Gran Turismo

Gran Turismo, die ultrarealistische Autorennen-Simulation für die Playstation, seit 1997 mittlerweile in der achten Version erhältlich, eine ausgefeilter als die andere. Kauf dir ein Auto, motze es auf, gewinne Rennen und stecke den Gewinn in noch bessere Autos samt Ausrüstung, mit denen du dann noch mehr Rennen gewinnen kannst. Also mal wieder eine Spiel-Verfilmung. Für die Fangemeinde sicherlich hochspannend, aber für Kinopublikum? Ob das auch Zuschauer begeistern kann, deren Affinität zum Thema höchstens im Besitz eines Führerscheins besteht, schauen wir uns einmal näher an. Die Verfilmung der Lebensgeschichte des Rennfahrers Jann Mardenborough unter der Regie von Neill Blomkamp (District 9) erschien am 9. November 2023.

       

Japan, 2010. Marketing-Mitarbeiter Danny Moore (Orlando Bloom, Der Herr der Ringe) versucht, den Entscheidungsträgern bei Nissan eine, wie er findet, brilliante Idee zu verkaufen: Autos sind langweilig geworden, nur Gamer, die Autorennen-Spiele spielen, bringen noch Begeisterung mit. Wie wäre es also, wenn man es den besten Gamern der besten Autorennen-Simulation, nämlich Gran Turismo, ermöglichen würde, in echte Rennwagen zu steigen und echte Rennen zu fahren? Und so eine ganz neue Zielgruppe gewinnen könnte? Das Interesse ist eher verhalten und auch der Ex-Rennfahrer Jack Salter (David Harbour, Black Widow), den Moore als Coach mit ins Boot holt, hält es für eine hochgefährliche Schnapsidee. Dennoch darf Moore sein Projekt starten und den besten GT-Gamern Plätze in der GT Academy anbieten, die sie auf das richtige Leben als Formel 1-Piloten vorbereiten soll. Cardiff, Großbritannien: Jann hat die Uni geschmissen, jobbt ziellos herum und spielt Gran Turismo. Als die Einladung zur GT Academy auf seinem Bildschirm aufploppt, ist er Feuer und Flamme, denn er wollte schon immer ein richtiger Rennfahrer werden. Vom Trainingslager über die ersten Rennen bis zum entscheidenden 24 Stunden-Wettkampf in Le Mans wartet eine Herausforderung nach der anderen auf Jann und seinen Coach.

Vom Spiel zum Film

Originaltitel Gran Turismo
Jahr 2023
Land USA
Genre Sport, Biopic
Regie Neill Blomkamp
Cast Jann Mardenborough: Archie Madekwe
Jack Salter: David Harbour
Danny Moore: Orlando Bloom
Matty Davis: Darren Barnet
Steve Mardenborough: Djimon Hounsou
Lesley Mardenborough: Geri Halliwell
Nicholas Capa: Josha Stradowski
Laufzeit 134 Minuten
FSK
Veröffentlichung: 9. November 2023

Wie macht man ein Playstation-Spiel zum Mittelpunkt eines Films, wenn sich daraus so gar keine Handlung ableiten lässt außer “Gewinne Rennen, verbessere dein Auto, gewinne noch mehr Rennen”? Regisseur Neill Blomkamp (Elysium) packt das Thema von einer ganz unerwarteten Seite an: Statt um Spielgeschehen herum eine Handlung zu basteln, erzählt er die auf Tatsachen beruhende Geschichte über den Gran Turismo-Gamer Jann, der zum Formel 1-Pilot auf realen Rennstrecken wird. Das heißt, die meiste Zeit geht es eben nicht um Gran Turismo, sondern um Neulinge in realen Rennwagen, deren Gamer-Skills nur begrenzt von Nutzen sind. Es geht um die körperliche Belastung, die Motorsport mit sich bringt, um boshafte Konkurrenten, biestige Mechaniker, verstörende Unfälle. Ein klassischer Sportfilm über den steinigen Weg zum Erfolg, den der Underdog und sein getreuer Coach gehen, um mit Fleiß, Ausdauer und Willenskraft bis an die Spitze zu kommen. Dennoch ist das Spiel und seine Ästhetik höchst präsent, wenn etwa ein virtueller Rennwagen sich um Jann herum aufbaut, um die Nähe von Spiel und realem Rennen darzustellen. Oder wenn der Verlauf des Rennens für den Zuschauer viel transparenter wird, wenn, wie im Spiel, der Name des Fahrers und die Platzierung über den fahrenden Wagen eingeblendet wird und eine rote Markierung die Ideallinie anzeigt, an die man sich beim Fahren halten kann, wenn man auf der sicheren Seite sein will. Wenn man sie als gewiefter Fahrer nicht gezielt missachtet, um besondere Vorteile hervor zu kitzeln. Alles Dinge, die einem simplen Sachverhalt wie im Kreis herumzischenden Autos deutlich mehr Pfiff verleihen.

