Blumhouse’s Der Hexenclub
Die Blumhouse-Schmiede hat sich einen Ruf als verlässliche Horror-Schmiede erarbeitet. Neben eigenen Hits wie Get Out und The Purge sinnt es dem Unternehmen um Jason Blum immer wieder danach, Klassiker vergangener Tage anzurühren oder fortzuführen. So etwa Fantasy Island oder Halloween. Mit Blumhouse’s Der Hexenclub erhielt Andrew Flemings Kassenhit Der Hexenclub aus dem Jahr 1996 nun eine Fortführung. Immerhin war der Film 24 Jahre zuvor insbesondere bei Teenagern beliebt, was nicht zuletzt an den herausragenden Performances von Robin Tunney, Neve Campbell und Fairuza Balk liegt. Die 2020er-Fassung orientiert sich grob an großen Vorbild, geht aber in beinahe allen Belangen so richtig baden.
Lily (Cailee Spaeny, Bad Times at the El Royale) und ihre Mutter Helen (Michelle Monaghan, Source Code) ziehen in das Haus von Helens neuem Partner Adam (David Duchovny, Akte X). Das neue Leben in einer neuen Stadt bringt nicht nur drei Stiefbrüder mit sich, sondern auch eine neue Schule. Als Lily mitten im Unterricht plötzlich ihre Tage bekommt, wird sie zum Gespött der Klasse. Nur das Außenseiterinnen-Trio Frankie (Gideon Adlon, The Society), Tabby (Lovie Simone, Greenleaf) und Lourdes (Zoey Luna) steht zu und hinter ihr. Denn die drei spüren bereits, dass Lily eine von ihnen ist. Nicht nur freundschaftlich, sondern auch vom Schicksal bestimmt: Sie alle sind Hexen und zu viert ist ihre Macht am größten. Doch es dauert nicht lange, bis Neu-Hexe Lily an ihre Grenzen stößt und die Freundschaft der Mädchen außer Kontrolle gerät …
Kein Remake, sondern ein Sequel
Originaltitel | The Craft: Legacy |
Jahr | 2020 |
Land | USA |
Genre | Horror, Coming-of-Age |
Regie | Andrew Fleming |
Cast |
Lily: Cailee Spaeny
Lourdes: Zoey Luna Franky: Gideon Adlon Tabbie: Lovie Simone Adam: David Duchovny Helen: Michelle Monaghan Timmy: Nicholas Galitzine |
Laufzeit | 97 Minuten |
FSK | |
Veröffentlichung: 12. Februar 2021 |
Blumhouse’s Der Hexenclub sollte ursprünglich zum Halloween-Hit in Deutschland werden. Doch da die Kinos zwei Tage nach Kinostart aufgrund der Pandemie-Verordnung wieder für einen Monat schließen mussten, ist fraglich, ob dieser Film überhaupt eine breite Masse erreichen wird. In den USA erschien der Film etwa nur per VOD. Und nach einer Kino-Wiedereröffnung im Dezember ist unklar, wie lange der Titel überhaupt laufen wird. Vielleicht ist das aber auch besser so. Wann immer die Gefahr besteht, es sich mit den Fans eines Klassikers zu verscherzen, ist guter Rat teuer. Und da empfiehlt es sich manchmal auch eher, auf ein Remake zu verzichten und lieber ein Reboot (wie etwa bei Charmed) oder eine lose Fortsetzung zu produzieren. Das nimmt den Druck und erhöht die Erwartungen. Denn das bedeutet auch, dass etwas Neues stattfindet. Die gute Nachricht ist: Blumhouse’s Der Hexenclub gibt sich sich vollkommen eigenständig und offenbart erst zum Ende hin, was den Titel jetzt zu einer Fortsetzung macht. Die schlechte ist: Es hätte diesen Film einfach nicht gebraucht, da er wenig Eigenes bietet und über weite Strecken allenfalls den Eindruck erweckt, ein weiterer Kommentar zum Thema Diversität sein zu wollen.
