Bliss – Tripp in die Hölle
Die Wirkung von Drogen und deren Einfluss auf die Kunst – eine umstrittene Relation. In Bliss von Joe Begos (Almost Human) feiert eine Künstlerin eine äußerst exzessive Nacht und befindet sich auf einem psychedelischen Trip, bei dem es schwer fällt, eine positive Prognose auf einen guten Ausgang abzugeben. Der Regisseur peilt merklich eher an, einen Genrefilm zu schaffen, an den sich ein Nischenpublikum langfristig erinnern wird, als eine Geschichte für jedermann zu erzählen. Hierzulande erschien der Film am 15. April 2022.
Los Angeles: Die Malerin Dezzy (Dora Madison, Everybody Wants Some!!) steht vor einer Leinwand, doch es will einfach kein Pinselstrich gelingen. Die Inspiration bleibt aus und die künstlerische Blockade steht dem Druck, irgendwie noch Geld zu verdienen, im Weg. Nicht, dass sie nicht ohnehin bereits in finanziellen Sorgen steckt. Um den Kopf irgendwie freizubekommen greift sie zu der Designerdroge “Bliss”, welche sie in ganz andere Sphären befördert. Doch die Halluzinationen werden immer extremer und ehe sie sich versieht, verbucht Dezzy bereits einen Mord auf ihrem Konto.
Drogen, Sex, Realitätsverlust
Originaltitel | Bliss |
Jahr | 2019 |
Land | USA |
Genre | Horror |
Regisseur | Joe Begos |
Cast | Dezzy: Dora Madison Courtney: Tru Collins Ronny: Rhys Wakefield Clive: Jeremy Gardner |
Laufzeit | 80 Minuten |
Veröffentlichung: 15. April 2022 |
Eines muss man Bliss lassen: Der Film fällt genau so aus, wie man sich einen Drogentrip vorstellt. Bunt, wirr, chaotisch und in narrativer Form entsprechend frei von Strukturen und Klimax. Alles, was auch Hauptfigur Dezzy verkörpert. Es fällt schwer, ihr irgendeine sympathische Seite abzunehmen. Gleichzeitig ist sie auch weit davon entfernt, authentisch zu sein, weil ihr rüpelhaftes Verhalten gewollt kantig wirkt. Ohne Fluchen und Fäkalsprache geht es bei ihr nicht. Auch nicht ohne Sex und Vollgas auf allen Ebenen. Eine Einbahnstraße ist Bliss allerdings nicht. Obwohl klar ist, in welche Richtung der explosive Trip führt (Tipp: nicht nach oben), bemüht sich Begos auch darum, noch ein bisschen Story in seine künstlerische Arbeit einzubringen. Dafür sorgt das letzte Drittel, das auch die Einordnung ins Horror-Genre rechtfertigt.
Mehr Rausch als Geschichte
Anders als das inhaltlich vergleichbare The Devil’s Candy gibt sich Bliss stärker der eigenen Rauschwirkung hin als die Ambition zu besitzen, eine Geschichte zu erzählen. Der höllische Abstieg wird von einigen sehr einschlägigen Begriffen begleitet, die verdeutlichen, aus welchem Inspirationsquell die Ideen sprudeln. So ist es auch naheliegend, dass Vampirismus schließlich ein Thema wird. Vampire und Kunst, die Verschmelzung liegt auf der Hand: Kunstblut. Bliss ist ein sprudelnder Brunnen voller Kunstblut und ergießt sich in seinem Finale einer gewaltigen Splatterorgie, die zahlreiche leere Leinwände füllen könnte. Stilistisch muss man Bliss lassen, dass der Look und die körnigen auf 16mm gedrehten Bilder durchdacht ausfallen. Zu den schäbigen Locations gesellen sich immer wieder aufdringliche Neonfarben. Ob pochende Stroboskope in Clubs oder die Droge selbst, überall schimmern die leuchtenden Farben hervor. Stets eher aufdringlich als subtil ist auch die Devise des Scores. Die wütende musikalische Untermalung kommt für manches Gehör krachendem Lärm gleich und auch Kameramann Mike Testin nimmt keine Rücksicht auf etwaige Schwindelanfälle des Zuschauers. Passt ja zu der Flucherei, ohne welche sich das Drehbuch noch einmal um zwei Drittel reduzieren würde.
Fazit
Bliss mag zwar seiner Prämisse nachkommen und einen irren Drogentrip durch die Nacht wie auf Bestellung abliefern, ist qualitativ aber weit entfernt von der Konkurrenz. Als Vergleichstitel sind hier Climax und Enter the Void zu nennen, die in einer ganz anderen Liga spielen. Mit Vorliebe für radikales Chaos, entfesselten Plotverlauf und vor allem rauhen Nihilismus kann man einen Blick riskieren, alle anderen machen einen großen Bogen um diesen Film. Horror und Arthouse ist und bleibt eine gewöhnungsbedürftige Mischung, für die es immer ein Nischenpublikum gibt.
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Veröffentlichung: 20. Juli 2021: