-Spieler dürften so manche Szene wiedererkennen, denn den Beschreibungen der Kämpfe und Wanderungen ist deutlich anzumerken, dass Amalia Zeichnerin ihre eigenen Erfahrungen aus Live-Rollenspielen in die Beschreibungen hat einfließen lassen. Das verleiht Vanfarin – Von Untoten und Totems eine Authentizität, in der die Fantasy-Elemente der Geschichte gut aufgehoben sind und ganz selbstverständlich wirken. Die Kapitel selbst sind jeweils einem Charakter zugeordnet. Erkenntlich an der Überschrift, die aus dem jeweiligen Namen und einem kleinen dazugehörigen Bild besteht. Sie nehmen die fortlaufende Geschichte ein Stück weit aus dessen Sicht wahr. Hierbei wird durchgehend die Dritte-Person-Perspektive gewahrt. Der Leser erfährt aber viel über diesen einen Charakter, ohne dass es aufdringlich und störend wirkt. Zum Setting gehören auch die Mittlere und die Untere Welt. Beide Welten können durch schamanische Reisen betreten werden und beherbergen die Totemtiere sowie Orts- und Naturgeister. Dieses Konzept wird in der Geschichte selbst schon gut eingebunden, im hinteren Teil des Buches lässt es sich noch einmal nachlesen. Dort finden sich neben einem kurzen Exkurs in die Welt des Schamanismus auch Listen über viele Charaktere und Totemtiere sowie eine Übersetzung der hin und wieder fallenden Fremdworte.
Fazit
Ich gestehe, dass mich der Satz auf der Rückseite: „Ein in sich abgeschlossener, kampf-lastiger High-Fantasy-Roman ohne Romantik“ zu Vanfarin –Vanfarin – von Untoten und Totems von Untoten und Totems hat greifen lassen. Yay, ein sich nicht endlos dahinziehender Roman in meinem Lieblings-Genre, und dann auch noch ohne irgendwelche libidogesteuerten Leidenschaftlichkeiten! Ich habe absolut nichts gegen diese Art Zwischenmenschlichkeit, aber in manchen Geschichten wirkt sie so deplaziert wie eine Tortellini auf einem Erdbeerkuchen. Nun, Romantik habe ich erfreulicherweise tatsächlich nicht gefunden, dafür gut beschriebene Kampfszenen und mühselige Wanderungen durch häufig schlechtes Wetter (hier musste ich mir zu meiner Chipstüte noch eine Wolldecke holen, mir wurde schon beim Lesen kalt) sowie spannende Charakterkonstellationen in einem interessanten Setting. Wie aus gesichtslosen Feinden langsam Persönlichkeiten mit eigener Individualität werden, das zeigt die Geschichte von Talahko und Brynjar sehr schön. Schlecht weg dagegen kommt leider der Bösewicht, er bleibt ein Schemen, dessen Beweggründe ich nicht wirklich nachvollziehen konnte; hier hätte ich mir ein tieferes Abtauchen in die Abgründe seiner schwarzen Seele gewünscht. Insgesamt bin ich aber doch zufrieden mit meiner Lektüre und werde auf jeden Fall einen Blick in die anderen Werke von Amalia Zeichnerin werfen.