Cool World
Es ist beinahe unglaublich, wie fortgeschritten die heutige Filmtechnik ist und wie wenige Jahre lediglich zwischen den einzelnen Entwicklungsstufen liegen. Anders ist kaum zu erklären, dass Cool World seinerzeit im Jahre 1992 mit einem fliegenden Wechsel aus Cartoon und Realfilm beinahe bahnbrechend ausfiel. Regisseur Ralph Bakshi zählte schließlich zu den Meistern seines Faches und sammelte bereits 20 Jahre zuvor mit Heavy Traffic erste Erfahrung mit dem Verschmelzen zweier Welten. 1977 drehte er die erste Kinofassung von J. R. R. Tolkiens Herr der Ringe als Zeichentrickfilm, doch nach Cool World zog er sich dann aus dem Kinogeschäft zurück. Trotz dieser ungewöhnlichen Cartoon-Real-Symbiose und der dahinterstehenden Expertise fällt der ach so bahnbrechende Film heute allenfalls als Eintrag in Brad Pitts Filmografie auf.
Was passiert, wenn man einen Comic-Zeichner ins Gefängnis steckt, ihm aber nicht Stift und Papier nimmt? Klare Sache: Er flüchtet sich in seine Comic-Traumwelt. Buchstäblich. Denn Jack Deebs (Gabriel Byrne, In Treatment – Der Therapeut) findet in seiner erdachten “Cool World” Unterschlupf. Diese wird von der Sexbombe Holli Would regiert. Trotz Warnungen des Detektivs Frank (Brad Pitt, Sieben) hat Jack schließlich Sex mit der Comicfigur. Mit fatalen Folgen: Holli wird zum Menschen (Kim Basinger, L.A. Confidential) und bricht nach Las Vegas auf. Jack dagegen verwandelt sich nach und nach in eine Comicfigur. Es beginnt eine wilde Jagd durch beide Welten …
Inkonsistentes Chaos
Originaltitel | Cool World |
Jahr | 1992 |
Land | USA |
Genre | Comedy, Fantasy |
Regisseur | Ralph Bakshi |
Cast | Detective Frank Harris: Brad Pitt Jack Deebs: Gabriel Byrne Holli Would: Kim Basinger Jennifer Malley: Michele Abrams Isabelle Malley: Deirdre O’Connell |
Laufzeit | 102 Minuten |
FSK |
Seit jeher steht Ralph Bakshi (Fritz the Cat) für erwachsene Cartoons. Keinerlei Überraschung also, dass in Cool World Tabak und Sex keine Tabuthemen sind. Das mag in Ordnung gehen, fühlt sich jedoch schon bald seltsam an. Denn die Comicwelt gestaltet sich derart überdreht, dass nie ganz klar ist, ob das nun Cartoon für Erwachsene oder eine überdrehte Slapstick-Komödie für Teens sein soll. Wann immer es ernst wird, stören typische Cartooneinlagen der 90er das Geschehen: Kühe fliegen durch die Gegend, Tiere prügeln sich mit Hämmern, Schwerkraft ist ohnehin kein Thema und eine willkürliche Anordnung von Elementen bremst jegliches Aufkommen von seriösen Momenten aus. Was schade ist, denn die existenzielle Kernfrage ist durchaus gegeben, wird jedoch nie tiefschürfend verfolgt. Eine verpasste Chance. Eine von vielen, denn das Drehbuch versucht auf Biegen und Brechen witzig zu sein. Denn Cartoons müssen ja unterhalten, diese Regel soll auf keinen Fall gebrochen werden.
Ebenso sexy wie langweilig
Lange bleibt es nicht zweidimensional. Es liegt auf der Hand, dass es einfacher ist, eine reale Kulisse abzufilmen als die gesamte Handlung eines Films zu zeichnen. Zum Glück, denn die Möglichkeiten des Zweidimensionalen gestalten sich äußerst eingeschränkt. Das wird auch allen Beteiligten bewusst gewesen sein, weshalb der Schwerpunkt in der realen Welt liegt. Dort wechselt Kim Basinger (mit ikonischem Outfit in weiß inklusive sexy Hochsteckfrisur) immer wieder in ihr Cartoon-Alter Ego. So richtig fliegend sind die Wechsel nicht und fühlen sich daher kaum organisch an. Wesentlich gravierender ist allerdings, dass dem Drehbuch nichts Besseres einfällt, als eine Verfolgungsjagd zwischen Brad Pitt und Kim Basinger anzuzetteln, in der sie zu den Waffen einer Trickfilmfigur greifen darf. So trashig wie sich das liest, gestaltet sich die Nummer schließlich auch, denn es bleibt keine Gelegenheit aus, um Holli nicht sexy in Szene zu setzen. Hier geht es um die Zerstörung unserer Welt? Notiert. Aber davon kommt nichts beim Zuschauer an.
Fazit
In einer Cartoonwelt zu erwachen ist nicht unbedingt die schlimmste Vorstellung. Es sei denn, man erwacht in Cool World. Dort nervt so ziemlich alles und jeder, von den Regeln bis hin zu den Bewohnern der Welt, den Doodles. Hierin steckt auch viel Zeitgeist: In den 90ern waren Cartoons eben nicht tiefschürfend, nachdenklich stimmend oder gar ernst. Sondern immer auf Lacher aus, egal ob kindliche oder erwachsene Zielgruppe. Dementsprechend infantil gestaltet sich hier das World Building. Kim Basinger hinterlässt immerhin einen Eindruck als zum Leben erweckte Sexbombe, während der Rest der Besetzung und damit auch Brad Pitt wenig zu vermelden hat. Alles in allem gestaltet sich Cool World als ermüdende Hetzjagd mit Effekten, die heute niemanden mehr beeindrucken.