A Quiet Place
Es gibt Filme, bei denen im Kino wirkliche Stille angesagt sein sollte. Damit ist gemeint: noch nicht einmal zu laut in die Nachos beißen. Als Zuschauer von A Quiet Place folgt man unweigerlich den Regeln des Films, welche ganz simpel lauten: still sein. Denn in der Welt des Films ist jede Art von Geräusch ein sicherer Todbringer. Der Regisseur John Krasinski (The Office) besetzt auch zugleich die männliche Hauptrolle, derweil seine Filmpartnerin auch gleichzeitig seine Ehefrau aus dem wahren Leben, Emily Blunt (The Edge of Tomorrow) ist. Dass hierbei eine authentische Bindung transportiert wird, zahlt auf den ohnehin emotionalen Familienfilm ein.
Tag 89 eines nicht näher definierten Jahres in New York: Vater und Mutter Abbott plündern gemeinsam mit den Kindern Regan (Millicent Simmonds), Marcus (Noah Jupe) und Beau (Cade Woodward) einen Supermarkt. Das geschieht auf Zehenspitzen und mit allerhöchster Vorsicht. Die Familie verständigt sich ausschließlich per Zeichensprache, die sie aufgrund von Regans Taubheit beherrscht. Doch gleichzeitig ist das die einzige Möglichkeit der Kommunikation, denn blitzschnelle Monster, die zwar keine Sehkraft, doch dafür umso sensiblere Ohren besitzen, haben die Menschheit dahinraffen lassen. Die Abbotts zählen zu den einzigen Überlebenden, da sie sich in einem Farmhaus eingebunkert haben. Das Leben in Anspannung meistert die junge Familie, doch als Evelyn schwanger wird, steht die Familie vor einer Herausforderung. Wie soll sie ein Kind auf die Welt bringen, dessen Schreien das Schicksal der Familie besiegeln wird?
Spannung um jeden Preis
Originaltitel | A Quiet Place |
Jahr | 2018 |
Land | USA |
Genre | Horror, Drama |
Regisseur | John Krasinski |
Cast | Evelyn Abbott: Emily Blunt Lee Abbott: John Krasinski Marcus Abbott: Noah Jupe Regan Abbott: Millicent Simmonds Beau Abbott: Cade Woodward |
Laufzeit | 90 Minuten |
FSK |
Die Welt von A Quiet Place wird im zehnminütigen Prolog zusammengefasst. Der Zuschauer erfährt weder, wie es zu dieser menschlichen Tragödie kam, noch, wo all die Menschen sind. Krasinskis einziges Anliegen ist es, die Ausgangssituation der Familie zu etablieren. Dies geschieht durch ein einschneidendes Erlebnis, welches die Familiengeschichte für immer prägen soll. Damit sind die Eckpfeiler des Films gesetzt und alles ist auf Vorsicht ausgerichtet. Die innere und äußere Anspannung der Figuren überträgt sich schnell auch auf den Zuschauer, denn das Leben in Angst setzt den Abbotts zu, insbesondere, wenn mit Regan eine taube Figur ins Spiel kommt, die die Hörbarkeit der eigenen Aktionen nicht validieren kann. Hierbei kommen viele Umstände ins Spiel, die A Quiet Place immer wieder überkonstruiert wirken lassen. Ohnehin ergibt sich so manches Fragezeichen im Drehbuch. Etwa, wie die Familie ihren Alltag meistert, wie das Haus geräuschlos so aufgebaut werden konnte, wie es ist, und wieso selbst die Haustüre offen gelassen werden muss, wenn die Bedrohung draußen lauert. In vielen Szenen wirken die ergriffenen Maßnahmen leichtsinnig, was ebenso Gewohnheit der Familie, die sich an die Realität angepasst hat und die schlimmen Umstände für selbstverständlich nimmt, sein kann. Der Nervenkitzel, der sich für den Zuschauer ergibt, entsteht allerdings in den meisten Szenen nur durch das unbedachte Verhalten der Figuren. Selbst Evelyns Schwangerschaft fällt unter diesen Punkt, und auch mit tiefer, inniger Liebe lässt sich nur schwer rechtfertigen, wie das Familienschicksal gefährdet werden kann. Zwar wird anhand der einen oder anderen Szene demonstriert, wie sich die Familie auf die Gefahr einstellt (Würfelspiele auf weicher Unterlage), doch viele Fragen bleiben offen. Besonders im dramatischen letzten Drittel ergeben sich Wendungen am laufenden Band, die nur allzu erzwungen wirken,
Atmosphärisches Sounddesign
Bei einem Film, der mit offenen Ohren genossen werden möchte, spielt das Sounddesign eine umso größere Rolle. Diese Aufgabe wurde Marco Beltrami (World WarZ) zuteil, dem es gelungen ist, eine musikarme Geräuschkulisse zu erschaffen. Umso bedrohlicher fällt das Grummeln im Hintergrund auf, das sich ins Ohr der Zuschauer bohrt und kontinuerlich alle Zeiger auf Aufpassen stellt. Sobald die Perspektive gewechselt wird und der Zuschauer die Welt aus Sicht der tauben Regan erlebt (dem erstaunlicherweise auch leichtsinnigsten Charakter), ist das intensives Erlebniskino, weil damit gerechnet werden muss, dass jeden Moment etwas geschieht, was die Figur selbst überhaupt nicht so wahrnimmt.
