The Lost City – Das Geheimnis der verlorenen Stadt
Das Genre des Abenteuerfilms kann man die letzten Jahre als eher ‘mäßig präsent’ bezeichnen. Mit Aufstieg der Superhelden-Epen, Spionage-Thrillern und tiefschneidenden Dramen scheint es fast schon in Vergessenheit geraten zu sein. Durch Filme wie Die versunkene Stadt Z (2016), Jumanji: The Next Level (2019) und Uncharted (2022) scheint sich jedoch eine zaghafte Rückkehr anzudeuten, und auch die Abenteuer-Romcom tritt im Jahre 2022 erneut auf den Plan. In The Lost City – Das Geheimnis der verlorenen Stadt der Gebrüder Nee erleben wir Sandra Bullock als verklemmte Buchautorin und Channing Tatum als Covermodel mit blondem Wallehaar – beide im Dschungel verloren und damit maßlos überfordert. Perfekter Stoff für einen unterhaltsamen Popcorn-Abend.
Loretta Sage (Sandra Bullock, Bird Box – Schließe deine Augen) ist Buchautorin einer beliebten Liebesroman-Serie, in der ihr Alter Ego Angela als Lara Croft-Verschnitt zusammen mit ihrem Wallehaar-Liebhaber Dash sexuell-aufregende Abenteuer in exotischen Ländern erlebt. Die Fangemeinde der ü30-Frauen ist riesig und strömt euphorisch zu den Buchtouren, begeistert sich aber vor allem für das Buchcover-Model Alan (Channing Tatum, Free Guy), das sich regelmäßig das Hemd vom Leib reißt. Nach einer ihrer Buchtouren wird Loretta von Millionär Abigail Fairfaix (Daniel Radcliffe, Harry Potter, Guns Akimbo) entführt, da sich die in Lorettas neustem Roman »The Lost City of D« (angelehnt an The Lost City of Z) beschriebene Stadt als real entpuppt und Fairfax darauf aus ist, die dortigen Schätze auszuheben, bevor ein Vulkan alles zunichte macht. Zusammen mit seinem Meditationsguru Jack (Brad Pitt, Fight Club) startet das Covermodel Alan eine Rettungsmission.
Ein Film wie eine bequeme Jogginghose
Originaltitel | The Lost City |
Jahr | 2022 |
Land | USA |
Genre | Abenteuerkomödie |
Regie | Aaron Nee, Adam Nee |
Cast | Loretta Sage/Angela: Sandra Bullock Alan/Dash: Channing Tatum Abigail Fairfax: Daniel Radcliffe Beth Hatten: Da’Vine Joy Randolph Jack Trainer: Brad Pitt |
Laufzeit | 112 Minuten |
FSK | |
Veröffentlichung: 4. August 2022 |
Unter den Abenteuerfilmen ist The Lost City nun nicht der große subversive Wurf. Die Prämisse ist in ihren Grundzügen aus unzähligen anderen Abenteuerfilmen bekannt, allen voran aus Robert Zemeckis’ Auf der Jagd nach dem grünen Diamanten aus dem Jahre 1984. Schmeißt man The Lost City in das Abspielgerät, dann kann man zuverlässig erahnen, welche Eckpunkte der Film abstecken wird. Und doch fühlt man während des Schauens keine Monotonie und Langeweile, sondern eine freudig erlebte Vertrautheit, denn der Film bietet mit seinem schnellen Witz, solidem Gezanke, seiner aktuellen Popkultur und dem Auftauchen der größten Käseplatte der Welt eine Menge Spaß und wohligen Komfort. Die Regisseure Aaron und Adam Nee (Band of Robbers) fabrizieren hier ein seichtes, aber charmantes Stück Abenteuer-Romcom, das von seinem hochkarätig besetzten Star-Cast mit viel Elan und Spielfreude auf die Leinwand gehievt wird.
