Sinbad – Der Herr der sieben Meere
Sinbad – Der Herr der Sieben Meere steht auf der Vita der Animationsschmiede von Dreamworks nicht gerade an erster Stelle. Der 2003 erschienene Film war finanziell ein Fehlschlag, er spross demzufolge auch keine Fortsetzungen und Serienableger wie Drachenzähmen leicht gemacht oder Kung Fu Panda und auch Kritiker äußerten sich eher durchwachsen. Wie viele seiner Realfilm-Vorläufer ist Sinbad jedoch ein verdammt guter Abenteuerfilm, vielleicht sogar der unterhaltsamste von allen.
Für Sinbad – Dieb, Pirat, beinahe sogar so legendär, wie er sich aufspielt – scheint auch sein neuster nautischen Raubüberfall auf das magische (und natürlich kostbare) „Buch des Friedens“ wie am Schnürchen zu laufen, doch dann kommt es zu Komplikationen. Zum einen wird das Buch auf der Überfahrt nach Syrakus von Prinz Proteus bewacht, der nicht nur ein pflichtbewusster und hervorragender Kämpfer ist, sondern auch Sinbads entfremdeter bester Freund aus Kindheitstagen. Und dann ist da noch die Göttin des Chaos, Eris, die aus purer Freude an der Unordnung ein Seemonster auf die beiden entzweiten Freunde hetzt, die sich aber im Kampf gegen das tentakelige Ungetüm wie zu besten Zeiten erfolgreich zusammenraufen. Als gefeierter Gast von Proteus in Syrakus empfangen, verwirft Sinbad seltsamerweise schnell seinen Plan, das Buch aus der Schatzkammer zu stehlen. Als er Proteus‘ Verlobte Marina erblickt, möchte er die Stadt nur noch so schnell wie möglich verlassen. Eris schlüpft unterdessen jedoch in Sinbads Gestalt und entwendet selbst das Buch des Friedens. Ausnahmsweise unschuldig wird der Pirat als Bauernopfer angeklagt und kurzerhand zu Tode verurteilt, doch überzeugt von der Unschuld seines Freundes steht Proteus für diesen als Pfand ein. Sinbad hat nun also eine kurze Zeitspanne um das Buch aus Eris‘ Reich Tartarus zurück zu stehlen, ehe Proteus statt seiner hingerichtet wird, denkt aber eher an einen frühen Ruhestand auf den Fidschi-Inseln. Umso besser, dass sich Marina an Bord seines Schiffes geschlichen hat, um sicherzustellen, dass der Profidieb seine Aufgabe tatsächlich erfüllt.
Von Scheherazade zu Dreamworks
Originaltitel | Sinbad – Legend of the Seven Seas |
Jahr | 2003 |
Land | USA |
Genre | Abenteuer |
Regie | Patrick Gilmore, Tim Johnson |
Cast | Sinbad: Brad Pitt Marina: Catherine Zeta-Jones Eris: Michelle Pfeiffer Proteus: Joseph Fiennes Kale: Dennis Haysbert |
Laufzeit | 85 Minuten |
FSK |
Die Figur Sin(d)bad hat bekanntermaßen – wie auch Mainstreamkollege Aladdin – ihren Ursprung in den durch mehrere Kulturräume gewanderten Erzählungen aus Tausendundeiner Nacht, aus der sich der Film ideentechnisch genauso bedient, wie aus der griechischen Mythologie und Homers Odyssee. Entworfen wird von den Regisseuren Patrick Gilmore (Medal of Honor) und Tim Johnson (Home – Ein smektakulärer Trip) damit eine multikulturelle Mythenwelt, die sich ideal als Hintergrund für die Abenteuer des legendären Seefahrers eignet. Dieser wird für den Film zunächst wenig heldenhaft als moralisch zweifelhafter Gauner interpretiert, den nur Reichtum und das eigene Leibeswohl zu interessieren scheinen. Während Gegenspielerin Eris gerade auf diesen Egoismus baut und sich an der herannahenden Tragödie eines durch sein eigenes Königreich hingerichteten Kronprinzen mit folgendem Chaos ergötzt, versucht Marina an Proteus‘ Kindheitsfreund hinter Sinbads nervtötender Starker-Mann-Abenteurerfassade zu appellieren, nicht ohne im Folgenden selbst Gefallen und Talent für dessen Lebensstil zu entwickeln.
