The Beast
Das Spiel funktioniert in beide Richtungen: Zumeist wird in den USA das Remake eines asiatischen Hits produziert. Im Falle von Lee Jung-hos Thriller The Beast liegt der Originalfilm in Frankreich: 36 – Tödliche Rivalen mit Gérard Depardieu. Immerhin liegen zwischen Original und Remake ganze 15 Jahre, sodass sich eine jüngere Zuschauer-Generation ganz unbefangen aus das südkoreanische Remake einlassen kann. Die große Inspiration bleibt allerdings aus und so beschäftigt sich die Produktion mit der schon häufig herauf und hinunter diskutierten Idee, ob der Zweck die Mittel heiligt. Seine deutsche Premiere fand auf den Fantasy Filmfest White Nights 2020 statt.
Incheon, Südkorea. Seit Wochen ist eine 17-jährige Schülerin verschwunden. Spuren bleiben aus, bis einzelne Körperteile den Strand entlang gespült werden. Der Druck der Öffentlichkeit ist groß, den Fall möglichst rasch aufzuklären. Und so wird er zwei konkurrierenden Polizei-Teams übergeben, jeweils angeführt von dem abgebrühten Jeong Han-Soo (Lee Sung-Min) und dem gesetzestreuen Han Min-Tae (Yoo Jae-Myung). Im Raum steht eine Beförderung und so entbrennt ein Konkurrenzkampf. Jeder Erfolg ist eine Demütigung für die andere Seite. Doch weitere Parteien sind in den Fall verstrickt: Mafia-Clans und ein psychopathischer Serienkiller. Und wie das so ist, verlangt jedes Vorankommen eine Gegenleistung …
Viel Zeit für zuviel Handlung
Originaltitel | Biseuteo |
Jahr | 2019 |
Land | Südkorea |
Genre | Thriller |
Regie | Jung-ho Lee |
Cast | Han Min Tae: Jae-myung Yoo Jeong Han Soo: Sung-min Lee |
Laufzeit | 130 Minuten |
Seit dem 5. März 2020 im Handel erhältlich |
The Beast hat sich viel vorgenommen: In 130 Minuten soll jede Menge Handlung gepackt werden. Dafür wird der ohnehin schon verworrene Plot mit Unter- und Nebensträngen ausgestattet und als Zuschauer ist gar nicht so recht offensichtlich, ob man nun für den Mordfall an sich interessieren soll oder eher Leidenschaft für die Rivalität der beiden Cops entwickeln muss. Denn in beiden Fällen (sowie sämtlichen sich daraus ergebenden Seitensträngen) gelingt es dem Drehbuch nicht, einen brauchbaren Bogen zu spannen. Das gegenseitige Misstrauen ermöglicht zumindest die eine oder andere noch halbwegs packende Situation, doch unterm Strich findet kein Vorankommen statt – und das, obwohl ständig etwas geschieht.
Kein Händchen für Spannung
Problem Nummer 2: Die Höhepunkte bleiben auf der Strecke. Da existiert eine Szene, in der eine mehrköpfige Einsatztruppe das Domizil eines Verdächtigen innerhalb eines Wohnkomplexes räumen will. Soweit, so gut. Doch anstatt hier auf den Punkt zu kommen, verschenkt das Drehbuch Unmengen an Zeit, bis die Ermittler nach diversen Prügeleien überhaupt einmal in der Wohnung des Zielobjekts angelangt sind. Bis dahin ist dann auch die Luft heraus. Nicht die einzige Szene, in der ein Spannungsmoment völlig ins Leere läuft. Das alleine auf das Drehbuch zu schieben, würde nicht den Kern treffen. Es sind auch die Figuren, für die Begeisterung aufgebracht werden soll, die aber über keine nennenswerten Persönlichkeiten verfügen. Wie soll man sich dort auf eine Seite schlagen? Jung-Ho Lee, der selbst auch für das Drehbuch zuständig ist (es ist sein zweites nach The Tooth and the Nail) tut sich generell schwer damit, seine Figuren so zu charakterisieren, dass sie einem nicht völlig egal sind. Er verlässt sich darauf, dass die Dynamik zwischen ihnen schon etwas in Bewegung bringen wird – nur was genau?
Fazit
Auf dem Papier macht The Beast durchaus noch einen spannenden Eindruck. Auch die Kulisse Incheons erweckt den Eindruck, ein perfektes Setting für einen abgründigen Cop-Thriller zu sein. Doch der an sich hochwertigen Produktion fehlt ein Regisseur und Drehbuchautor mit Gespür für Timing, Charaktere und Momente, die nicht auf ein Nirgendwo zusteuern. Ein Gespür dafür, wann sich die Handlung zu sehr ins Endlose erstreckt und das Erzähltempo auf der Strecke bleibt. Mit einer etwas schlankeren Agenda und einem Drehbuch, das mehr auf den Punkt kommt, hätte sich wesentlich mehr aus The Beast herausholen lassen können. In dieser Form kann die Produktion nicht mit ähnlich angelegten Titeln wie Infernal Affairs konkurrieren. Mein persönlicher Tiefpunkt ist die hanebüchene Erklärung, die auch zum Titel führt: Man sieht einem Killer nicht an, dass er ein Killer ist. Denn in jedem von uns schlummert ein Biest. Haha.
© Constantin Film
Man nehme I saw the devil, mixe Infernal Affairs hinein und zum Abgang spendiere man noch ein wenig The Chaser. Tadaaa, die langweilige Schema F Variante ist fertig. Wie Ayres schrieb, es fehlt an Erzähltempo und -gespür.