Bullock und Tatum; klug und treudoof
Sandra Bullocks Figur Loretta ist eine ausgebrannte Figur, die sich nach dem Tod ihres Mannes zum Eremit entwickelt hat und des Schreibens überdrüssig geworden ist. Sie kann ihren gehaltlosen Liebesromanen nichts mehr abgewinnen und schätzt sogar ihre eigene Fan-Community dafür gering, dass diese ihre Bücher mag. Bullock spielt wie so häufig eine verklemmte, kluge Frau, die es trotz Intelligenz nicht schafft, ihren Kram geregelt zu kriegen. Und ausgerechnet diese Figur wird nun in die ihr verhassten Abenteuer geworfen. Wie gesagt bewegen wir uns hier in seichten Abenteuer-Gewässern, aber dank Bullocks wohlvertrauter Herrlichkeit ist man nur allzu gerne bereit, dieser Figur in ihrem schrägen Discokugel-Outfit durch die Pampa zu folgen. Channing Tatum als Alan hingegen brilliert in der Rolle des »Himbos«: höflich, harmlos, treudoof und dabei unfassbar ‘hot’. Er hebt sich nicht durch maskuline Omnipotenz hervor, sondern durch seine emotionale Intelligenz und die unerschütterliche Unterstützung für Loretta. Es ist hinreißend zu sehen, wie Alan in seiner Rolle als Covermodel »Dash« aufgeht, während Loretta bei diesem Anblick lieber brechen möchte. Tatum weiß um seine Attraktivität und ist sich auch nicht zu fein, sie für Komik einzusetzen. Gemeinsam bilden Bullock und Tatum ein Gespann aus kruder Unbeholfenheit, das sich mitten im Survival-Modus langsam für einander zu erwärmen beginnt und sichtlich Spaß in diesem Terrain hat.
… und Brad Pitt
Wenn dann auch noch Brad Pitt auftaucht, der Alan als Ex-Navy-Seal bei dessen Rettungsmission unterstützt, weil er hinter dem Ganzen eine ‘zugekokste Darkweb-Schnitzeljagd’ wittert, ist The Lost City eine Spaß-Piñata ohne Ende. Leider beschränkt sich Pitts Anwesenheit auf Cameo-Länge, so dass man seiner Präsenz durchaus nachtrauert, ebenso der möglichen Trio-Dynamik, die durch seinen Abgang leider nie weiter erforscht wird. Der Piñata-Effekt lässt in der zweiten Filmhälfte also etwas nach. Im Nebencast ist es Lorettas Managerin Beth (Da’Vine Joy Randolph), die eisern das Fähnchen hochhält, während sie mit Trollie und High Heels bewaffnet auf Weltreise geht und selbst versucht ihr Küken zu retten – eine Nebenquest, die der ansonsten formelhaften Hauptgeschichte ein paar bizarre Momente von Humor beisteuert, zumal auch eine Ziege involviert ist. Lediglich Daniel Radcliffe als Antagonist Fairfax kommt recht eindimensional daher. Während alle anderen Darstellenden sich bequem in ihre Rolle setzen und es eine Freude ist, ihnen zuzusehen, wirkt Radcliffe mit seiner angestrengten Mimik eher fehl am Platz.
Fazit
The Lost City ist ein Film, der auf Glanz und Glamour dahergeritten kommt – so funkelnd wie Sandra Bullocks Disco-Outfit. Er ist nicht sonderlich subtil oder tiefsinnig und baut auf bekannten Storybeats auf, doch das Wichtige hierbei ist: Der Film schämt sich dafür nicht. Manchmal braucht es einfach Vorhersehbarkeit und Kitsch und durch die hochkarätige Besetzung, die sichtlich Freude am Spiel hat, verspricht der Film eine Menge Unterhaltung. The Lost City ist keine angestrengte Komödie, sondern gibt sich lockig-flockig, so dass es egal ist, wenn einer der Gags mal stecken bleibt. Denn als Ganzes ist der Film so sympathisch, dass man ihm gerne alles verzeiht.
© Paramount Pictures Germany
Veröffentlichung: 4. August 2022