Lord of Illusions

Clive Barker sollte jedem Horrorfan ein Begriff sein. Neben Edgar Allen Poe, Stephen King und H.P. Lovecraft gehört er immerhin zu den bekanntesten Gruselautoren unserer Zeit. Nachdem er 1995 mit Hellraiser – Das Tor zur Hölle eine erfolgreiche Filmreihe ins Leben rief, die zum Kultklassiker avancierte, sollte mit Lord of Illusions der nächste Hit folgen. Scott Bakula begibt sich auf Dämonenhatz und das seit 2018 sogar wieder in einer Neuauflage in Form eines hochwertigen Mediabooks von Capelight.

 

Privatdetektiv Harry d’Amour (Scott Bakula, American Beauty), spezialisiert auf okkulte Fälle, hätte dringend Erholung nötig. Ein verlockend simpler Fall im sonnigen Los Angeles kommt da gerade recht. Dorothea (Famke Janssen, X-Men) engagiert ihn, um ihren Mann, den weltberühmten Magier Swann (Kevin J. O’Connor, There Will Be Blood), zu beschatten. Allerdings erweist sich der Auftrag als ebenso rätselhaft die übersinnlichen Talente des Ziels. Denn schon am ersten Abend stirbt Philip Swann. Doch für einen wahren Blender ist der Tod nur eine Illusion und Wiederauferstehung eine Frage des Timings. Harry gerät in den Strudel der Magier-Szene und damit immer tiefer in die Vergangenheit des Zauberers …

Clive Barker: Eine Horror-Größe fällt durch

Originaltitel Lord of Illusions
Jahr 1995
Land USA
Genre Horror, Mystery-Thriller
Regie Clive Barker
Cast Harry D’Amour: Scott Bakula
Nix: Daniel von Bargen
Philipp Swann: Kevin J. O’Connor
Dorothea Swann: Famke Janssen
Caspar Quaid: Joseph Latimore
Laufzeit 109 Minuten
FSK

Der mittlerweile ins Rentenalter gekommene Clive Barker galt in den 1980ern als „Zukunft des Horrors“. Künstlerisch hatte er sich auf allen Ebenen ausgetobt: Er war Gründer einer Theatergruppe, später Schriftsteller, Filmregisseur und Maler. Zwischenzeitlich arbeitete er auch noch in der Entwicklung diverser Computerspiele. Nur seine Filmkarriere erwies sich nicht unbedingt als Glanzlicht, obwohl er bis heute noch positiv mit Hellraiser in Verbindung gebracht wird. Doch die Film-Adaption seiner Kurzgeschichte Die letzte Illusion aus der Storysammlung Bücher des Blutes fiel bei den Kritikern gnadenlos durch, sodass es sich gleichzeitig auch um seine dritte und letzte Regiearbeit eines Langfilms handelt. Der größte Kritikpunkt gilt gemeinhin vor allem seiner untransparenten bis wirren Storyführung, die allerdings auch der Tatsache geschuldet ist, dass Studio-Bosse solange an dem Film herumschnippelten, bis er dem kommerziellen Anspruch gerecht werden konnte. Mittlerweile ist der Director’s Cut erhältlich.

Neo Noir-Mystery-Horror

Lord of Illusions beginnt als Neo Noir-Film: Ein Detektiv-Büro erhält überraschenden Besuch einer vollbusigen Schönheit mit BH-Verbot. Das Bestreben, einen Horrorfilm mit Neo Noir zu kombinieren, fühlt sich erfrischend an und unterscheidet sich auch zu vielen anderen Genre-Titeln, die in den 90ern das Licht der Welt erblickten. Gleichzeitig war es auch Famke Janssens erster Kinofilm, ehe sie in James Bond 007 – Goldeneye über Nacht berühmt wurde. Während die meisten Schauspieler eine gute Figur abgeben (oder dies zumindest während ihrer Zeit taten – heute wirken die Schauspielkünste aus der Zeit gefallen), fällt besonders Barry Del Sherman mit seiner Schurkendarstellung negativ und überzogen auf. Seinen Charakter hätte man eher in einer Fantasy-TV-Serie à la Hercules erwartet.

Die Sehnsucht hinter der sichtbaren Welt

Barkers Vorliebe für Monster, Dämonen und Vorstellungen der Hölle finden Einzug in allen seinen Werken und darin bildet auch Lord of Illusions keine Ausnahme. Wie immer in seinen Werken steckt etwas Hintergründiges hinter der Welt, wie wir sie kennen. Die persönlichen Dramen der Charaktere oder die Geschichte der Kultisten spielen sich abseits der Leinwand ab, können aber erahnt werden. Lord of Illusions befasst sich in seinem Kern mit der Frage, was wäre, wenn sich Menschen mit echten magischen Fähigkeiten als Illusionisten auf der Showbühne betätigen würden.

Schwarze Magie und Sektenfanatismus

Wofür Fans den Streifen lieben, sind die handgemachten Effekte, die besonders bei den Gewaltspitzen zum Tragen kommen. CGI wird nur sehr sparsam und für die Darstellung einiger Magie-Tricks eingesetzt, was angesichts der rapiden Alterung auch gut ist. Heute wirkt die Digitaltechnik ernüchternd. Auch das lovecraftsche Kreaturendesign und die dichte Atmosphäre sowie dreckige Sets stehen auf der Haben-Seite. Wer den Film liebt, wird das aufgrund dieser Eigenschaften tun. Auf der anderen Seite stehen jedoch viel Schwafelei und Harrys bemühte Recherchen rund um die Illusionisten-Szene. Thematisch ist die Agenda vollgepackt: Es geht um Taschenspielertricks und die Illusion, aber auch um die schwarze Magie und unheimlichen Sektenfanatismus. Viel Stoff für wenig Story, die aber auf zwei Stunden ausgedehnt wird.

Fazit

Aus heutiger Sicht ist Lord of Illusions ein klassisches 90er-Relikt. Das gewollt coole Schauspiel bewegt sich auf Sitcom-Niveau und die Effekte schwanken in ihrer Qualität zwischen starkem Body Horror mit gelungenen handgemachten Effekten und Windows 95-Screensaver. Die Rückbesinnung des Showmagiers auf okkulte Praktiken sind besonders aus heutiger Sicht eine angenehme Abwechslung zu den vielen bunten und massentauglichen Illusionisten, die sich durch die Welt bewegen. Trotz der sprunghaften Erzählweise und den hölzernen Dialogen hinterlässt die Produktion einen runden Eindruck. Eben so, als hätte der Film exakt in dieser Zeit produziert werden müssen, um überhaupt von jemandem gut gefunden zu werden. Ein solcher Film fernab jeglicher Teenagerkompatibilität erscheint heute kaum möglich.

© Capelight

Ayres

Ayres ist ein richtiger Horror- & Mystery-Junkie, liebt gute Point’n’Click-Adventures und ist Fighting Games nie abgeneigt. Besonders spannend findet er Psychologie, deshalb werden in seinem Wohnzimmer regelmäßig "Die Werwölfe von Düsterwald"-Abende veranstaltet. Sein teuerstes Hobby ist das Sammeln von Steelbooks. In seinem Besitz befinden sich mehr als 100 Blu-Ray Steelbooks aus aller Welt.

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