Hit Big

Der finnische Filmemacher Jukka-Pekka Valkeapää ist bereits seit 2000 in der Filmbranche tätig, weist aber einen überschaubaren Output auf. Einen größeren Bekanntheitsgrad erlangte er hierzulande nicht, konnte 2019 aber in Genre-Kreisen mit dem SM-Drama Dogs Don’t Wear Pants auf sich aufmerksam machen. Mit der schrillen Crime-Komödie Hit Big legt er nach: Seine verrückte Geschichte erzählt er mit Absurditäten, eigenwilligen Figuren und einer großen Prise Galgenhumor. Sein Deutschland-Debüt legt der Film auf den Fantasy Filmfest White Nights 2023 im Januar und Februar hin.

Marjaleenas (Outi Mäenpää, Black Ice) beste Zeiten liegen in der Vergangenheit, als sie besondere Aufmerksamkeit für ihr Äußeres erntete und zur Schönheitskönigin gekrönt wurde. Heute ist sie 60 Jahre alt und hängt an der Flasche. Da sie eine heruntergekommene Bar im spanischen Costa del Sol betreibt, ist für Nachschub auch immer gesorgt. Gesellschaft leisten ihr dabei ihr Säuferkumpel Mikko (Ilkka Heiskanen, The Girls of April) und Sohn Vili (Johannes Holopainen, Heavy Trip). Alles wird auf den Kopf gestellt, als Marjaleenas verhasster Ex aus dem Knast entlassen wird. Der hat es auf die Bar abgesehen, denn im Keller wartet das große Geld, von dem er sich ein neues Leben mit seiner transsexuellen Freundin Ninja (Pääru Oja, Christmas in the Jungle) aufbauen will. Auch die albanische Mafia rückt Marjaleena immer dichter auf die Pelle …

Ein Herz für Außenseiter

Originaltitel Hetki lyö
Jahr 2022
Land Finnland
Genre Komödie
Regie Jukka-Pekka Valkeapää
Cast Marjaleena: Outi Mäenpää
Vili: Johannes Holopainen
Mikko: Ilkka Heiskanen
Ninja: Pääru Oja
Jormanainen: Jari Pehkonen
Laufzeit 123 Minuten
FSK unbekannt
Titel im Programm der Fantasy Filmfest White Nights 2023

Valkeapää ist großer Freund absurder Charakterzeichnung: Hit Big bietet außergewöhnliche Gestalten, die man in jedem US-Film schnell als White Trash der Marke Flodders einsortieren würde. Sie hängen herum, fluchen, saufen sich die Rübe weg und führen absurde Dialoge. Man muss solche Figuren schätzen können, um zumindest etwas Freude an der Handlung zu entwickeln. Einfach jeder hat hier einen an der Klatsche und wäre in einem anderen Kontext ein echter Freak, doch in dieser Konstellation sucht man vergeblich nach jemandem, der oder die zumindest annähernd Wesenszüge aufweist, die nicht als verhaltensauffällig durchgehen würden. Dementsprechend wird es selbst bei aller Empathie schwer, sich wirklich in eine der Figuren hineinzuversetzen oder Sympathien zu verschenken.

Rabenschwarzer Humor

Der Regisseur ist sich für nichts zu schade. Er lässt seine Charaktere saufen und kotzen, lallen und gackern. Jeder von ihnen ist nur einen Schritt vom Abgrund entfernt und die siffige Bar mit ihrem heruntergekommenen Interieur steht als Metapher für den Verfall, der an dem Trio Marjaleena, Vili und Mikko nagt. Hauptsache unkonventionell und maximal dreckig, klobig, derbe. Man könnte die Eigenschaften mit zahlreichen Adjektiven fortführen, so gezeichnet sind die Figuren vom Leben. Dem gegenüber steht eine Handlung, die auf einen Bierdeckel passt. Was hier letzten Endes passiert, spielt nur die zweite Geige und steht hinter den überdosierten Witzen an, denen immer ganz viel Tragik mitschwingt. Fatalerweise bewegt sich die Handlung trotz aller Lacher kaum vom Fleck, sodass das Abhängen mit dieser Gesellschaft schnell zu einer Geduldsprobe werden kann. Summa summarum ist das alles eben auch ein Fest der Geschmacklosigkeiten, denn dem Regisseur geht es weder um den guten Ton noch das Einhalten (erzählerischer) Grenzen.

Fazit

Hit Big ist ein waschechter Fall der Marke “ganz strenge Geschmackssache”. Von Dogs Don’t Wear Pants lässt sich nur wenig ableiten: Ob man den Film mag oder nicht, besitzt wenig Aussagekraft darüber, ob man auch mit Hit Big warm wird. Wer keine Lust auf eine chaotische und kurvige Geschichte mit ungepflegten und alkoholisierten Protagonist:innen und deren Trash-Tralk hat, wird keine Freude an dem Film und den Schicksalen seiner abgehalfterten Figuren haben. Auch eine kleine Prise Drama und Action verhelfen der Handlung nicht aus ihrem absurden Trott, so dass sich gleich mehrere erzählerische Längen einstellen. Zu Gute halten muss man Valkeapää, dass er seine Prämisse konsequent durchzieht und wir es mit einem Film für Freigeister zu tun haben.

© Charades

Ayres

Ayres ist ein richtiger Horror- & Mystery-Junkie, liebt gute Point’n’Click-Adventures und ist Fighting Games nie abgeneigt. Besonders spannend findet er Psychologie, deshalb werden in seinem Wohnzimmer regelmäßig "Die Werwölfe von Düsterwald"-Abende veranstaltet. Sein teuerstes Hobby ist das Sammeln von Steelbooks. In seinem Besitz befinden sich mehr als 100 Blu-Ray Steelbooks aus aller Welt.

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