Moloch
Mit Midsommar erreicht die Welle des Folk-Horrors einen Höhepunkt, an dem sich alle kommenden Produktionen messen müssen. Anders als in Ari Asters tagesheller Produktion geht es in Nico van den Brinks Moloch beinahe ausschließlich düster zu. Entweder spielt die Handlung bei Nacht oder aber in düsteren Gebäuden. Viel interessanter ist allerdings der Schauplatz der Handlung: die holländische Provinz. Nach der Deutschland-Premiere auf dem Fantasy Filmfest 2022 erschien der Film am 21. Oktober 2022 fürs Heimkino.
Betriek (Sallie Harmsen, Tricked) ist Musikerin und lebt mit ihrer Tochter im Norden Hollands. Ihr Mann ist verstorben, deshalb trägt sie die Hoffnung auf einen Neuanfang in sich, seitdem sie wieder zu ihren Eltern Roelof (Fred Goessens) und Elske (Anneke Blok) zog. Die Harmonie bricht ein, als ein Einwohner, der zuvor als verhaltensauffällig galt, tot aufgefunden wird, nachdem er eine Frauenleichte entdeckt hat. Ausgrabungen befördern weitere Leichen zu Tage. Was geht hier vor?
Slow-Burn-Folk-Horror
Originaltitel | Moloch |
Jahr | 2022 |
Land | Niederlande |
Genre | Horror, Drama |
Regie | Nico van den Brink |
Cast | Betriek: Sally Harmsen Jonas: Alexandre Willaume Sonja: Markoesa Hamer Hans: Jack Wouterse Elske: Anneke Blok Roelof: Fred Goessens |
Laufzeit | 99 Minuten |
FSK | |
Veröffentlichung: 21. Oktober 2022 |
Bis man sich überhaupt über den Titel und dessen Zusammenhang mit der Handlung einmal Gedanken machen kann, vergeht einiges an Zeit. Die niederländische Produktion bewegt sich nämlich ganz im Rahmen des Slow-Burns und lässt erst einmal einige Szenen verstreichen, indem sie sich Raum für die Familienverhältnisse und -geheimnisse sowie die Kulisse nimmt. Diese ist durchaus erwähnenswert, denn die Niederlande, wie wie wir hier erleben, hat wenig mit der Vorstellung von saftigen Wiesen und farbprächtigen Tulpen zu tun, sondern stellt das genaue Gegenteil dar. Die Tristesse zehrt von dem an das Haus angrenzenden Moor und einem dichten Nebelschleier. Braun-graue Farbtöne dominieren das Bild und tauchen die Erzählwelt in Düsternis. Bis die Handlung denn einmal loslegt, sind auch schon rund 45 Minuten vergangen, in der das Publikum tief in diese Welt eingetaucht ist, sofern es die Geduld aufbringen konnte.
Alle Zutaten sind vorhanden, aber …
Ob der Subplot um die Forschungsarbeiten eine gute Idee ist? Letztlich dient dieser nur dazu, um die Handlung ins Rollen zu bringen, nimmt der Familiengeschichte aber auch kostbare Zeit. Denn die Charaktere sind vielleicht präsent, nicht aber die zwischenmenschlichen Dynamiken, um die es eigentlich gehen sollte. Somit beginnt das Drama irgendwann auch zu stocken und die Laufzeit fühlt sich überstrapaziert an. Am Ende liegt es nicht an den Darsteller:innen, dem feinen Score, dem sich im Hintergrund aufbauenden Mysterium oder der Bildsprache, sondern allein an dem fehlenden Gespür, all das so unter einen Hut zu bekommen, dass eine erzählerische Balance bleibt. Hier ist der rettende Anker, dass die gesamte Zeit über auf das letzte Drittel hingearbeitet wird, das den Film noch einmal die Kurve kriegen lässt. Wer es sich nicht bereits am Titel ableiten konnte, wird hier zumindest noch einmal eine dezente Überraschung erleben.
Fazit
Moloch ist Horror der langsamen Sorte und bewegt sich damit im Fahrwasser eines Subgenres, das sich seit den späten 2010ern großer Beliebtheit erfreut. Hier ist wohliger Grusel anstatt Terror und Spannung angesagt. Das bedarf einerseits Geduld, andererseits der Fähigkeit, das sich schleppend aufbauende Unwohlfühlen auch genießen zu können. Warum sollte man sich Moloch ansehen? Angesichts weitaus stärkerer Konkurrenz bleibt hier einzig die Authentizität ein zu verteidigender Faktor. Denn der Film fühlt sich wahnsinnig niederländisch an und nutzt seine Umgebung so, dass die Geschichte nirgendwo anders spielen könnte. Warum auch nicht? Regionaler Horror ist angesichts vieler schablonenhafter Filme eine echte Rarität.
© Splendid Film
Veröffentlichung: 21. Oktober 2022