Inception

Gedankendiebstahl. Tja, Regisseur und Drehbuchautor Christopher Nolan (Tenet) nahm sich das Thema in seinem siebten filmischen Streich etwas anders zur Brust. Denn er lässt seinen Dieb in Träume einbrechen, Informationen klauen und damit so einiges an Unheil anrichten. Was ziemlich verrückt klingt, entpuppt sich in Inception als kreative Bombe, die einen für 148 Minuten Spielzeit ins Sofa drückt. In Träumen ist schließlich alles möglich. Schnell einmal eine Stadt auf den Kopf gestellt, einen Zug mittendrin durchrasen lassen oder gleich ein ganzes Labyrinth basteln – die Kreativität kennt da keine Grenzen. Allerdings hat unser Dieb ein paar ernste Probleme, die er nicht mit einem kleinen Nickerchen lösen kann. Werfen wir also einen genauen Blick auf den von Kritikern gefeierten Streifen und hoffen, dass wir nicht ins Reich der Träume dabei abdriften.

   

Durch das sogenannte Traum-Sharing ist es möglich, gemeinsam den gleichen Traum zu träumen. Natürlich kann dieses Verfahren für alles Mögliche missbraucht werden, wie zum Beispiel von Cobb (Leonardo DiCaprio, Once Upon A Time… in Hollywood) und seinem Team, die so versuchen, an geheime Informationen zu kommen. Doch ihre aktuelle Zielperson, der Geschäftsmann Saito (Ken Watanabe), bemerkt das Eindringen fremder Personen in sein Unterbewusstsein. Er liefert Cobb jedoch nicht der Polizei aus, sondern schlägt ihm einen Deal vor. Er und sein Team sollen mittels eines eingepflanzten Gedankens – einem Inception – den Geschäftsmann Robert M. Fischer (Cillian Murphy, A Quiet Place 2) dazu bringen, das Imperium seines Vaters, welches er nach dessen Tod erbt, in Stücke zu zerteilen. Sollte Cobb erfolgreich sein, würde Saito dafür sorgen, dass er trotz behördlicher Suche, nach Hause einreisen darf, um seine Kinder wiederzusehen.

“Ein Gedanke ist wie ein Virus, resistent, hochansteckend und die kleinste Saat eines Gedanken kann wachsen. Er kann Dich aufbauen oder zerstören.”  (Cobb)

Ein Traum im Traum im Traum …

Originaltitel Inception
Jahr 2010
Land USA, Großbritannien
Genre Action, Thriller, Science-Fiction
Regie Christopher Nolan
Cast Dominick „Dom“ Cobb: Leonardo DiCaprio
Arthur: Joseph Gordon-Levitt
Eames: Tom Hardy
Mal: Marion Cotillard
Ariadne: Elliot Page
Robert Fischer: Cillian Murphy
Saito: Ken Watanabe
Yusuf: Dileep Rao
Peter Browning: Tom Berenger
Stephen Miles: Michael Caine
Laufzeit 148 Minuten
FSK
Veröffentlichung: 4. März 2012

Allein die Idee, mittels einer kleinen Maschine in einem Traum einzudringen, dort die Architektur zu bestimmen und gemeinsame Erlebnisse zu teilen, ist genial. Doch in Inception gibt es auch gewisse Regeln. So ist vor allem der Versuch, einen solchen fremden Gedanken zu pflanzen nicht einfach, gilt sogar als unmöglich. Allerdings verrät Cobb im Laufe der Geschehnisse, dass er es einmal schaffte. Daher steht das Vorhaben von Anfang an unter keinem guten Stern und lässt die Nerven auch im Laufe der Spielzeit immer mehr blankliegen. Schließlich verläuft der Auftrag auch nicht komplett reibungslos. Das Unterbewusstsein spürt die Fremdlinge und reagiert mehr als nur ein wenig aggressiv. Es folgen also ein paar atemberaubende Auseinandersetzungen in den unterschiedlichsten Umgebungen. Da die Gruppe den Gedanken sehr tief verpflanzen muss, bedarf es nämlich auch mehrerer Traumschichten, die immer instabiler werden und in denen der Fluss der Zeit immer langsamer fließt. Kein Nolan ohne Zeit-Thema!

Die tragische Liebesgeschichte

Träume, das Unterbewusstsein und die Wahrnehmung – im Verlauf der Handlung versorgt uns das Drehbuch mit einigen Informationen, wodurch sich das Konzept von Inception glaubhaft verdichtet. Dabei fühlt sich das Resultat jedoch nicht wie eine überwältigende Informationsflut an, da das Drehbuch von Nolan uns im Gegenzug an Cobbs Leben teilhaben lässt. Der begabte Meister des Extraction (so der Fachbegriff für das Auslesen von Informationen im Traum) kann selbst keine Welten mehr erschaffen, da ihm seine verstorbene Ehefrau als Projektion immer wieder dazwischenfunkt. Doch welch ergreifende Geschichte ihn und Mal (Marion Cotillard, Assassin’s Creed) verbindet, entfaltet sich erst nach und nach und legt die Schattenseiten und Gefahren des gemeinsamen Träumens offen. Dank DiCaprios und Cotillards perfektem Schauspiel wirkt das Familiendrama als emotionaler Kontrast zu dem wissenschaftlichen Teil des Einbruchs.

