Snow, Glass, Apples
Die Kurzgeschichte Snow, Glass, Apples von Neil Gaiman entstand bereits 1994, die Comic-Version, welche von Colleen Doran gezeichnet wurde, erschien hingegen erst im August 2019 bei Dark Horse Comics. Der Splitter Verlag veröffentlichte diese einzigartige und kunstvoll gestaltete Geschichte im April 2021. Bei Snow, Glass, Apples handelt es sich um eine neue Interpretation des bekannten Märchens Schneewittchen, in welchem die Stiefmutter nicht die böse Figur aus dem Märchen ist, sondern eine weise Regentin, die der bösartigen Prinzessin nur Einhalt gebieten wollte.
Des Königs Gemahlin gebärt eine wunderschöne Tochter, ihr Haar ist schwarz wie Ebenholz, ihre Lippen so rot wie Blut und Haut weiß wie Schnee. Doch die Königin verstirbt kurz nach der Geburt und das Mädchen wächst ohne sie auf. Aber Jahre später verliebt sich der König erneut, es ist in ein wunderschönes 16-jähriges Mädchen, welche die Gabe der Weissagung besitzt. Eine leidenschaftliche Zeit bricht für beide an und der König heiratet sie letztendlich, sie wird die Stiefmutter der kleinen Prinzessin, die inzwischen etwa fünf Jahre alt ist. Nur ein Jahr später entdeckt die neue Königin die wahre Natur des Mädchens. Eines Nachts kommt das hübsche Kind in das Gemach ihrer neuen Mutter und sagt ihr, sie sei hungrig. Als die Königin dem Mädchen über die Wange streicht, wird sie von ihm gebissen. Die Prinzessin trinkt das Blut und geht wieder, ihre Stiefmutter lässt sie ab sofort nicht mehr zu sich.
Erzählung aus der Sicht der Stiefmutter
Originaltitel | Snow, Glass, Apples |
Jahr | 2019 |
Land | USA |
Genre | Fantasy |
Autor | Neil Gaiman |
Zeichner | Colleen Doran |
Verlag | Splitter |
Veröffentlichung: 28. April 2021 |
Im Märchen Schneewittchen wird die Stiefmutter als böse dargestellt, die die Prinzessin als Konkurrenz für ihre Schönheit ansieht und ihr deshalb nach dem Leben trachtet. In Neil Gaimans Geschichte Snow, Glass, Apples hingegen gilt die neue Königin als durchaus weise und gute Regentin, denn das Schneewittchen ist in dieser Neuinterpretation ein gefährliches Wesen, das seinen Vater tötet, indem es sich immer wieder an dessen Blut labt. Daher ist die nächste Aktion der Stiefmutter gar nicht mehr so böse, als sie das Mädchen das Herz herausschneiden lässt, welches aber nicht aufhört, weiter zu schlagen. Doch da die Königin die Geschichte erzählt, wird deutlich, dass sie bereut, nicht mehr getan zu haben oder von Anfang an andere Entscheidungen getroffen zu haben. Ihr zukünftiges Schicksal wird daher kein gutes Ende finden und das, obwohl sie hier die weise Regentin ist, welches ihr Königreich nur von einem blutsaugenden Monster beschützen will.
Optisch sehr aufwendig und kunstvoll
Colleen Doran setzt die düstere Geschichte von Snow, Glass, Apples mit beeindruckende Bildern um, jede Seite ist dabei ein kleines Kunstwerk für sich. Der Stil ist geprägt durch viele filigrane Ornamente, ob nun bei der Kleidung, Gegenständen oder der kompletten Seite, sie finden überall Verwendung. Gleichzeitig finden sich auch Seiten, die sehr sparsam mit den Mustern umgehen, wie in der Szene, in der Schneewittchen mit dem stark behaarten Mönch im Wald verkehrt. Diese sind schlichter und in einem kühlen Blauton gehalten, was der Nacht geschuldet ist. Aber sonst sind die schönen Muster überall, denn die Zeichnerin ließ sich vom Künstler Harry Clarke inspirieren, dessen Stil ebenso von Ornamenten geprägt ist. Die Sexszenen waren für Colleen Doran ebenso eine Herausforderung, doch diese sind sehr kunstvoll umgesetzt, gleichgültig ob mit dem König, dem nekrophilen Prinzen oder Schneewittchens Akt mit dem Mönch. Nichts davon wirkt vulgär oder unpassend.
Fazit
Snow, Glass, Apples zeichnet sich vor allem durch den aufwendigen, künstlerischen Aspekt aus, den dieses Werk besitzt. Die Geschichte an sich ist eben ein Märchen neu interpretiert, doch überrascht mit einem Vampir-Schneewittchen den Leser dann doch etwas. Es ist ebenso interessant, dass die Handlung aus der Sicht der Königin geschildert wird, die in ihren letzten Momenten ihr Leben Revue passieren lässt und überlegt, was sie doch alles anders hätte machen sollen. Sie ist im ganzen Comic eine starke Persönlichkeit und das bis zum bitteren Ende, so dass sie dem Leser durchaus leid tun kann. Währenddessen hat Schneewittchen mit ihrem nekrophilen Prinzen wohl den passenden Partner gefunden, zumindest wenn er nicht genauso enden wird wie ihr Vater und sie sich auf die Suche nach neuen Opfern begeben muss. Mir gefällt das Gesamtpaket sehr gut, auch weil ich den derartigen Einsatz von Ornamenten sehr mag und ähnliche Werke von Künstlern wie Gustav Klimt sehr gerne betrachte. Wer Märchen und Neuinterpretationen dieser mag und vielleicht auch noch kunstinteressiert ist, sollte sich Snow, Glass, Apples nicht entgehen lassen.
© Splitter Verlag
Hat mein Interesse geweckt und will ich mir auch zulegen *O* Die Zeichnungen sind echt ansprechend.
Es freut mich, dass dein Interesse geweckt wurde.