Die drei Musketiere – D’Artagnan
Einer für alle, alle für einen! Dieses berühmte Sprichwort, das dazu verführt, den Besenstiel mit dem seiner Freunde zu kreuzen, um dann gemeinsam gegen Staub und Dreck im Vereinshaus vorzugehen, stammt aus Alexandre Dumas (Der Graf von Monte Christo) Roman Die Drei Musketiere. Schon mehrfach verfilmten Visionäre diesen Klassiker der Literatur erfolgreich. Stellt sich also die Frage, warum sich Regisseur Martin Bourboulon (Eiffel in Love) diesen leicht angestaubten Stoff für ein Reboot aussuchte? Seine Antwort: Warum nicht? Ab dem 19. Oktober 2023 fechtet mit Die drei Musketiere – D’Artagnan der erste Teil eines Zweiteilers sich durch die hiesigen Wohnzimmer. Zeit um zur spitzen Schreibfeder zu greifen, denn unsere Neugier lockt. Schließlich hielten französische Landsleute die Produktion in ihren Händen und das Versprechen ist da, dem Werk Dumas’ zu huldigen! Na dann, en garde!
1627: König Ludwig XIII (Louis Garrel, Der große Wagen) sieht sein Reich in zwei Teile brechen. Auf der einen Seite die durch England unterstützten protestantischen Kräfte und auf der anderen der katholische Adel. Doch für den König ist klar, dass es zu keinem Religionskrieg kommen darf. Im Hintergrund ziehen jedoch Personen an den Fäden der geheimen Beziehung von Königin Anna (Vicky Krieps, Old) und Herzog von Buckingham (Jacob Fortune-Lloyd), sodass diese ans Tageslicht zu geraten droht. Was wiederum den eifersüchtigen König zum Handeln führen würde. Währenddessen möchte D’Artagnan (François Civil, Das Leben ein Tanz) der Truppe der Musketiere beitreten. Allerdings gerät er schon vor seiner Ankunft in Paris in gemeine Machenschaften. Zum Glück findet er Unterstützer in den berühmten Kämpfern Athos (Vincent Cassel, Jason Bourne), Porthos (Pio Marmaï, Pétaouchnok) und Aramis (Romain Duris, Final Cut of the Dead).
Als Tourist in den Ländereien Frankreichs
Originaltitel | Les Trois Mousquetaires: D’Artagnan |
Jahr | 2023 |
Land | Frankreich, Deutschland, Spanien |
Genre | Abenteuer, Historie |
Regie | Martin Bourboulon |
Cast | Charles D’Artagnan: François Civil Athos: Vincent Cassel Porthos: Pio Marmaï Aramis: Romain Duris Milady de Winter: Eva Green König Ludwig XIII.: Louis Garrel Königin Anna von Österreich: Vicky Krieps Kardinal Armand Richelieu: Éric Ruf Constance Bonacieux: Lyna Khoudri Herzog von Buckingham: Jacob Fortune-Lloyd |
Laufzeit | 121 Minuten |
FSK | |
Veröffentlichung: 19. Oktober 2023 |
Für Bourboulon stand von Anfang an fest, dass seine Darstellenden so viel wie möglich vor echten Kulissen spielen sollten. Und so drehte das Team in der Kathedrale von Sens, im Louvre-Palast oder auf Schloss Fontainebleau. Die drei Musketiere – D’Artagnan präsentiert ein paar wunderschöne Schauplätze, doch auch die einfacheren Landschaftsaufnahmen, durch welche die Figuren hoch zu Ross reiten, lassen Urlaubsstimmung aufziehen. Wobei es eher eine Zeitreise wird, denn dank den alten Gebäuden, der realistischen Farbgebung und gerade durch die Kleidung verschlägt es zurück an den Hof von Ludwig. Wobei es in Sachen Outfits ein paar moderne Einflüsse gibt. Diese lassen die Illusion jedoch nicht platzen, sondern sorgen nur dafür, die Musketiere als coole Krieger in Erinnerung zu behalten. Ein besonderes visuelles Highlight ist ein Maskenball im späteren Abschnitt. Die detaillierten Kostüme laden zum Staunen ein, besonders weil sie durch den Fackelschein eine ganz besondere Stimmung verbreiten.
