Brick
Welche Gemeinsamkeiten bestehen zwischen einem Teeniefilm und dem Film Noir? Richtig, keine. So dachte das vermutlich auch Regisseur Rian Johnson (Star Wars: Die letzten Jedi ), dessen Regie-Debüt Brick beide Genres vereint. Ob Drogenbaron oder Schnüffler, alle sind unter 21 und müssen sich mit einem Leben bei den Eltern, Geldproblemen oder auch der Schule herumschlagen. So haben wir es mit Gangmitgliedern zu tun, die noch bei Mama wohnen, bewegen uns jedoch nicht so weit im Teeniefilm, dass die Cheerleader-Klischees herausgeholt werden müssen. Im Gegenteil: Brick mag an einer Highschool spielen, ist aber ein astreiner Detektiv-Film in bester Film Noir-Atmosphäre und das bei völliger Ernsthaftigkeit.
Brendan (Joseph Gordon-Levitt, Mysterious Skin – Unter die Haut) ist ein Einzelgänger an seiner Highschool. Eines Tages erhält er einen seltsamen Anruf seiner Ex-Freundin Emily (Emilie de Ravin, Lost), woraufhin kurz danach deren Leiche gefunden wird. Brendan macht sich auf eigene Faust auf, den Täter aufzuspüren. Dafür entsorgt er zunächst Emilys Leiche und begibt sich anschließend in die Untiefen der Drogenszene, in welcher er erste Hinweise auf den Verbleib des Mörders zu finden erhofft. Die Schuld wittert er bei “The Pin” (Lukas Haas, Mars Attacks), dem Drogenboss, der seinen Handlanger Tubber (Noah Fleiss, Law & Order) mehrfach auf Brendan hetzt. Doch die Dinge sind komplexer als angenommen…
Film Noir und Teeniefilm, Hoffnungen und Ängste
Originaltitel | Brick |
Jahr | 2005 |
Land | USA |
Genre | Krimi, Film Noir |
Regisseur | Rian Johnson |
Cast | Brendan: Joseph Gordon-Levitt Laura: Nora Zehetner The Pin: Lukas Haas Tugger: Noah Fleiss The Brain: Matt O’Leary Emily: Emilie de Ravin |
Laufzeit | 110 Minuten |
FSK |
Film Noir – das weckt sofort Erwartungen. Ein zynischer Privatdetektiv. Ruchlose Femme Fatales. Dramatische Kamerafahrten. Bedrohlicher Score. All diese 40er Jahre Hommages bietet Brick. Nur das Auge, das muss sich umgewöhnen. Die Transferleistung ist nicht ganz ohne, denn so mancher Zuschauer würde bei Brick sofort weiterzappen, nur allzu bemüht mag das Konzept klingen. Doch das Wagnis funktioniert sogar ganz fantastisch und fühlt sich völlig unverbraucht an. Wo steht schließlich geschrieben, dass es immer mit waschechten Gangstern in Verbindung stehen muss?
Teeniefilm – das ruft bei vielen eher Befürchtungen als Erwartungen auf den Plan. Klischees, die man schon zu häufig gesehen hat. Dabei setzt Brick aber auf völlige Ernsthaftigkeit. Ein Aspekt, der gleich dreifach unterstrichen werden muss. Denn jeder Figur nimmt man trotz des jugendlichen Körpers ab, dass im Inneren ein Erwachsener steckt. Vielmehr ist die Highschool ein Umschlagplatz für Drogen, ein Treffpunkt für Schläger, an dem sich neben Footballspielern auch Freaks tummeln. Selten treffen wir dabei auf Menschenmengen, aber häufig auf leere Flure. Dabei begleiten wir mit Brendan einen Antihelden auf fremdem Terrain bei seiner Suche nach Wahrheit.
Ein Film ohne Vorbilder
Dass der handlungsauslösende Anruf wie fast alle folgenden in einer Telefonzelle stattfindet und nicht auf einem Handy, ist eine weitere der stilistischen Eigenheiten, mit welcher der Regisseur die Atmosphäre alter Detektivfilme heraufbeschwört. Die Film Noir-Gestaltung zeigt sich eher in den Dialogen als in der Bildgestaltung. Schließt man einmal die Augen und lauscht nur den Dialogzeilen, hat man sofort Genre-Ikonen wie Humphrey Bogart vor Augen. Doch bei aller Ausreizung des Genres sucht man einen ähnlichen Film vergeblich. Bugsy Malone (1976) mag ein solcher Titel sein, aber die Kinder darin wirken vergleichsweise allenfalls verkleidet. Spätestens mit seiner Kaltschnäuzigkeit macht Brick allerdings bewusst, dass der Film gar nicht mit anderen Filmen verglichen werden kann. Die Erzählung entfaltet sich auf ungemein fesselnde Weise, dem Zuschauer wird niemals auch nur ein Funken Information einen Augenblick zu früh offenbart. Joseph Gordon-Levitt bewies bereits ein Jahr zuvor in Mysterious Skin – Unter die Haut sein Talent als Jungschauspieler. Sein Brendan ist ein harter Hund, der keine Konfrontation meidet. Neben ihm überzeugt vor allem Nora Zehetner (Heroes) in der Rolle der Femme Fatale Laura. Angesichts der geringen Produktionskosten von 450.000 US-Dollar, die Rian Johnson ausschließlich von Verwandten organisierte, ist die hohe Qualität des Ergebnisses umso überraschender. Dahinter steckt eine Menge Arbeit: Sechs Jahre dauerte es, den Film fertigzustellen, dessen Schnitt überwiegend am heimischen PC erarbeitet wurde.
Fazit
Brick ist ein mutiger Film, der Spaß macht. Er setzt eine entscheidende Sache allerdings voraus: Man muss sich vollkommen auf ihn einlassen und darf sich nicht vom ersten Eindruck abschrecken lassen. Es ist nicht immer ganz leicht, der verworrenen Geschichte zu folgen doch es lohnt sich, da der Film neben seiner Ernsthaftigkeit auch mit einer gehörigen Portion Humor aufwartet. Fernab von Hollywood-Konventionen besticht das Werk durch originelle Einfälle und viele Anspielungen auf den dunklen Film der 30er und 40er. Sehenswert ist der Film allemal, wenngleich er kein neues Leben in das betagte Genre haucht. Ein Liebhaberprojekt, das einer spitzen Zielgruppe zusagen wird und zumindest für Fans gut erzählter Detektiv-Geschichten ein Must see ist.