Love and Monsters
Bereits im April 2020 hätte Michael Matthews Love and Monsters in die Kinos kommen sollen, doch dann schlug die Corona-Pandemie zu. Nur in einigen US-Kinos durfte der Film für ein Wochenende lang gezeigt werden, während alle anderen Interessierten leer ausgehen mussten. Netflix fasste sich ein Herz und kaufte die ungewöhnliche Fantasy-Komödie kurzerhand ein, um sie ab dem 14. April 2021 für ein breites Publikum außerhalb der USA zugänglich zu machen. Im Grunde genommen passt der Film sehr gut in unsere Zeit: Es geht um eine postapokalyptische Welt, in der 95 Prozent aller Menschen ausgelöscht wurden und in der sich Monster breit gemachten haben. Und zwar so sehr, dass sie längst zur Gewohnheit geworden sind. Zu einer “neuen Normalität” sozusagen. Genau ein Jahr später, am 14. April 2022, erschien die Heimkino-Fassung außerhalb von Netflix.
Erst sah alles gut aus: Als ein auf die Erde zurasender Asteroid per Rakete zerstört werden konnte, jubelte die Menschheit auf. Doch dann kam das Nachsehen: Nachdem Chemikalien austraten, mutierten überall die Tiere zu Monstern, die daraufhin die Menschheit verschlangen. Nur fünf Prozent der einstigen Bevölkerung ist noch am Leben. Einer von ihnen ist Joel (Dylan O’Brien, Maze Runner), der zusehen musste, wie seine Eltern getötet wurden und der von seiner Freundin Aimee (Jessica Henwick, Marvel’s Iron Fist) getrennt wurde. Sieben Jahre später haben sich die Überlebenden neu aufgestellt und Bunker unter der Erde gebaut, die ihnen in der neuen Welt Schutz geben. Eines Tages erfährt Joel, dass Aimee nur 150 Kilometer entfernt leben soll. Trotz aller Gefahren macht er sich auf den Weg, um seine Liebe wiedersehen zu können. Unterwegs begegnet er unter anderem dem grimmigen Clyde (Michael Rooker, Guardians of the Galaxy) und der knallharten Achtjährigen Minnow (Ariana Greenblat).
Vom gestrichenen Kinostart zur Netflix-Pole Position
Originaltitel | Love and Monsters |
Jahr | 2020 |
Land | USA |
Genre | Fantasy, Komödie, Action |
Regie | Michael Matthews |
Cast |
Joel Dawson: Dylan O’Brien
Aimee: Jessica Henwick Clyde Dutton: Michael Rooker Cap: Dan Ewing Minnow: Ariana Greenblatt Dana: Ellen Hollman Rocko: Tre Hale |
Laufzeit | 109 Minuten |
FSK | |
Veröffentlichung: 14. April 2022 |
Als eines der ersten Opfer der Corona-Pandemie hat Love and Monsters eine lange Entscheidungsstrecke hinter sich, bei der bis zuletzt die Hoffnung bestand, den Film im Februar 2021 doch noch irgendwie in die deutschen Kinos bringen zu können. Denn mit einer Oscar-Nominierung für die besten Effekte im Nacken wäre der Film ein zugkräftiger Grund gewesen, um sein Kino-Publikum zu finden. Dank Netflix-Verbreitung dürfen die Herzen nun also in den Wohnzimmern erobert werden, was finanziell zwar keinen Vorteil einbringt, zumindest aber mit einem Platz 1 in den hiesigen Netflix-Streamingcharts belohnt wurde. Über die Qualität des Films sagt das nun wenig aus, zumindest aber scheint das Publikum auf die originelle Produktion anzuspringen. Dabei ist der Streifen nicht einmal sonderlich innovativ geraten, wenn man einmal von den mutierten Kaltblütern absieht. Denn ansonsten ist das hier vom ersten Moment an eine muntere Verquickung aus Zombieland, Daybreak und vielen anderen ähnlichen Vertretern. Auch der Einschlag von Videospielen wie Fallout oder The Last of Us lässt sich nicht ganz von der Hand weisen.
