Deadpool 2
Die Superheldenwelle beschert uns viele farbenfrohe Alleskönner, die die Welt gern vor Alien Invasoren mit ihren kosmischen Strahlen retten und das Beste aus der Menschheit holen. Und es gibt Deadpool. Der sprücheklopfende Mr. Unkaputtbar, der seine Gegner schlotzig abserviert und keine Zeit für Respekt hat. Nach dem Debüt von 2016 legt Deadpool 2 nun von allem eine Schippe mehr drauf. Mehr Figuren, mehr Action, mehr Popkulturreferenzen, sogar mehr Handlung ist drin! Ist das Publikum wirklich bereit für diesen Angriff auf die niederen Unterhaltungsinstinkte?
Wade Wilson (Ryan Reynolds, Vielleicht, vielleicht auch nicht) verdient sich seine Pop-Tarts wieder damit, für Geld Leute zu beseitigen. Natürlich bringt er nur diejenigen um, die schlimmer fürs menschliche Miteinander sind als er selbst. Sein Job macht Spaß und zu Hause wartet Freundin Vanessa (Morena Baccarin, Gotham), das Leben könnte so schön sein. Also wird es Zeit, dass das Schicksal Wade wieder ordentlich zwischen die Beine tritt und bald darauf ist er offizieller X-Men-Azubi. Der junge Mutant Russell (Julian Dennison, Wo die wilden Menschen jagen) hat einen schlechten Tag und wirft mit Feuerbällen um sich. Wade würde ihn gern beruhigen und natürlich eskaliert die Situation. Das lässt sich so weit steigern, dass der Zeitreisende Cable (Josh Brolin, Avengers: Infinity War) auftaucht und dem Jungen das Licht auspusten will.
Gekonnte Balance für Comic-Leser und Kinozuschauer
Originaltitel | Deadpool 2 |
Jahr | 2018 |
Land | USA |
Genre | Action, Comedy |
Regisseur | David Leitch |
Cast | Wade Wilson/Deadpool: Ryan Reynolds Cable: Josh Brolin Domino: Zazie Beetz Russell: Julian Dennison Negasonic Teenage Warhead: Brianna Hildebrand Vanessa: Morena Baccarin |
Laufzeit | 100 Minuten |
FSK |
Wo der erste Teil eine einfache Origin-Story der Titelfigur ist, die dann ihr Mädchen rettet, haben die Autoren Rhett Reese und Paul Wernick (Zombieland, Life) sich gedacht, könnten sie dieses Mal ein bisschen forscher sein. Deadpool stolpert in die Welt der Mutanten und wird plötzlich zum moralischen Beschützer. Und nicht nur kehren sämtliche Nebenfiguren aus Teil 1 zurück, es gibt einen großen Haufen neuer Figuren. Wer wirklich für die Handlung wichtig ist, wird ausreichend vorgestellt und der Rest ist schmuckes Beiwerk. Für gierige Comicfans ein Genuss, da sie ihr Hintergrundwissen abspulen können, für den unbedarften Zuschauer aber keine Hürde, der Handlung nicht folgen zu können. Wer die überzeichnete Gewalt im ersten Film schon nicht mochte, wird hier auch wenig Spaß haben, obwohl die Story mehr bietet. In der Theorie hätte aus dem Stoff ein ernster X-Men Film werden können, was hier in Popcorn-Kino-Deluxe-Manier untergeht. Der Fokus liegt weiterhin auf purer Unterhaltung mit Witzen, die gern unter die Gürtellinie zielen und einem nicht endenden Strom aus Sprüchen über andere Comicverfilmungen oder sonstigen Celebrities. DC, Marvel und Fox‘ X-Men kriegen ihr Fett weg, und für Josh Brolin ist sogar eine Goonies Referenz mit drin. Celine Dion singt den Titelsong „Ashes“ für ein Opening im James Bond Stil und das Ende von Logan wird sofort verraten. Deadpool 2 ist Pop-Art und Liebe zum cartoonhaften Comicspektakel.
