American Animals
Nur Weniges fasziniert den Menschen mehr als Verbrechen. Je organisierter, desto spannender. Das muss nicht immer Mord sein, sondern kann auch in Diebstahl münden. Heist Movies wie Ocean’s Eleven erfreuen sich ungebrochener Beliebtheit. Der Regisseur Bart Layton (Der Blender – The Imposter) hat sich dafür an eine echte Geschichte gewagt, die sich 2004 an der Transylvania University in Lexington, Kentucky ereignete. Das Besondere an American Animals: Die Nacherzählung der Geschichte wird angereichert durch Interviewszenen mit den echten Räubern von damals.
Eigentlich will Spencer (Barry Keoghan, Dunkirk) Künstler werden. Aber außer diesem Traum bietet sein Leben wenig Spannendes. Per Zufall erfahren er und sein bester Freund Warren (Evan Peters, American Horror Story), dass sich in der Unibibliothek wahre Schätze befinden sollen. Abgesichert in einem geheimen Raum soll sich das wertvollste Kunstbuch der Welt befinden, ein Vermögen wert. Dessen Verkauf würde ihnen Türen zu einem besseren Leben öffnen. Da ein solcher Coup zu zweit nicht gelingt, werden kurzum die Freunde Eric (Jared Abrahamson, Keep Watching) und Chas (Blake Jenner, Glee) eingeweiht. Der Masterplan steht, die Tarnkostüme sind vorbereitet und das Fluchtmanöver durchgeplant. Eigentlich kann da nichts mehr schiefgehen… oder?
True Crime – mit allen Vor- und Nachteilen
Originaltitel | American Animals |
Jahr | 2018 |
Land | USA |
Genre | Drama, Comedy |
Regisseur | Bart Layton |
Cast | Warren: Evan Peters / Warren Lipka Eric: Jared Abrahamson / Eric Borsuk Chas: Blake Jenner / Chas Allen Spencer: Barry Keoghan / Spencer Reinhard |
Laufzeit | 116 Minuten |
American Animals besteht darauf, nicht als lose Geschichte, die auf Fakten basiert wahrgenommen zu werden. Gleich zum Anfang wird aufgeklärt, dass es hierbei um einen wahren Vorfall aus dem Jahr 2004 geht. Dementsprechend verzichtet der Film auf dramaturgische Beigaben wie eine Liebesgeschichte, Gegenspieler oder künstliche Konflikte innerhalb der Gruppe. Obwohl der eigentliche Plan aufregender Natur ist, geht es hier über weite Strecken relativ sachlich zu. Das liegt einerseits in Bart Latons Regiestil (er ist eigentlich Dokumentarfilmer), andererseits auch an den Unterbrechungen durch die Interviews. Diese sind ein Gewinn für die Authentizität und gleichermaßen auch ein erzählerischer Stopper. Wir wissen nämlich, wie die Geschichte ausgehen wird (und vice versa: wie nicht). Doch mit viel Ironie und Anspielungen auf andere Heist-Werke wie Reservoir Dogs ist immer ein Augenzwinkern dabei, um den Genre-Fan glücklich zu machen.
Viel Anlauf bis der Film ins Rollen kommt
Bis die Handlung mal in Fahrt kommt, vergeht eine gute Stunde. Bis dahin wird viel Zeit mit der Einführung der Charaktere und der Porträtierung heute wie damals verbracht. Die Emotion findet irgendwo zwischen den Zeilen statt. Etwa wenn sich die Teens völlig selbst überschätzen und sich ihr Plan als Flickenteppich entpuppt. Auch die Begegnung und Interaktion von und zwischen Schauspielern und echten Personen gehört zu den großen Momenten des Films. Nicht zuletzt, weil hier unterschiedliche Sichtweisen auf das Leben aufeinanderprallen. So entsteht eine bereichernde Meta-Ebene. Der eigentliche Star des Casts ist übrigens keiner der jungen Schauspieler, sondern Warren Lipka, der sich selbst verkörpert. Insgesamt macht die Spiellust des Casts viel Spaß, was den dokumentarischen Stil wesentlich stärker auflockert. Bart Layton gelingt es aber, inszenatorisches Flair in die entscheidenden Szenen zu bringen, sodass sämtliche Szenen, die mit dem Raub an sich zu tun haben, wie von selbst laufen. Dazu kommen witzige Kostüme, ein bewusst cooler Soundtrack (Ice Cube, The Doors, The Ramones) und natürlich ganz titelgerecht viel American Lifestyle.
Nicht immer muss ein Raub mit dem Thriller-Genre verhaftet sein. Die Heist-Dramedy American Animals ist eher für Freunde von Charakterfilmen, Dramen und natürlich generell Zuschauer mit Vorliebe für Heist-Titel geeignet als für das große Kinopublikum, das eine Inszenierung im ganz großen Stil à la Ocean’s Eight vorzieht. Solch ein Film ist American Animals alleine schon aus Budgetgründen nicht. Hier geht es um die Nacherzählung einer reellen Geschichte, halb dokumentarisch, halb konventionell. Bart Laytons pfiffiger Stil ist Geschmackssache, doch die Souveränität lässt sich ihm nicht absprechen. Ganz ohne Moralapostel kommt der Titel jedoch nicht aus.
©Ascot Elite Entertainment