Codename U.N.C.L.E.

Hollywood hat schon immer gern Stoffe recycelt, was mittlerweile dazu geführt hat, dass der Traumfabrik oft Ideenlosigkeit vorgeworfen wird. Aber warum gute Ideen in Vergessenheit geraten lassen? Während James Bond damit beschäftigt ist, sich als knallharter Agent der Neuzeit zu präsentieren, entführt Codename U.N.C.L.E. den Zuschauer in eine poppige Spionagewelt der nostalgisch betrachteten 60er Jahre. Ein US-Amerikaner und ein Sowjet müssen sich inmitten des Kalten Krieges zusammenraufen, um Atomwaffen sicher zu stellen. Und das mit Witz und einer Charmeoffensive. 

    

Ost-Berlin in den 1960er Jahren. Mitten im Kalten Krieg kreuzen sich die Wege von Napoleon Solo (Henry Cavill, Justice League) und Ilya Kuryakin (Armie Hammer, Call Me By Your Name). Solo, ein Meisterdieb, arbeitet widerwillig für die CIA. Die Alternative wäre Gefängnis. Kuryakin ist einer der besten Agenten des KGB. Beide sind hinter der Mechanikerin Gaby Teller (Alicia Vikander, Tomb Raider) her, um ihren Vater aufzuspüren. Udo Teller (Christian Berkel, Der Untergang) ist Wissenschaftler, der derzeit Waffen für international agierende Verbrecher herstellt. Genauer gesagt ist es ihm möglich nukleare Sprengköpfe zu bauen. Die USA und die Sowjetunion wollen einen möglichen Anschlag abwenden, aber auch die Arbeit Tellers für sich beanspruchen. Und nach einer ersten unliebsamen Begegnung, werden Solo und Kuryakin gezwungen zusammen zu arbeiten. Oder zumindest den anderen auszunutzen, um dem eigenen Land einen Vorteil zu verschaffen.

Der Guy Ritchie-Look

Originaltitel The Man from U.N.C.L.E.
Jahr 2015
Land USA
Genre Action, Thriller
Regisseur Guy Ritchie
Cast Napoleon Solo: Henry Cavill
Illya Kuryakin: Armie Hammer
Gaby Teller: Alicia Vikander
Victoria Vinciguerra: Elizabeth Debicki
Alexander Vinciguerra: Luca Calvani
Laufzeit 116 Minuten
FSK

Regisseur Guy Ritchie ist für gewaltige Action, ein hohes Tempo und bissige Kommentare bekannt, die er eindrucksvoll inszeniert. Von seinem Erstling Bube, Dame, König, grAS arbeitete er sich hoch zu einer eigenwilligen Neuinterpretation von Sherlock Holmes. Nie verlegen seinen britischen Humor einfließen zu lassen. In Codename U.N.C.L.E. bringt er alle seine Markenzeichen unter, und lässt darüber hinaus mal so richtig Farbe einfließen. Der Reiz der Handlung liegt im Gegensatz der Hauptfiguren und der besonderen Zeit, in der sie spielt. Statt dem Kalten Krieg seine düsteren Seiten abzuringen und Argwohn sowie Misstrauen in den Vordergrund zu stellen, werden die Swinging ‘60s zum Leben erweckt. Frisuren, Kleidung, Sets, Autos – es geht nicht um ein Abbild der Wirklichkeit, sondern um einen Sprung in das Herz der Fantasiewelt der Spionage. Smarte Typen, die sich ständig gegenseitig ausbooten wollen und sei es bei der Ein(!)kleidung einer jungen Frau.

Ein Serien-Klassiker im Abseits

Während der 60er-Jahre gab es im englischsprachigen Fernsehen einen regelrechten Agentenboom. Die US-Serie The Man from U.N.C.L.E. war einer der größten Hits der Ära. In Deutschland liefen damals nur eine Handvoll Episoden und im Kino gab es zu Filmen zusammen geschnittene Folgen. Selbst als RTL die Serie als Solo für U.N.C.L.E. in den 90ern ausstrahlte, blieb sie unvollständig. Die Gruppe der Nostalgiker, die diese besondere Geschichte über ein ungewöhnliches Duo in Erinnerung haben, ist vergleichsweise überschaubar. Das Gute daran ist, dass der Titel nicht so schnell Erwartungen bei der breiten Masse weckt und ständig Vergleiche zum Ausgangsmaterial folgen müssen.