Grandioses Marketing
Die Vorzeichen für den Film schienen eher schlecht zu stehen. Stuntfrau Joi Harris verstarb bei einem tragischen Unfall am Set, was der Produktion eines so derb-humorigen Films einen Dämpfer versetzte. Außerdem war Regisseur Tim Miller von Teil 1 nicht mehr dabei, was Fans zunächst zweifeln ließ, ob die Atmosphäre sich nicht zu sehr ändern würde. Nachfolger David Leitch – der aus dem Stuntbereich kommt – hat mit John Wick und Atomic Blonde aber bereits bewiesen, dass er Action inszenieren kann und fügt sich bestens in die Crew ein. Dass es ein paar Nachdrehs gab, wollten einige als böse Unkenrufe darstellen, doch diese Sorge verpufft bei Sichtung des Films. Es sind keine extremen Änderungen vorgenommen worden, die direkt raus stechen. Doch mehr noch als mögliche Schwierigkeiten beim Dreh, konnte Deadpool 2 im Vorfeld durchs Marketing auf sich aufmerksam machen. Zuerst ein Kurzfilm mit Deadpool beim Umziehen in einer Telefonzelle. Ein Trailer mit Anspielung auf den Künstler Bob Ross mit Afro. Das Celine Dion Musikvideo und ein Clip mit David Beckham, über den im ersten Film wegen seiner Stimme gelästert wurde. Ryan Reynolds ist Deadpool und er bringt diese Figur gern überall hin, wo sie nichts zu suchen hat. Und die Trailer selbst zeigen noch nicht einmal die wichtigsten Handlungsinhalte. Eine unerhörte Strategie und all das macht diese zwei Deadpool-Filme zu so einem Festschmaus als Action-Komödie (mit abgetrennten Körperteilen). Überraschen kann der Film zudem auch, vor allem Comicleser, die nach den Trailern viel über die Figuren spekulierten.
Fazit
Ich habe Tränen gelacht und das ist Merkmal genug, dass Deadpool 2 alle Erwartungen mehr als erfüllt. Fortsetzungen sind immer ein zweischneidiges Schwert, aber hier ist die Mischung richtig aus sich wiederholenden Gags und neuen bizarren Situationen. Negasonic Teenage Warhead hat eine Freundin, niemand wird mit Cables Herkunftsgeschichte überfordert, Domino ist perfekt inszeniert, Blind Al ist dabei, der noch nicht erwähnte Schurke ist herrlich und wir werden dran erinnert, dass Wade Wilson im Inneren ein guter Mensch ist. So darf es weitergehen. Wirkliche Ansprüche an Deadpool sind vergleichsweise niedrig, aber solange die anderen Superhelden ihren ernsten Formeln folgen, kann man hierbei ausspannen zu können.
Meine Lust auf den Film war nicht unbedingt groß. Zwar liebe ich den ersten “Deadpool”, allerdings war mir bereits klar, dass man nichts Grundliegendes an der Erfolgsformel ändern wird. Das ist auch okay. Dementsprechend nüchtern bin ich ins Kino. Trotzdem hatte ich dann doch unerwartet viel Spaß. Einfach, weil der Film doch ganz anders verläuft als erwartet. Zwar ist der Glanz, den der erste Teil noch durch seine hohe Innovation hat, ab, doch trotzdem ist das Abenteuer an sich ziemlich kurzweilig. Die Zeit ging so schnell um, dass ich bereits ab der Mitte dachte, dass es jeden Moment vorbei sein würde.
Die Befürchtung, dass Deadpools Mitstreiter Abziehbilder des ersten Films sein würden, hat sich als überflüssig erwiesen. Ich dachte erst, dass Domino einfach nur irgendeine coole Haudrauf-Braut sein würde, die den weiblichen Platz füllt. Aber im Endeffekt ist sie einfach sehr sympathisch, hat eine originelle Fähigkeit, die einfach nur zu komisch ist und prima in den Film passt.
Der Abspann ist aber der eigentliche Star des Films. [spoiler]Einfach mal den “X-Men Origins”-Deadpool sowie Green Lantern ausradiert, großartig. An der Stelle musste ich im Kino applaudieren.
Schlussendlich muss ich sagen, dass Deadpool 2 dem ersten Teil völlig das Wasser reichen kann. Trotzdem wäre es mir recht, wenn an der Stelle schon wieder Schluss wäre.