Wildwasser-Abenteuerfahrt in Filmlänge
Der Film präsentiert sich mit seiner schnell getakteten Handlung als mitreißende Abenteuerfahrt, in der zwischen temporeichen Actionsequenzen tatsächlich noch genug Zeit für eine überzeugende Motivation und Entwicklung der Figuren bleibt, vor allem von Sinbad und Marina. Zu dieser tragen der namenhaft besetzte Voice Cast rund um Brad Pitt (Once Upon a Time … in Hollywood) und Catherine Zeta-Jones (Die Maske des Zorro) genauso bei wie das mit überzeugenden Dialogen und geistreichen Witzeleien gespickte Drehbuch von John Logan (Last Samurai), der besonders mit der schelmisch arroganten Göttin Eris ihrer Synchronsprecherin Michelle Pfeiffer (Der Sternwanderer) die Gelegenheit gibt, ihre Stärke für Bösewicht-Rollen auszuspielen. Zudem wird der Film noch durch einen extrem einprägsamen Soundtrack von Harry Gregson-Williams (Königreich der Himmel) abgerundet, der die Geschehnisse im Film nicht nur untermalt, sondern ihnen teilweise den Rang abläuft. Sinbad brilliert als Film damit an allen Ecken und Ende, lediglich die Optik ist nicht allzu gut gealtert.
Wenn das Nicht-flache nicht gut altert
Sinbad steht in der Entwicklung des Animationsfilms an der Übergangsschwelle zwischen handgezeichneter Zweidimensionalität sowie inzwischen dominierender computeranimierter Dreidimensionalität und versucht als Hybrid beides miteinander zu verbinden. Während die Figuren noch handgezeichnet sind, sind viele der Hintergründe und besonders allerlei Monster, mit denen sich Sinbad und Crew herumschlagen, computeranimiert. Das sieht nicht schlecht aus, für die zeitgenössische Kritik sah es sogar sehr eindrucksvoll und lobenswert aus. Während sich handgezeichnete Filme jedoch über die Jahrzehnte optisch eher stilistisch und nicht qualitativ entwickeln, sieht man besonders früher Computertricktechnik ihr Alter durch die rasende Weiterentwicklung schnell an. Möchte man bei Sinbad also auf Details achten, wie Bewegungen, Hintergrundfiguren oder wie sich das animierte Wasser verhält, sieht der Film inzwischen etwas unglücklich aus. Es sind jedoch auch Details, die sich leicht ignorieren lassen bzw. für die man bei der Rasanz des Films schwer die Zeit findet.
Fazit
Ich habe ehrlich keine Ahnung, wie oft ich diesen Film schon gesehen habe. Ich liebe Sinbad – Der Herr der sieben Meere. Objektiv betrachtet gibt es – klar, sicher, natürlich – bestimmt bessere Filme, mit besserer Geschichte, geschickter erzählt, kreativer, yadda yadda yadda, aber: keiner macht mir so unglaublich viel Spaß wie dieser. Es sind einfach gute 90 Minuten Abenteuerfilm pur mit rasanter, fantasievoller, von der Musik von Gregson-Williams vorangepeitschter Handlung, welche genau das richtige Gegengewicht an ruhigen und gefühlvollen Momenten hat, um die Figuren abzurunden. Ich liebe Sinbad mit seiner Sprüche-reißenden Prahlhans-Fassade, ich liebe Marina und wie sie ihm auf seinem Schiff in kürzester Zeit den Rang abläuft und ich liebe Eris. Die Designidee der konstant umherfließenden und formwechselnden Chaosgöttin ist großartig und darüber hinaus mag ich, dass sie schlicht aus schelmischem Vergnügen heraus Unheil stiftet, ohne einen mit irgendwelchen fehlgeleiteten Weltverbesserer-Motiven oder sonstigen Antagonisten-Schrullen zu belästigen.
© Universal Pictures
Im Handel erhältlich:
Ich liebe Sinbad auch! Dieser Film gehört zu den wenigen, die ich gerne immer mal wieder sehe, wenn ich eine Dosis Kuscheligkeit brauche. Die geradlinig gestrickte Geschichte überrascht mit kleinen Ausflügen in die Hintergründe der Charaktere, wobei sich zeigt, dass Sinbad und Proteus einander sehr verbunden waren/sind und Sinbads Karriere als Pirat darauf fußt, dass er seinem Freund nicht in die Quere kommen will. Marina als Stein des Anstoßes passt tatsächlich prima zu dem Angeber, der hinter seinen starken Sprüchen eine ziemlich weiche und verletzliche Seite versteckt. Sie lässt sich nicht unterbuttern, hat selbst als Gefangene noch das Heft in der Hand (und die Besatzung auf ihrer Seite …) und erweist sich in höchster Not als Retterin. Der Soundtrack ist einfach genial, egal, ob beim Ablegen des Schiffes, bei der Fahrt durch die Felsen oder als Sinbad Marina seine Liebe gesteht. Hach, der ganze Film besteht für mich aus Szenen, die ich immer wieder sehen könnte!