Mehr Drama als Horrorfilm
Den Darstellern gelingt es, die Handlung auch ohne viele Worte zu tragen. Ein Drehbuch, welches beinahe vollständig auf Dialoge verzichtet und nur von den Mimiken der Darsteller lebt, stellt sicherlich ein gewisses Wagnis inpunkto Glaubhaftigkeit dar. Hier gelingt den Schauspielern ein kleines Wunderwerk, denn als Zuschauer nimmt man jeden Blick, jedes Stirnrunzeln und jede zaghafte Bewegung umso aufmerksamer wahr. Besonders die auch im wahren Leben taube Millicent Simmonds überzeugt in der Rolle eines rebellischen Teenagers, der die Umstände, unter denen er aufwächst, nicht akzeptieren kann. Die feinfühlige Erzählung der Familiengeschichte bildet ohnehin den Mittelpunkt, weshalb A Quiet Place aufgrund seiner Umwelt zwar Horroranteile birgt, doch vor allem eine Geschichte erzählen will, die sich mit ihren Figuren befasst. Im Mittelpunkt steht der Zusammenhalt der Familie, der Emily Blunt und John Krasinski tief ins Gesicht geschrieben steht.
Obwohl sich A Quiet Place konstant um Spannung und emotionale Teilnahme seitens Zuschauer bemüht, fehlt mir der letzte Funke, um mich mitreißen zu können. Hier kommt die Überkonstruktion aller Geschehnisse ins Spiel, die dafür sorgt, dass der Familie auch wirklich nichts erspart bleibt und ein Paukenschlag dem nächsten folgt. Zwischen den Zeilen ist der Film ein starkes Plädoyer, die eigenen Taten sorgsam zu reflektieren und Worte bedacht zu wählen. Doch in Folge der temporeichen zweiten Hälfte verschwindet die Botschaft auf den Zielgeraden. Dennoch bleibt ein intelligenterzähler und packend inszenierter Film, dessen Atmosphäre vergleichbar mit der Stimmung des Endzeit-Games The Last of Us ist.
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Ich hatte schon richtig Sorge, dass ich den Film verpassen könnte, dabei war mir beim Ansehen des Trailers schon klar, dass hier ganz viel auf meine speziellen Vorlieben abzielt. Und wow, hat der Film gezündet! Die Atmosphäre überträgt sich echt super. Stille! Unbedingt still sein. Bloß nicht rascheln. Da wird der Film es schwer haben, wenn man den gemütlich zu Hause nachmittags bei geöffnetem Fenster schauen möchte. Vogelgezwitscher kann da schon richtig merkwürdig wirken (das brachte mich dann heute nachmittag auch dazu zu überlegen, wie fies der Film wohl für Hundebesitzer ist).
Emily Blunt mag ich als Schauspielerin sehr gern und sie hat mich hier auch wieder vollkommen überzeugt. Dass Krasinski seine Frau direkt mal eingespannt hat, macht bei diesem Projekt für mich aber auch sehr viel Sinn, da eben so viel an der Gestik und Mimik liegt und wenn die Chemie zwischen Evelyn und Lee ein paar Macken hätte, würde sich die emotionale Komponente schwerer verkaufen lassen. Mir gefällt da vor allem die Szene im Keller mit den beiden eher zu Anfang sehr gut.
Die geöffneten Türen kann ich teils nachvollziehen. Knarren, Quietschen, plötzlich fallen die Dinger mal wegen Zugluft zu oder es knallt irgendwie – die können dann ganz schnell auch ein Hindernis sein, wenn man sich schneller bewegen möchte. Was ich mich da eher frage ist vor allem, dass die sich nicht gegenseitig 30 Mal am Tag erschrecken, weil alle immer lautlos sind und sich im Grunde an die anderen anschleichen. Ich möchte da keinem von hinten an die Schulter tippen. Aber auch das ist wohl eben Alltag und die neue Normalität. Und wenn man sich erstmal an Dinge gewöhnt, verschleifen sich manche Gewohnheiten schnell. Die Schwangerschaft sehe ich auch nicht gänzlich als Dummheit. Gewollt ist die sicher nicht, aber zumindest sagt mir der Sex, den die Eltern also noch haben, immerhin auch, dass die zwei nicht nur stur überleben, sondern überhaupt ein Leben haben. Und ungewollt schwanger werden kann ja sogar mit Kondom passieren, wer weiß. Und danach ist es zu spät, Abtreibung geht nicht. Und wenn die Menschheit nicht aussterben soll, muss ja irgendwas kommen und ich finde die Frage spannend, wie das in einer so feindlichen Umgebung gehen soll.
Allgemein denke ich auch, dass die Leute auf dem Land eben schon einen gewissen Vorteil haben. Da gehören die Abbotts halt zu. Die wissen wie sie Solarenergie nutzen und sich auf einer Farm ernähren. Schwierig ist hierbei nur wiederum all die Arbeit im Stillen zu bewerkstelligen. Da kann man kaum Mais ernten… Immerhin hat die Familie auch den großen Vorteil, dass sie Gebärden beherrschen. Wie viele andere Leute schon an der lautlosen Kommunikation scheitern. Finde ich hier super erzählt.
Dass der gezeigte Tag halt der actiongeladenste von allen ist. Naja, typisch eben. Ich hätte auch Tag 280 interessant gefunden, für mehr stinknormalen Alltag. Aber das käme insgesamt wohl nicht an.
Wobei man auch sagen muss, dass nur eine geöffnete Türe zugeschlafen werden kann. Eigentlich wären Säcke oder Schalldämpfer am besten gewesen. Hier finde ich den Film teilweise nicht ganz weit genug gedacht.
Und was den Sex angeht… natürlich können sie den haben. Aber man kann ja auch verhüten. Es ist mir auch jenseits der Geburt ein Rätsel, wie man ein Baby auf die Welt bringen will, das immer schreit und somit auch eine potenzielle Gefahr für die anderen Kinder darstellt. Je länger ich darüber nachdenke, desto verantwortungsloser finde ich das.