Intrigenspiel am königlichen Hof
Ebenfalls war es für den Regisseur wichtig, mit seiner Erzählung nahe Dumas’ Version zu bleiben. Eine Eins-zu-eins-Umsetzung ist es trotzdem nicht, dennoch zieht das Machtspiel der verschiedenen Parteien schnell in seinen Bann. Dabei ist zwar König Ludwig nicht der hellste Stern, der sich in der Seine spiegelt, sein Einwand, dass es zu keinem Krieg kommen darf, macht ihn jedoch sympathisch. Sehr ergreifend ist das Liebesdrama um Königin Anna. Vicky Krieps spielt mit einem solch starken Mienenspiel, dass die innere Zerrissenheit ihrer Figur spürbar ist. Gerade dank ihr baut sich eine tolle Spannungskurve auf, da ein Fehler von ihr zu einem großen Krieg führen könnte. Eingebettet in historische Ereignisse entfaltet sich eine klassische Geschichte über Liebe, Macht und Ehre. Eine, bei der im Wesentlichen ein junger Mann wenig überraschend den Tag rettet.
Wenn die Figuren so dünn wie ihr Degen bleiben
Bei einem Titel wie Die drei Musketiere liegen natürlich große Erwartungen in den drei großen Kriegern. Und genau hier liegt der Hund teilweise begraben. Dabei sind die drei Schauspieler wahrlich nicht das Problem, denn ihre Freude an den Rollen ist sichtbar. Gerade Vincent Cassel verleiht seinem Athos die nötige Schwere, um die Faszination über den Anführer der Gruppe aufrechtzuerhalten. Doch wo sind die großen Szenen mit ihm? Ja, es gibt welche, doch allen voran liegt der Fokus auf dem Jungspund D’Artagnan, was doch schade ist, da eben die anderen drei Kämpfer so in dessen Schatten komplett verschwinden. Bleibt gerade bei Athos zu hoffen, dass im zweiten Teil, der unter dem Titel „Milady“ läuft, sein Drama an Fahrt aufnimmt. Dass übrigens Porthos nun bisexuell ist, erweist sich als erfrischende Note. Als passendes Gegenstück zieht Eva Green als Milady de Winter in den Kampf und macht dabei eine richtig gute Figur.
Freud und Leid: die Kamera
Degen krachen auf Degen, Musketenschüsse hallen durch den Wald, Fäuste fliegen und Verfolgungsjagden auf dem Rücken von Pferden – für Abwechslung sorgte der Regisseur. Eine Besonderheit ist bei alledem, dass die Kamera die Szenen am Stück und ohne Schnitte aufnahm und dadurch das Gefühl entsteht, mittendrin zu sein. Nicht als Mensch, sondern als Fliege, mit einer Kamera auf dem Rücken, so wie das Bild herumwackelt. Es ist daher nicht immer einfach, den Überblick zu behalten, wenn als einzige Lichtquelle gefühlt nur eine Kerze brennt. Ab und an geht gerade dieses Kameraspiel etwas zu weit. Einfach weil der Wunsch entsteht, einen anderen Blickwinkel zu bekommen, um eben das Geschehen besser sehen zu können. Immerhin in puncto musikalische Untermalung trifft der Soundtrack von Guillaume Roussel (Ein MordsTeam ermittelt wieder) direkt ins Schwarze.
Fazit
Bourboulon gelingt eine realistische Verfilmung der bekannten Geschichte. Dabei überzeugt das Intrigenspiel, welches in einem spannenden Zwischenhöhepunkt ein gutes Finale findet und Lust auf mehr macht. Schließlich verteilen sich am Ende erst alle Figuren auf dem Schachbrett. Allerdings gehen in seiner Version die drei älteren Krieger unter. Die drei Musketiere – D’Artagnan erzählt zu sehr das Abenteuer eines jungen Mannes und vernachlässigt die Männer, die ihm dabei helfen. Immerhin das Drama um Königin Anna entfaltet sich perfekt und steht damit gut als Gegenstück zu den Machtspielen der Männer. Visuell entführt uns der Film zurück in diese Zeit. Dabei geben vor allem die real existierenden Schauplätze die nötige Würze. Schade nur, dass die Kamera in den Kampfszenen einen wahnsinnig macht. Denn wäre diese nicht so wackelig und hin und wieder nicht ganz so statisch an einer Figur klebend, würden die Gefechte richtig Spaß machen.
© Constantin Film
Veröffentlichung: 19. Oktober 2023