Simple Story mit riesigem Unterhaltungsfaktor

Ritchie und Co-Drehbuchschreiber Lionel Wigram machen eine Not zur Tugend. Wenn die Story um die Geheimorganisation U.N.C.L.E. nicht mehr weitläufig verbreitet ist, kann man am besten die Anfänge erzählen. Tatsächlich hat es in der Serie keine lang ausgebreitete Originstory gegeben und Codename U.N.C.L.E. kann sich ungehemmt darauf konzentrieren, wie Napoleon Solo und Ilya Kuryakin lernen müssen, miteinander klar zu kommen. Diese Beziehung hat thematisch Vorrang vor der Suche nach Atomwaffen und das wird schnell deutlich. Man kann die eigentliche Handlung manchmal fast ein bisschen vergessen, wenn die zwei sich gegenseitig bespitzeln und ein wenig miteinander frotzeln. Cavill und Hammer bringen die Pointen gekonnt rüber. Und Alicia Vikander reiht sich als Gaby Teller bestens ein und obwohl sie viele Actionszenen aussitzt, kann sie die Show in ruhigen Momenten an sich reißen. Die Chemie der Darsteller trägt maßgeblich zur Unterhaltung bei. Nebenbei wird halt noch die Welt gerettet. Und wenn man fast nicht mehr dran denkt, haut Ritchie mit einer bitterbösen Folterszene drauf, die die Altersfreigabe nach oben treibt.

Ein gutes Produkt zur falschen Zeit

An den Kinokassen floppte Codename U.N.C.L.E. gewaltig und konnte weltweit nur etwas über 100 Millionen Dollar einspielen. 2015 schien ein kleines Revival des Agenten-Filmes über die Bühne zu gehen und das war wohl Fluch und Segen zugleich. Genrefans mag die Auswahl freuen, der durchschnittliche Kinogänger, der sich genau überlegt, was er sehen möchte, zögert bei einem plötzlichen Überangebot eines eingestaubten Stoffes. Besonders für Humor war mit Spy – Susan Cooper Undercover und Kingsman gesorgt. Selbst Fast & Furious 7 brachte noch mehr Spionage ins Spiel, was Actionhungrige befriedigt. Da hat Codename U.N.C.L.E. es schwer, sich in den Konkurrenzkampf zu begeben. Und schlimmer noch war der gewählte Starttermin eine Woche nach Mission: Impossible – Rogue Nation. Das von Tom Cruise getragene Franchise basiert ebenfalls auf einer Serie aus den 60er Jahren, ist aber im kollektiven Gedächtnis besser verankert. Und als Filmfranchise hat es sich stetig seit 1996 einen eigenen Namen gemacht. Da hilft eine kleine Garde Eingeweihter und Hardcore-Guy Ritchie-Fans nicht weiter. Codename U.N.C.L.E. ist leider ein gutes Beispiel, wie wichtig der richtige Zeitpunkt für einen Film sein kann. Konkurrenz belebt das Geschäft, aber bei dieser direkten Konfrontation stand der Sieger vorher fest. Und bevor jemand dieses wunderbare Abenteuer nachholen konnte, wartete schon der neue Bond Spectre aufs Publikum. Wenn man fast nicht mehr dran denkt, haut Ritchie mit einer bitterbösen Folterszene drauf, die die Altersfreigabe nach oben treibt. Es bleibt im Gedächtnis wie ein (ehemaliger) Nazi auf seinem eigenen elektrischen Stuhl verstirbt, während Solo und Kuryakin noch über Details streiten. Böse, brutal und eine befriedigende Bestrafung. Brüller.

Fazit

Wer eine Actionkomödie sucht, die mit einer klar strukturierten Handlung aufwarten kann, aber viel mehr Wert auf überzeichnete Charaktermomente legt, darf sich Codename U.N.C.L.E. nicht entgehen lassen. Wer die Serie nie gesehen hat, kann sich dennoch sofort vorstellen, wie Solo und Kuryakin wöchentlich auf Verbrecherjagd gehen. Die Hoffnung auf eine Fortsetzung ist trotz des katastrophalen Box Offices noch immer am leben. Auch bei mir. Es ist vor allem schön zu sehen, dass Henry Cavill öfters lächeln darf, was ihm sowohl als Superman als auch in Mission: Impossible – Fallout verwehrt wird. Hier beweist er wunderbares Gespür für komödiantisches Timing. Nicht zuletzt weil er mit Armie Hammer und Alicia Vikander die richtigen Kollegen an seiner Seite hat. Zum Ende hin lässt Ritchie sich ein wenig hinreißen die Action in die Länge zu ziehen, findet durchgehend aber die richtige Balance, um nicht in einen Trott zu verfallen. Da macht der Film in Gänze auch mehrmals Spaß.

Misato

Misato hortet in ihrer Behausung fiktive Welten wie ein Drache seinen Goldschatz. Bücher, Filme, Serien, Videospiele, Comics - die Statik des Hauses erlaubt noch ein bisschen, der Platz in den Regalen weniger. Am liebsten taucht sie in bunte Superheldenwelten ein, in denen der Tod nicht immer endgültig ist und es noch gute Menschen gibt. Íhr eigenes Helfersyndrom lebt sie als Overwatch Support Main aus und adoptiert fleißig Funko Pops.

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