Crimson Peak
Geister gibt es wirklich. Mit dieser nüchternen Beobachtung beginnt der Film Crimson Peak von Guillermo del Toro (Hellboy). Eine wichtige Grundvoraussetzung ist damit direkt geklärt. Und doch sind Geister nur ein kleiner Teil dieser Geschichte, die sich perfekt ans Genre des Schauerromans anlehnt. Eine unheilvolle Romanze, verderbte Familiengeheimnisse und eine prachtvoll düstere Kulisse in Form eines alten Gemäuers – alle Zutaten sind meisterlich zu einem audiovisuellen Schmaus bereitet worden.
Edith Cushing (Mia Wasikowska, Alice im Wunderland) hat als Kind ihre Mutter an die Cholera verloren. In der Nacht der Beerdigung erschien sie ihr aber nochmals als Geist mit der seltsamen Warnung sich vor Crimson Peak in Acht zu nehmen, wenn die Zeit käme. 1901 stehen Edith als junger Frau alle Türen der High Society von Buffalo offen, da ihr Vater Carter (Jim Beaver, Supernatural) ein gut betuchter Geschäftsmann ist. Davon will sie aber gar nichts wissen und ist bemüht sich als Schriftstellerin zu betätigen, was ihr meist verächtliche Blicke einbringt. Als der Adlige Thomas Sharpe (Tom Hiddleston, Thor: Tag der Entscheidung) mit seiner Schwester Lucille (Jessica Chastain, Der Marsianer) in der Stadt erscheint, ist ihr das zunächst egal. Sollen sich andere Damen um ihn reißen. Doch Thomas interessiert sich für Ediths Roman und macht lieber ihr den Hof als anderen interessierten Partien. Eigentlich führt ihn die Suche nach Finanzgebern in die Stadt, denn sein Grund und Boden in England ist reich an hochwertigem rotem Lehm, der nur entsprechend abgebaut werden muss. Das Familienvermögen ist erschöpft und eine moderne Erfindung soll Abhilfe schaffen. Carter Cushing traut den Sharpes aber ganz und gar nicht.
Eine Romanze mit Geistern
Crimson Peak ist ein wunderbares Beispiel für schlechte Werbung. Die unheimlichen Trailer lassen eine angespannte Stimmung und geisterhafte Erscheinungen für sich sprechen, schießen so aber am Ziel vorbei. Dabei gibt Edith selbst im Film die beste Beschreibung, wenn sie über ihren eigenen Roman spricht – es ist keine Geistergeschichte, sondern eine Geschichte mit Geistern, die als Metaphern dienen. Tatsächlich ist Crimson Peak die perfekte Umsetzung eines Schauerromans, nur ohne Buchvorlage. Del Toro wies dabei gerne darauf hin, eine Gothic Romance und keinen Gothic Horror zu erschaffen. Es ist ein Balanceakt wie schwer übernatürliche Vorkommnisse in die Geschichte hineinspielen und welches Gewicht der Liebe zukommt (die meist viel Tragik mit sich bringt). Und tatsächlich sind die Geister in Crimson Peak ein zusätzliches Element, während die Anziehung zwischen Edith und Thomas mehr Platz einnimmt und sie sehr spezielle Charakterentwicklungen durchmachen. Es ist ein ruhiger Film, der von seinen Sets, Farben, Kameraeinstellungen, Kostümen und der schaurigen Grundstimmung lebt. Ein paar Jump Scares und Begegnungen mit garstigen Geisterwesen runden die Sache nur ab.
Rote Signalfarbe
Originaltitel | Crimson Peak |
Jahr | 2015 |
Land | USA |
Genre | Romanze, Drama |
Regisseur | Guillermo del Toro |
Cast | Edith Cushing: Mia Wasikowska Lucille Sharpe: Jessica Chastain Thomas Sharpe: Tom Hiddleston Carter Cushing: Jim Beaver Alan McMichael:Charlie Hunnam Holly: Burn Gorman |
Laufzeit | 119 Minuten |
FSK |
Guillermo del Toro ist für seine Leidenschaft für Märchen und Monster bekannt. Bereits in seinem Film The Devil’s Backbone hat er dabei Geister herangezogen. Hier lässt er sich aber vor allem auf eine wundervolle Bildsprache ein und erschafft eine Welt, die Klassikern wie Jane Eyre oder Wuthering Heights der Brontë-Schwestern gerecht wird. Wenn es nach etwa 40 Minuten von Buffalo nach Cumberland in England geht, kommt der (un)heimliche Star des Films ins Spiel. Allerdale Hall heißt der Wohnsitz der Sharpes. Ein riesiges altes Haus, das an allen Ecken und Enden knarrt, Löcher im Dach hat und durch den Abbau des Lehms langsam im Boden versinkt. Dieses Set wurde für den Film komplett gebaut und sollte Genrefreunden das Herz aufgehen lassen. Es ist nicht so eigensinnig wie Shirley Jacksons House on Haunted Hill, bietet aber eine Menge Charakter und ist perfekt für tragische Familiengeschichten. Hier kommt dann auch die titelgebende rote Farbe zum Tragen. Besonders zum Finale hin geht es blutig zu, aber der rote Lehm, ob fest oder in seiner flüssigen Form, ist ein Hingucker für sich. Dass Allerdale Hall dadurch den Spitznamen Crimson Peak trägt, wird Heldin Edith leider zu spät bewusst und so landet sie am Ort des Grauens, den sie meiden sollte und muss über sich selbst hinauswachsen.
Keine Überraschungen
Es gibt Klischees, die man bei einem Genrefilm erwarten darf und Crimson Peak erfüllt so einige davon gern. Tatsächlich geht das Drehbuch sogar einen Schritt weiter und telegrafiert alles, was passieren wird, geschickt im Voraus. Spätestens beim zweiten Ansehen fällt auf, wie kleine Dinge zu Beginn die Saat fürs Ende legen. Seien es Schmetterlinge und Motten oder ein paar gut gesetzte Dialogzeilen.
Ich kann leider verstehen, warum viel zu viele Leute vollkommen falsche Erwartungen in den Film gesteckt haben, die einfach nicht erfüllt werden. Es geht nicht um tatsächlich grusligen Horror durch übernatürliche Vorkommnisse, sondern um eine menschliche Tragödie, die in ihrer Bildsprache ein Fest fürs Auge sein soll. Del Toro trifft meinen Nerv einfach immer wieder und ich kann mich hier entspannt zurücklehnen und den angenehmen Schauer genießen. Allerdale Hall ist ein umwerfendes Set und mir fällt es leicht, den Charakteren für ihre Aktionen Sympathien entgegenzubringen. Ich bin froh, dass Jessica Chastain darauf bestand, die Rolle der Lucille zu übernehmen, denn besonders ihre Szenen ziehen mich in den Bann.
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