Operation: Overlord

Nazis und Zombies – diese Mischung kennt man aus Dead Snow. Auch auf der anderen Seite des großes Teiches möchte man auf diese Kombination nicht verzichten. Mit J.J. Abrams (Super 8) als Sponsor konnte Regisseur Julius Avery (Son of a Gun) sein Zweiter Weltkrieg-Zombie-Epos finanzieren. Geschichtskenner wissen, dass sich “Operation: Overlord” auf den 6. Juni 1944 bezieht, als die westlichen Alliierten in Nordfrankreich landeten, um eine zweite Front gegen das Deutsche Reich zu errichten. Vor diesem Hintergrund handelt es sich hierbei sowohl um einen Kriegs- als auch einen Zombiefilm, der sich jedoch an den Kinokassen schwer tat: Gerade einmal 42 Mio. US-Dollar konnten bei einem Produktionsaufwand von 38 Mio. US-Dollar eingespielt werden.

Frankreich im Juni 1944: Eine US-Einheit ist auf dem Weg zu einer alten Kirche, wo sich ein deutscher Funksender befinden soll, welcher zerstört werden muss. Es kommt jedoch zu einem Helikopterabsturz und die vier überlebenden Soldaten erreichen mit Hilfe der Französin Chloe (Newcomerin Mathilde Ollivier) das betreffende Dorf. In einem Haus versteckt lauern sie SS-Hauptsturmführer Wafner (Dänemarks Exportschlager Pilou Asbæk, Ghost in the Shell) auf und nehmen diesen gefangen. Einer der Soldaten, Boyce (Jovan Adepo, Mother!), kann bis in den Keller der Kirche vordringen und wird dabei Zeuge eines grausamen Experiments. Ein Wissenschaftler der Nazis führt Untersuchungen an den lokalen Dorfbewohnern vor. Dabei handelt es sich um ein Serum, das den Körper resistenter macht und tief in die menschliche DNA eindringt. Es erschafft aus Menschen wahre Kampfmaschinen…

B-Kino mit Big Budget

Originaltitel Overlord
Jahr 2018
Land USA
Genre Action, Horror
Regisseur Julius Avery
Cast Boyce: Jovan Adepo
Ford: Wyatt Russell
Chloe: Mathilde Ollivier
Wafner: Pilou Asbæk
Tibbet: John Magaro
Chase: Iain De Caestecker
Dawson: Jacob Anderson
Rosenfeld: Dominic Applewhite
Laufzeit 110 Minuten
FSK

Produzent J.J. Abrams baute seine Bekanntheit mit Titeln wie Super 8, Cloverfield, Star Wars: Das Erwachen der Macht sowie den Star Trek-Filmen aus. Sie alle vereint eine opulente Optik, die sich auch in Operation: Overlord wiederfindet. Bereits die Eröffnungsszene ist aufwändig produziert und schildert den Abwurf der Soldaten auf spannende Weise. Julius Avery weiß aus diesem Monster an Budgettopf (was äußerst unüblich für dieses Genre ist) das Maximum hervorzuholen. Besonders die visuellen Qualitäten des Films profitieren ungemein davon, obwohl es letztlich Geschmackssache ist, ob einem das für J.J. Abrams typische Licht-Spektakel über der obligatorischen Handkamera zusagt. Außerdem sind es nicht die großen Namen, die vom Budget zehren. Angenehm fällt an der Schauspielfront auf, dass der Film es nicht notwendig hat, mit großen Namen abzulenken (das macht bereits der Name J.J. Abrams). Der Film weist klassische Erzählmuster auf, was für eine gewisse Vorhersehbarkeit sorgt. Dennoch kommen Gore-Freunde auf ihre Kosten und wenn zu Beginn gleich ein Dutzend Soldaten sterben, wirkt das realistisch und (auch dank vieler handgemachter Effekte) ungeschönt in Szene gerückt. Die Überlebenden setzen sich jedoch aus einer Handvoll Stereotypen zusammen: Eine nervige Quasselstrippe, ein Kriegskorrespondent, ein Sprengstoffexperte und eine Frau, die hier immerhin die Rolle einer Résistance-Kämpferin einnimmt. Dazwischen die Hauptfigur Boyce, die als moralischer Kompass und gleichzeitig auch als Ankerpunkt für den Zuschauer dient. Dennoch ist keiner von ihnen bloßes Kanonenfutter.