Das Dream-Team

Natürlich begibt sich Cobb nicht alleine in ein solch waghalsiges Unterfangen. Dabei griff Nolan auf ein paar sehr bekannte Gesichter zurück oder besser gesagt auf Schauspieler, mit denen er gute Erfahrungen sammelte. Die The-Dark-Knight-Trilogie lässt stark grüßen, im positiven Sinne. Die wegen ihrer Fähigkeiten zusammengestellten Figuren stellen die Darsteller mit viel Charme dar, weswegen es Spaß macht, ihnen bei ihrem Auftrag zuzuschauen. Gerade die Sticheleien zwischen Fälscher Eames (der sportliche Tom Hardy, Capone) und Cobbs rechter Hand Arthur (dem gut gekleideten Joseph Gordon-Levitt, Project Power) lassen einen immer wieder grinsen und lockern die Atmosphäre auf. Elliot Pages (The Umbrella Academy) Figur Ariadne fungiert hingegen als starke Beobachterin, die Cobb emotional auf den Zahn fühlt und uns so vielen Antworten näherbringt. Mit Ken Watanabe (Godzilla 2: King of Monsters) als Auftraggeber Saito und Dileep Rao (Touch) als Chemiker Yusuf schließt sich der Kreis.

„Wir sollten keine Angst davor haben von Größerem zu träumen, Darling!“

Für den Kopf bietet Inception einiges, doch dabei bleibt es nicht. Der Film ist ein visuelles Feuerwerk, das es bevorzugt, über lange Zeit gezielt hübsche Raketen zu zünden, als gleich alles mit einmal zu verballern. Dabei überzeugt vor allem, dass Nolan kein CGI-Monument errichtet, sondern dosiert vorgeht. Viele Szenen drehte er lieber an realen Schauplätzen auf der ganzen Welt, die zum einen für die Augen viel Abwechslung bieten und zum anderen zu keinen Verwirrungen führen. Deswegen spielt eine Traumebene im Regen, während wir in einer anderen durch eine schneebedeckte Berglandschaft reisen. Besonders beeindruckend gestaltet sich ein Kampf in einem rotierenden Flur, welchen das Produktionsteam extra dafür anfertigte. Hierbei kommt man aus dem Staunen kaum wieder heraus. Auch den Einsatz der Slow-Motion Effekte wählt der Regisseur mit Bedacht, um so bestimmte Kunstgriffe zu erzielen, während die am Computer entstandenen visuellen Effekte auch heute noch die Kinnlade nach unten wandern lassen.

“Ich bereue nichts“

Was wären all die schönen Bilder ohne die passende Musik? Darin übertrifft sich Altmeister Hans Zimmer (Der König der Löwen) als Komponist, da er mehrfach den passenden ergreifenden Ton erwischt. Gerade zu Beginn sind es die dröhnenden Basstöne, die einen in den Sitz drücken und die Wucht der Szenen vermitteln. Wer den Film im Kino erleben durfte, erinnert sich noch gut daran – so jedenfalls die zuständige Redakteurin – genauso wie der klangvolle Einsatz von Édith-Piaf Stück „Non, je ne regrette rien“ (dt. “Ich bereue nichts”), das musikalisch die verschiedenen Tempora der Traumebenen wiedergibt. Ebenso wie es der Songtext tut, der Cobbs Gefühlswelt darstellt, mit all seiner Hoffnung, Kummer und Reue.

Fazit

Clever, kreativ und emotional – so lässt sich Inception schnell beschreiben. Die 148 Minuten verfliegen wie eine erholsam geschlafene Nacht und hinterlassen einen fast zufriedenen Beigeschmack, wenn da nicht die letzte fiese Einstellung von Nolan wäre. Die Action ist punktgenau gesetzt, genauso wie es der Fluss der Informationen tut, der von Beginn an stark fließt. Zwar bedeutet es, von Anfang an aufzupassen, doch dafür entfaltet sich eine gewaltige Welt voller beeindruckender Ideen, welche in Träumen ihre Entfaltung finden. Cobb ist eine interessante Figur, deren erschütternde Vergangenheit sich nach und nach offenbart. Weder auf visueller noch musikalischer Ebene enttäuscht der Film. Viel eher harmonieren die Elemente perfekt mit der komplexen Handlung und auch nach all den Jahren zählt für mich daher Christopher Nolans Inception zu den einfallsreichsten Filmen und zu meinen Lieblingsstreifen.
P.S.: Für mich hört der Kreisel am Ende langsam auf sich zu drehen.

© Warner Bros.

Aki

Aki verdient ihre Brötchen als Concierge in einem großen Wissenstempel. Nie verlässt sie das Haus ohne Mütze, Kamera oder Lesestoff. Bei ihren Streifzügen durch die komplette Medienlandschaft ziehen sie besonders historische Geschichten an. Den Titel Sherlock Holmes verdiente sie sich in ihrem Freundeskreis, da keine Storywendung vor ihr sicher ist. Dem Zyklus des Dunklen Turms ist sie verfallen. So sehr, dass sie nicht nur seit Jahren jeden winzig kleinen Fetzen zusammensammelt. Nein, sie hat auch das Ziel, alles von Stephen King zu lesen.

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