Und was passiert abseits der Piste?

Funkelnde Karosserien und röhrende Motoren bekommen jede Menge Screentime. Aber was ist mit den Menschen in den Autos und am Pistenrand? Gran Turismo ist, obschon ein biografischer Film, Genrekino pur und bietet darum vertraute Hausnummern. Der jungen Gamer/Rennfahrer zwischen Selbstzweifel ob all der Herausforderungen und Vertrauen in sein Können, angenehm unprätentiös und zurückgenommen dargestellt von dem jungen afro-britischen Schauspieler Archie Madekwe (Midsommar). Den Coach mit den Feldwebelmanieren und dem Herz aus Gold, der findet, dass ein Training mit Anbrüllen, Demütigen, Niedermachen gesund für junge Menschen ist, denn daran werden sie wachsen. Ein Klischee, das schnell ins Unangenehme rutschen könnte, wenn David Harbour es nicht durch Kauzigkeit retten würde. Den strengen afro-britischen Papa mit dem Knochenjob auf dem Güterbahnhof, der will, dass sein Sohn es einmal besser haben soll, eindringlich und mit viel Leinwandpräsenz verkörpert von Djimon Honsou (Amistad). Und dann ist da Orlando Bloom, von dem man seit den frühen 2000ern nicht mehr so recht viel gesehen hat. Deutlich älter als zu Zeiten, als er Elbenprinzen und Beinah-Piraten spielte, etwas mitgenommen und zerknautscht, leiht er dem windigen Marketing-Mann Danny Moore ein allzu strahlendes Lächeln und etwas verblasste Star-Präsenz, was ihn nur umso windiger wirken lässt. Denn schließlich ist Janns Weg zum Erfolg nichts weiter als eine Marketing-Nummer, die auch gewaltig schief gehen könnte. Bei all der Vorhersehbarkeit des Genres ein hübscher kleiner Kontrapunkt. Wer unter den Darstellern ein Ex-Spice Girl entdeckt, darf sich Sonderpunkte gutscheiben.

Fazit

Gran Turismo bietet Sommerkino-Spaß und solides Genrekino. Zwar ohne jegliche Überraschung, aber in seiner Geradlinigkeit spannend genug, um auch Nicht-Autofahrern einen vergnüglichen Kinoabend zu bescheren, wenn sie nur Freude haben an der altbekannten Formel vom jungen Außenseiter, der es gegen alle Widrigkeiten bis nach ganz oben schafft. Menschen, die gern Rennwagen über den Bildschirm flitzen sehen, ob nun real oder digital, werden sich über die opulent gestalteten Wettkampfszenen freuen und das eine oder andere in die Jahre gekommene Orlando Bloom-Fangirl wird mit Sicherheit auf seine Kosten kommen, wenn Bloom mal nicht, wie in seiner Jugend, nur schön und heldenhaft, sondern so ein bisschen durchtrieben-schmierig sein darf und das ganz prima macht. Älter werden kann einem ganz neue Möglichkeiten eröffnen.

© Sony Pictures


Veröffentlichung: 9. November 2023

wasabi

wasabi wohnt in einer Tube im Kühlschrank und kommt selten heraus.

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