Scary Stories to Tell in the Dark
Zwischen 1981 und 1991 veröffentlichte der Autor Alvin Schwartz drei Bände mit schaurigen Kurzgeschichten für Jugendliche, die in den USA Kult-Status erlangten, an Europäern allerdings spurlos vorbeizogen. Umso besser, um sich ganz ohne Vorbehalte auf Scary Stories to Tell in the Dark einzulassen. Ein Blick hinter die Kulissen schürt die Erwartungshaltung: Der norwegische Regisseur André Øvredal lieferte mit The Autopsy Of Jane Doe einen der eindrucksvollsten Horrorstreifen des Jahrzehnts ab und zu Guillermo del Toro als Produzent gibt es nicht mehr viel hinzuzufügen. Spätestens seit seinem Oscar-Sieg für Shape Of Water sollte er jedem ein Begriff sein. Vorab aufgeführt auf dem Fantasy Filmfest 2019 kommt der Titel pünktlich zu Halloween auch am 31. Oktober 2019 in die deutschen Kinos. Es empfiehlt sich hier dringend, nicht vorab den Trailer zu schauen, um die gelungenen Kreaturendesigns in voller Pracht genießen zu können.
USA, 1968. Eine Teenager-Gruppe entdeckt an Halloween in einem verlassenen Haus am Stadtrand ein Buch der sagenumwobenen Sarah Bellows. Sie ahnen nicht, dass die Autorin das eigene Buch mit einem Fluch belegte. Hätten Stella (Zoe Colletti, Skin) und ihre Freunde Michael (Die Tribute von Panem), Gabriel (Grand Budapest Hotel) und Austin (Countdown) das Werk doch nur nie angerührt. Denn die grauenhaften Geschichten um mörderische Vogelscheuchen, den fiesen Jangly Man oder Spinnen, die ihre Eier in den Köpfen von Menschen ablegen, werden schon bald Realität. Während sich die in Blut geschriebenen Geschichten neu schreiben, sucht die Gruppe fieberhaft nach einer Möglichkeit, den Fluch zu brechen …
(Doch) Nicht noch ein Teeniefilm
Originaltitel | Scary Stories to Tell in the Dark |
Jahr | 2019 |
Land | USA |
Genre | Horror |
Regisseur | André Øvredal |
Cast | Stella Nicholls: Zoe Margaret Colletti Ramón Morales: Michael Garza Auggie Hilderbrandt: Gabriel Rush Tommy Milner: Austin Abrams Sarah Bellows: Kathleen Pollard Ruth Steinberg: Natalie Ganzhorn Chuck Steinberg: Austin Zajur |
Laufzeit | 108 Minuten |
FSK | |
Seit dem 12. März 2020 im Handel erhältlich |
Teenie-Gruselstreifen eilt immer ein gewisser Ruf voraus: Dümmliche Akteure, nichtige Probleme zwischen Zahnspange und erster Liebe, Alkohol und Drogen. Von diesen Klischees kann sich Scary Stories to Tell in the Dark weitgehend freisprechen. Stella und Co. befassen sich weder mit Drogen noch Sex großartig, sondern sind zur Abwechslung mal auf die Geschehnisse, von denen ihr Leben ja nicht zuletzt abhängt, fokussiert. Das spricht für die Protagonisten, die darüber hinaus vor allem Sympathiepunkte ernten. Stella besitzt von Natur aus eine neugierige Art und ihr Vorliebe für das Morbide soll dem Voranschreiten der Handlung nur zu Gute kommen. Und wie kann man einem Teenager, welcher derart begeistert Zeit vor einer Schreibmaschine verbringt, auch ablehnend gegenüberstehen? Gott sei Dank befindet sich auch unter den anderen Teens keine Nervensäge, sieht man einmal von dem typischen Bully Tommy (The Walking Dead) und seiner Gang ab, die die Clique terrorisiert.
Hochklassige Produktion mit feiner Ausstattung
Dass die grausigen Geschöpfe aus Sarah Bellows Buch ein bisschen Retro-Feeling mit sich bringen, ist der sorgsamen Adaption der Schwartz-Bände zu verdanken. Guillermo del Toro, der auch am Drehbuch mitwirkte, ist Fan der Reihe und ließ seine Ideen in der Umsetzung miteinfließen. Die CGI-Kreaturen sehen fantastisch aus und sind in Sachen Creepiness vielen Horrorfilmen voraus. Allein schon diese Schauwerte machen den Film sehenswert. Auch die Ausstattung der Sets lässt darauf schließen, dass es sich hierbei um eine besser budgetierte Produktion handelt, die für die Leinwand und nicht dem Streamingdienst gemacht wurde. Müssen Vergleiche herangezogen werden, bietet sich ES (2017) dafür geradezu an. Insbesondere dann, wenn es um die individuelle Bedrohung der Teenager geht, schwingt diese Note mit. Denn jede Gefahr ist auf die individuelle Persönlichkeit ausgerichtet, wie es auch in Stephen Kings Buch der Fall ist.
Die 60er Jahre säuberlich aufgearbeitet
Bei einer Horror-Kollektion wie dieser ist es umso wichtiger, die einzelnen Geschichten durch eine stimmige Rahmenhandlung zu verbinden. Denn obwohl die Faustformel “ein Jugendlicher – ein Monster” lautet, überzeugt Øvredal mit zeitlichem Kontext. Die politische Situation der USA Ende der 60er fließt ganz am Rande mit ein, die sich in den Gefühlen der Sarah Bellows widerspiegelt. Auch das Thema Rassismus besaß noch einen ganz anderen Stellenwert als heute, was vor allem Ramón zu spüren bekommt. Ein Thema, welches man vor dem heutigen Zeitgeist ganz anders angegangen wäre. Mittlerweile ist es auch ein ganz ungewohntes Bild, Teenager ohne Smartphone zu sichten. Dieser Film verdeutlicht, wie schwierig fehlende Erreichbarkeit und wie bedeutsam Radio und Fernsehen Ende der 60er noch waren.
Fazit
Nicht ganz unerheblich für die Bewertung des Films ist die Berücksichtigung der Zielgruppe: Jugendliche. Statt Blut gibt es in Scary Stories to Tell in the Dark Gruselmomente light und den einen oder anderen Jump Scare. Originell ist das Gesamtkonzept nun zwar nicht und lässt sich spielend auf das Zehn kleine Negerlein-Prinzip herunterbrechen. Doch wie so oft gilt: Die Umsetzung kann ausgleichen, was fehlende Innovation verpasst hat. Ein horrorerfahrenes Publikum wird hier aller Wahrscheinlichkeit nach nicht das Fürchten gelehrt, doch gerade Zuschauer ab 16 Jahren wird eine qualitativ gelungene Geisterbahn geboten. Als moderner Halloween-Klassiker abseits diverser Slasher sollte man sich den ästhetisch gelungenen Titel vormerken.
© 20th Century Fox