Gute Botschaften in allen Ehren …
Zunächst einmal ist die Blumhouse-Version ein Zeitzeugnis, wie es treffender nicht sein könnte. Thematisiert werden Bodyshaming und in dem Zuge auch Body Positivity, LGBTQ, Rassismus und Feminismus. Alles wichtige Themen, die an sich gar nicht oft genug platziert werden können und den Nerv von mehr als nur einer Generation treffen. Auf die Dosierung kommt es immer an. Speziell dann, wenn der Themen-Cocktail ein derart explosiver ist. Für Regisseurin Zoe Lister-Jones gilt: Mehr ist auch mehr. Daher gibt es das volle Übermaß davon. Damit rückt bisweilen auch die eigentliche Geschichte in den Hintergrund, wenn die Sexualität einer Nebenfigur bis ins Detail erklärt werden muss, nur um mit Vorurteilen aufzuräumen. Überhaupt nimmt die Handlung einen geradezu zahmen Verlauf, weil es im Grunde auch gar nicht viel zu erzählen gibt. Ähnlich wie in Black Christmas erscheint der Plot als Vorwand, um moralische Botschaften zu platzieren.
Inhaltliche Schwächen werden glattgebügelt
Woran es der Fortsetzung am meisten fehlt, ist Glaubwürdigkeit. Vor allem die Entwicklung, die Bully Timmy durchmacht, ist auch unter der Berücksichtigung aller Umstände, die zu seiner Wandlung beitragen, einfach nicht mehr glaubhaft. Das Drehbuch dreht und wendet alles solange, bis es dann irgendwie ins Konzept passt. Nicht nur mit allen Figuren, sondern vor allem der Logik, die schmerzhaft vernachlässigt wird. Da möchte man meinen, dass Dinge, die im Off stattfinden, eine Auswirkung auf die betroffene Person haben. Aber was nur der Zuschauer mitbekommt und die Figur nicht, muss auch nicht weiter ausgeführt werden. Diese Devise lebt Blumhouse’s Der Hexenclub auf schmerzhafte Weise. Es ist unmöglich, aus dem zweiten Stock zu springen, ohne sich etwas brechen? Gut, dass wir darüber gesprochen haben. Springen dann aber doch und natürlich ganz ohne Verletzungen. Denn: Die Kamera ist nicht dabei. Zwischen solche Ärgernisse und Ungereimtheiten reiht sich auch der Bösewicht ein. Einer der Gattung “Antagonist leicht gefunden”. Durchschaut man, wie einfach es sich dieser Film in vielen Dingen macht, lassen sich auch die Entwicklungen an drei Fingern abzählen.
Vergleiche zum Vorgänger zieht man besser nicht
Blumhouse’s Der Hexenclub lässt sich nur bedingt mit Der Hexenclub vergleichen. Lister-Jones setzt auf ein gemächlicheres Erzähltempo, hier und da mal ein Augenzwinkern und eben ihren Strauß an Botschaften. Andrew Fleming dagegen sorgte dafür, dass sein Hexenclub progressiv auf das Finale zuschreitet. Mitsamt sich zuspitzender Dynamik und Charakterentwicklung. Beide Filme nebeneinander gelegt haben dann nur noch den Namen und die Konstellation der vier Hexen gemeinsam. Sonst unterscheiden sich die beiden Filme so stark, dass offensichtlich wird, dass dieser Hexenclub für eine neue Generation gedreht wurde, die in den 90ern noch gar nicht auf der Welt war. Die Chemie der vier Darstellerinnen reicht zumindest aus, um den Mädchen die Dynamik der einzelnen Beziehungen abzunehmen und auch Konflikte untereinander authentisch zu machen. Ob das aber ausreicht, dass die vier Mädchen vorwiegend auf ihre Hexenkräfte reduziert werden (jeder von ihnen wird ein Element sowie eine Himmelsrichtung zugeordnet), ist am Ende wohl eine Altersfrage.
Fazit
Blumhouse’s Der Hexenclub ist eine weichgespülte Version des Originals, die ganz im heutigen Zeitgeist aufgeht. Vieles ist gut gemeint, oftmals aber einfach nicht gut vorbereitet. Die Handlung trödelt künstlich herum, um alle Themen unterzubringen, die auf der Agenda stehen sollen. Wenn dann das (katastrophale) Finale eintritt und abrupt endet, bleibt nicht einmal die Zeit für anschließende Erklärungen. Als eigenständiger Film wäre die 2020er Produktion sogar ohne Hexerei noch über die Runden gekommen, doch das Pressen ins filmische Sequel-Korsett zwickt und zwackt an allen Stellen. Als Hexen-Horrorfilm kann man ruhigen Gewissens einen großen Bogen um diesen Titel zu machen, als Coming-of-Age funktioniert die Produktion auch nur mäßig gut.
© Sony Pictures Home Entertainment
Veröffentlichung: 12. Februar 2021