Linearität in drei Akten

Die Handlung lässt sich grob in drei Akte einteilen. Zu Beginn gibt es eine ähnlich fesselnde Eröffnungssequenz wie in Der Soldat James Ryan zu sehen, womit man den ersten Akt noch vergleichen kann. Im zweiten Part macht der Film einen Schwenk in Richtung Horror und das Drehbuchduo Billy Ray (Captain Phillips) und Mark L. Smith (The Revenant) sorgen für unheimliche Szenen. Hier wird das Profil der Figuren minimal untermauert, damit sich der emotionale Knoten lösen kann. Akt 3 sorgt für B-Movie-Unsinn à la Re-Animator und macht wohl am meisten Spaß. Obwohl unklar ist, ob Kriegsfilmfanatiker mit diesem Film warm werden können. Ebenso werden sich auch viele Horrorfans an dem stellenweise übertrieben Spektakel stören. Actionfreunde kommen allerdings definitiv auf ihre Kosten.

“Ein tausendjähriges Reich braucht tausendjährige Soldaten!”

Die Auswirkungen der Nazi-Experimente sind schwere Kost, insbesondere vor dem Hintergrund tatsächlich stattgefundener Menschenexperimente in Konzentrationslagern. Die grotesken Exzesse verfolgen hier reinen Selbstzweck und eine historische Assoziation bleibt daher fern. Dafür legen sich die Maskenbildner regelrecht ins Zeug, denn die Zombies hier können sich richtig sehen lassen. Wobei es “Zombies” nicht ganz trifft: Im Grunde sprechen wir hier von halb Mensch, halb Kreatur. In dieser Hinsicht darf sich Operation: Overlord auch als hemmungsloses Exploitation-Kino einordnen. Blut, schleimige Säcke, Eiter, Hautfetzen und sonstige biophysische Ausflüsse häufen sich in der zweiten Hälfte. Das alles hätte ebenso schnell ins Lächerliche abdriften können, kriegt aber immer die Kurve. Wer Angst hat, die Kamera dürfte aufgrund der FSK-16-Freigabe weniger draufhalten, der hat sich übrigens geschnitten. Der Härtegrad ist in einigen Szenen nämlich ziemlich hoch. Gleichzeitig verzichtet der Film auf typische Jump-Scares und Plakativität.

Fazit

Mit seinem schamlosen Genre-Mix wird Operation: Overlord hohen Ansprüchen von Zuschauern, die Wert auf künstlerische Qualitäten setzen, alles andere als gerecht. Der Film mit allen Multiplex-Kinos dieser Welt im Visier ist gradezu dazu auserkoren, “Mainstream-Kacke” und “seelenlos” geschimpft zu werden. Und dann noch Patriotismus, das genügt, um den Deckel zuzumachen. Mancher Zuschauer wird den Film sogar deutlich im Zombie-Trash verorten. Regisseur Avery versteht es allerdings, eine spannende Geschichte, Drama, ein bisschen Humor und viel Pathos in ein stimmungsvolles Gesamtkorsett zu pressen. Unterm Strich ist Operation: Overlord ein sehr runder und schön anzusehender Film, bei dem nur nie ganz klar ist, wie die Zielgruppe eigentlich genau aussieht. Action-Overkill gibt es allerdings für jeden.

Ayres

Ayres ist ein richtiger Horror- & Mystery-Junkie, liebt gute Point’n’Click-Adventures und ist Fighting Games nie abgeneigt. Besonders spannend findet er Psychologie, deshalb werden in seinem Wohnzimmer regelmäßig "Die Werwölfe von Düsterwald"-Abende veranstaltet. Sein teuerstes Hobby ist das Sammeln von Steelbooks. In seinem Besitz befinden sich mehr als 100 Blu-Ray Steelbooks aus aller Welt.

Abonnieren
Benachrichtige mich zu:
guest
0 Comments
älteste
neuste beste Bewertung
Inline Feedbacks
View all comments