Elizabeth Harvest

Für seinen Film Elizabeth Harvest hat sich Sebastian Gutierrez (Hotel Noir) einen uralten Stoff vorgenommen: nämlich das französische Märchen von Blaubart. Was auf den ersten Blick aussieht wie eine prunkvolle Romanze, entpuppt sich als schräge Science-Fiction-Erzählung mit Horror-Einschlag. Der ebenso clever erzählte wie stilistisch packende Genre-Mix feierte seine Deutschland-Premiere auf dem Fantasy Filmfest 2018 und damit nur einen Monat nach seinem US-Start. Mancher Zuschauer erinnert sich unfreiwillig an Rebecca, doch der Regisseur hat andere Ambitionen… So abgedroschen, wie sich die Zusammenfassung des Plots anhören mag, ist Elizabeth Harvest nicht. Im Gegenteil: jedes Wort zuviel könnte die eine oder andere Überraschung nehmen. Deshalb ist es besser, den Film völlig unvoreingenommen anzusehen.

  

Die junge, frisch verheiratete Elizabeth (Abbey Lee, Mad Max – Fury Road) trifft auf dem prunkvollen Anwesen ihres Ehemanns Henry (Ciarán Hinds, Harry Potter und die Heiligtümer des Todes – Teil 2), eines brillanten Wissenschaftlers, ein. Sie macht es sich im modernistischen Luxus gemütlich und hat scheinbar alles, was sie sich nur wünschen könnte. Auch wenn das folgsame Personal (Carla Gugino und Matthew Beard, The Imitation Game – Ein streng geheimes Leben) eine etwas beunruhigende Wirkung auf sie hat. Nur ein Mysterium lässt ihr keine Ruhe. Was verbirgt sich hinter der verschlossenen Tür zu Henrys Labor, das zu betreten er ihr verboten hat? Als die neugierige Elizabeth wagt, es herauszufinden, verändert sich alles, was sie über ihren Mann zu wissen glaubte.

Ästhetik pur

Originaltitel Elizabeth Harvest
Jahr 2018
Land USA
Genre Science-Fiction, Mystery
Regisseur Sebastian Gutierrez
Cast Elizabeth: Abbey Lee
Henry: Ciara Hinds
Claire: Carla Gugino
Oliver: Matthew Beard
Logan: Dylan Baker
Laufzeit 105 Minuten

Eines wird ganz früh klar: Irgendetwas stimmt hier nicht. Der Zuschauer erlebt und beleuchtet gemeinsam mit Elizabeth das neue Leben in Prunk und Luxus. Alles ist zu geleckt und makellos, was Elizabeths Herz nur noch schneller schlagen lässt. Wären da nur nicht die Rückzugstendenzen ihres Mannes und natürlich die Geheimnisse des Anwesens. Schnell wird klar, dass es Elizabeth in dem großen Anwesen vor allem an Bezugspersonen mangelt, da sich ihr gegenüber nun ausnahmslos jeder verdächtig verhält. Sebastian Gutierrez legt insbesondere auf die Optik seines Films großen Wert. Das Anwesen wirkt in seinen warmen Farben einladend, in mancher Szene macht sich ein nahezu gegenteiliger Eindruck breit. Abbey Lee wird geradezu ausstaffiert. Ihre tiefblauen Augen und feuerroten Haare kommen besonders zum Ausdruck. Und auch für den Bildaufbau hat Gutierrez eine ganz besondere Idee. Mittels Einsatz eines Split-Screens schürt er die Spannung um die beiden Eheleute, die nur allzu bald ein Katz- und Mausspiel betreiben. So lässt sich immer überblicken, wer wem wie schnell auf die Schliche kommt. Der Einsatz der Stilmittel wirkt ähnlich clean und bedacht wie in A Cure for Wellness, sodass jede Bildeinstellung Souveränität ausstrahlt. Dasselbe gilt für den unheilbringenden Score von Faris Badwan und Rachel Zeffira.

Style over Substance?

Noch durchdachter wird es, wenn es um den Aufbau der Handlung geht. Die Geschichte rollt ihren Twist vergleichsweise früh aus, sodass zunächst einmal sämtliche Spannung aus dem Film entweicht. Anschließend wird mit vielen Rückblenden in nicht chronologischer Erzählweise hantiert. Dadurch entsteht ein Erzählpuzzle, welches sich dem Zuschauer ungefragt aufgedrückt, und hier ist dann auch ein langer Atem (genauer gesagt für eine Stunde und 20 Minuten) gefragt. Elizabeth Harvest fällt für manchen Zuschauer durchaus zu zäh aus, wenn minutenlang nur diskutiert wird, während man sich doch schon auf Nervenkitzel eingestellt hat. Für andere wird bereits nach der Enthüllung, was sich in Henrys Zimmer verbirgt, alles zusammenfallen. Allerdings können ein paar nette Überraschungen dies kompensieren, die trotz der frühen Auflösung immer noch zu zünden vermögen. Denn genau dann, wenn man denkt, dass der Film bereits alles erzählt hat, entsteht ein neuer Sog. Auch hinsichtlich des Filmtitels geht einem erst im letzten Drittel ein Licht auf. Abbey Lee und Ciarán Hinds bilden als gegensätzliches Paar eine wunderbare Anti-Chemie ab, welche sich mit zunehmender Creepyness immer tiefer entwickelt.

Fazit

Trotz der beeindruckenden Kulissen, der dichten Atmosphäre (Edgar Allan Poe ist hier das Stichwort) und dem Händchen für gewisse Momente wird im Prinzip eine simple Geschichte erzählt, aus der das Maximum herausgeholt wird. Die ewig währende Orientierungslosigkeit Elizabeths und die damit auftretenden Fragen sind das Aushängeschild von Elizabeth Harvest, nicht etwa eine anspruchsvolle Handlung. Doch genau darin besteht die Kunst: nimm eine simple Geschichte und erzähle sie verschachtelt mit möglichst vielen Schnörkeln. Irgendjemand wird es lieben. So oder so ähnlich könnte die Formel von Elizabeth Harvest ausgesehen haben.

 

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Ayres

Ayres ist ein richtiger Horror- & Mystery-Junkie, liebt gute Point’n’Click-Adventures und ist Fighting Games nie abgeneigt. Besonders spannend findet er Psychologie, deshalb werden in seinem Wohnzimmer regelmäßig "Die Werwölfe von Düsterwald"-Abende veranstaltet. Sein teuerstes Hobby ist das Sammeln von Steelbooks. In seinem Besitz befinden sich mehr als 100 Blu-Ray Steelbooks aus aller Welt.

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