Feel-Good-Movie geht vor Innovationskraft
Trotz bekannter Motive und nicht allzu origineller Geschichte überzeugt der Film mit seinem etwas anderen Fokus. Was sich rein thematisch als Bühne für eine düstere Horror-Dystopie anbieten würde, ist in der Praxis eine leichte Brise aus Fantasy-Komödie mit romantischer Note. Diese Genre-Gewichtung macht schlussendlich den Unterschied. Die Suche nach der Liebe in einer Welt aufgeblasener Kaltblüter birgt nicht allzu viele Überraschungen, da vieles eben relativ klassisch geschrieben ist. Dylan O’Brien als Hauptfigur Joel, der quasi eine klassische Heldenreise unternimmt und dabei etwas nah am Wasser gebaut ist, kommt ausreichend sympathisch herüber. Ansonsten bekommt man noch Michael Rooker, der ein paar launige Szenen spendiert bekam. Der Rest der Truppe bleibt da weniger im Gedächtnis, das gilt selbst für Joels Motivation Aimee.
Die Natur hat ihren Platz zurückerobert
Visuell können sich die tierischen Darsteller dieses Creature Features absolut sehen lassen. Concept Artist Andrew Baker (Creature Designer für Der Hobbit – Eine unerwartete Reise) orientiert sich bei seinen Riesenmonstern vornehmlich an Insekten. Sie sind überzeugend in das reale Bildmaterial integriert und dabei so animiert, dass die mutierten Tiere auch ein visuelles Gewicht haben. Etwas, das häufig bei CGI-Kreaturen fehlt, da die Plastizität einfach nicht ausgegoren genug ist. Die mitunter wirklich ekelhaften Monster, hinter denen sich hungrige Tötungsmaschinen verbergen, haben zugleich auch immer etwas Liebevolles an sich, sodass man sie am liebsten gar nicht mehr außer Augen lassen möchte. Auch hierin überrascht der Film, denn wo manch andere Produktion ins Groteske abrutscht, bleibt Love and Monsters angenehm geerdet. Das soll heißen: Die Schauwerte sind wohl platziert und sorgen für wenige, dafür eindrucksvolle Action-, Grusel-, Ekel- und Wow-Effekte, ohne die emotionale Wanderung Joels niederzutrampeln. Der heimliche Star sind aber nicht die mutierten Kreaturen, sondern ein ganz normaler Hund: Boy heißt der liebenswerte Australian Kelpie, der davon besessen ist, das Kleid seiner früheren Besitzerin zu beschützen und Joel immer wieder aus Notsituationen rettet.
Sympathisches Nummer-sicher-Kino
Der Film bringt stimmungsvolle Kulissen mit und die entvölkerten Landschaften sprechen für sich. Wenngleich es auffällt, dass erstaunlich wenig herumkreucht und -fleucht, wenn man vor Augen hat, dass seit dem Unglück ganze fünf Jahre vergangen sind. So ganz mag das also in der Darstellung nicht überzeugen, was nicht bedeutet, dass dennoch keine Liebe im Detail steckt. Dafür spricht auch das stattliche Budget von 30 Mio. US-Dollar. Es wäre vermessen zu sagen, dass das gesamte Budget in die kreativen Entscheidungen und den Cast geflossen sein muss. Das Drehbuch ist solide, liefert am Ende aber eben nach Dienstvorschrift. Es entfaltet sicherlich nicht den Anspruch, sein Genre neu zu erfinden und inhaltlich entwickelt sich ein zielstrebig erzähltes, aber überraschungsfreies Nummer-Sicher-Abenteuer. Man muss trotz einiger brenzliger Szenen niemals zu viel Angst um den Helden haben, denn je dümmer er sich anstellt, desto sicherer kann man sein, dass die Kette von Missgeschicken am Ende doch gut enden mag. Das macht den Film auch für eine jüngere Zielgruppe anschaubar, läuft aber vor allem bei einem erfahreneren Publikum in Gefahr, zu langweilen. Zum Ende hin ist Love and Monsters in der Hinsicht zwar nicht so mutig, wie es zu begrüßen gewesen wäre. Zumindest im Kleinen aber ist es schön, wie sich hier ein ängstlicher Junge langsam in einen Mann verwandelt, der bereit ist, für sich und andere Verantwortung zu übernehmen.
Fazit
Love and Monsters überzeugt nicht mit seiner Geschichte, sehr wohl aber mit allem anderen. Mit Herz, Seele und Charme auf der inneren, Horror, Witz und Romantik auf der äußeren Ebene. Und natürlich mit fetten Riesenfröschen, Monsterkrabben sowie Killerwürmern. Alles in allem handelt es sich um einen schön getricksten Ausflug in eine Postapokalypse, der oft unterhaltsam, unterm Strich aber auch nicht wirklich spannend ist. Aufgrund der netten Monstersammlung und dem einen oder anderen Schmunzler aber für Fans fantastischer Welten und leichter Erzählung einen Blick wert.
© Breitbild
Veröffentlichung: 14. April 2022