Ex Machina
Künstliche Intelligenz ist eine gleichermaßen faszinierende wie abschreckende Thematik. Wie weit sie eines Tages einen Menschen ersetzen können wird, ist umstritten. In Alex Garlands Zukunftsvision Ex Machina ist die Technik beeindruckend weit vorangeschritten und lockt den Zuschauer in ein minimalistisches Kammerspiel voller psychologischer Verstrickungen. Für seine imposanten Effekte erhielt der Film 2016 den Oscar für die besten visuellen Effekte und ließ dabei Blockbuster wie Star Wars: Das Erwachen der Macht und Mad Max: Fury Road hinter sich. Auch eine Nominierung für das beste Drehbuch kommt nicht von irgendwo her: Die Geschichte ist undurchschaubar und setzt gekonnt einen Plottwist nach dem nächsten.
Der junge Programmierer Caleb (Domhnall Gleeson, General Hux in Star Wars: Das Erwachen der Macht) kann sein Glück kaum fassen: In einer firmeninternen Lotterie sahnt er den Hauptpreis ab und darf nach Alaska fahren, wo der das Mastermind Nathan (Oscar Isaac, X-Men: Apocalypse) bei seinen Forschungen begleiten darf. Dort erfährt Caleb, dass der öffentlichkeitsscheue Mann unterirdisch an einem K.I.-Projekt arbeitet. Er lebt fast alleine dort, nur seine japanische Haushälterin Kyoko (Sonoya Mizuno, Die Schöne und das Biest), die kein Wort versteht, hält sich in der gut abgeschirmten Einrichtung auf. Das neuste Werk des genialen Eremiten ist der Roboter Ava (Alicia Vikander, Tulpenfieber), der verblüffend menschlich ist. Caleb bekommt die Aufgabe, herauszufinden, ob Ava zu eigenständigem Denken fähig ist. Schnell entwickeln der Programmierer und die Roboterdame einen Draht zueinander…
Human Nature
Originaltitel | Ex Machina |
Jahr | 2015 |
Land | USA |
Genre | Science-Fiction |
Regisseur | Alex Garland |
Cast | Caleb: Domhnall Gleeson Nathan: Oscar Isaac Ava: Alicia Vikander Kyoko: Sonoya Mizuno |
Laufzeit | 108 Minuten |
FSK |
Die Geschichten von Alex Garland haben eines gemeinsam: Unabhängig des Genres, in dem sie stattfinden, werden moralische oder philosophische Fragen gestellt und mit dem Ist-Zustand der Gegenwart abgeglichen. Wie 28 Days Later und Sunshine ist auch Ex Machina wunderbar vielschichtig. Das spiegelt sich in sämtlichen visuellen Komponenten wieder. Der High Tech-Komplex steht im Kontrast zur lebendigen Naturkulisse, die warmen Holztöne der Wohnung mit den kühlen Fassaden des Labors, die Rationalität mit den Emotionen. Die Kontraste sind geschickt eingewoben und tragen dazu bei, dass für den Zuschauer gar nicht so schnell offensichtlich wird, was hier eigentlich genau stattfindet. Dabei werden existenzielle Fragen aufgeworfen, die sich zwangsweise früher oder später ergeben: Was ist Menschlichkeit? Ist sie erlernbar? Wo liegt die Grenze der Wissenschaft? Wenn Ava in den Spiegel blickt, dringen ihre Sehnsüchte ebenso tief zum Zuschauer vor wie ihre Berechnungen. Sie bleibt für den Zuschauer weitgehend unergründlich, denn die furchtlos-sichere Ava ist weit mehr als nur ein Update des Frankenstein-Mythos. Ihre Empathie und ihr Reaktionsvermögen sind plausibel gestaltet, sodass sie das ohnehin starke Figurenquartett abrundet.
Doppelte Böden
Das Drehbuch ist für viele Überraschungen gut, vor allem dann, wenn es darum geht, Charakterzüge zu entwickeln.
Wenig Raum, doch viel Platz für den Cast um zu brillieren
Ein Film, der auf engem Raum stattfindet und den Zuschauer nicht ständig in ein neues Szenario wirft, ist vor allem auf seine Charaktere und noch mehr auf deren Darstellung angewiesen. Alicia Vikander brilliert in der Rolle des Roboters und begeistert bereits mit ihrer physischen Darstellungen: Ihre Bewegungen sind weder maschinenhaft, noch lassen sie sich eindeutig einem Menschen zuordnen. Sie sind zaghaft und gleichzeitig bestimmt, sodass sie unberechenbar wirkt. Oscar Isaac spielt den isolierten Nathan glaubhaft und nicht minder undurchschaubar. Unter Alkoholeinfluss ist der Mann nur schwer einzuschätzen und seine sozialen Fähigkeiten sind ohnehin kaum zu ergründen. Domhnall Gleeson hat es da ein wenig einfacher, da Caleb vor allem ein explorativer Charakter ist. Dafür glänzt Sonoya Mizuno, die ihrer Figur unerwartet mit Tiefe füllt und die Geschichte in eine ganz neue Richtung zu lenken versteht.
Die Psycho-Duelle sind es, die Ex Machina auszeichnen. Welchen Weg der Film einschlagen wird – das bleibt lange offen und bis es zur Auflösung kommt, wird die Fantasie des Zuschauers ordentlich angeregt. Möglichkeiten gibt es viele, doch Ex Machina schafft es vor allem, eine stimmige Option zu wählen und diese konsequent bis in die letzten Sekunden durchzuziehen. Der Film ist geradezu elektrisierend erzählt und voller starker Einfälle.
Zweite Meinung:
Ex Machina ist meiner Meinung nach ein Film, bei dem man sich am besten den Trailer gar nicht ansehen sollte; wo es am interessantesten ist, wenn man noch gar nichts weiß und mit jedem Schritt und Tritt mitfiebern kann. Die drei Hauptrollen werden wunderbar verkörpert – was gerade bei solchen in sich geschlossenen Settings wichtig ist – , wobei Oscar Isaac als Nathan in meinen Augen eine besonders geniale Show abliefert. Er war absolut verwandelt für mich, als ich ihn danach in anderen Rollen sah (z.B. in den Star Wars-Filmen, wo sowohl seine als auch Domhnall Gleesons Rolle nicht gegensätzlicher sein könnten zu Nathan und Caleb). So hat Nathans schräge Tanzdemonstration in dem Film auch fast Kultstatus erreicht. Was bei dem Film wohl unweigerlich passiert: Der Zuschauer wird zum Denken angeregt und Meinungen werden polarisiert.