The Hunt
Was ist die beste Promotion, die ein Film erhalten kann? Na, na, na? … Spoiler: Wenn der US-Präsident himself darüber twittert. Nun sind Donald Trumps Ausführungen in der Regel nicht sonderlich fundiert und darunter ist auch seine Twitter-Hetzjagd gegen Craig Zobels (Compliance) satirischen Survival-Thriller The Hunt einzustufen. Trumps abenteuerliche Ausführung: Der Film würde das Land durch politische Hetze entzweien. Nicht, dass der mächtigste Mann der Welt dies nicht bereits mit seinem Verständnis von Politik tun würde. Geboren war also der Rummel um den Skandalfilm 2019, der schließlich auch erst 2020 anlaufen sollte, aber bereits im Vorfeld eine dicke Protestwelle an der Backe hatte. Worum geht es überhaupt? Um die Jagd auf eine Gruppe Menschen mit republikanischem Gedankengut, das von von eine Horde Liberaler auf äußerst blutige (aber eher funsplatterige) Weise gejagt wird. Die große Kino-Offensive wurde durch Corona aus dem Weg geräumt, also musste Universal Pictures auf VoD setzen, bis der Film am 3. September 2020 im Handel erschien.
Eine junge Frau (Emma Roberts, American Horror Story) erwacht mit elf anderen geknebelten Menschen auf einer Waldlichtung. Sie alle wurden unter Drogen gesetzt und besitzen keinerlei Kenntnis über ihren Aufenthaltsort. Vor ihnen befindet sich eine Holzkiste, die ein ganzes Waffenarsenal zum Vorschein bringt – sowie ein Schwein. Was soll das alles? Lange Zeit bleibt nicht zum Überlegen, denn plötzlich wird das Feuer auf die Gruppe eröffnet und die ersten Opfer fallen. Als eine der wenigen Überlebenden erreicht Crystal (Betty Gilpin, The Grudge) eine Tankstelle. Dort wartet aber keine Hilfe auf sie …
Flexible Jagdsaison
Originaltitel | The Hunt |
Jahr | 2020 |
Land | USA |
Genre | Survival-Thriller |
Regie | Craig Zobel |
Cast |
Yoga Pants: Emma Roberts
Athena: Hilary Swank Crystal: Betty Gilpin Staten Island: Ike Barinholtz Don: Wayne Duvall Gary: Ethan Suplee Vanilla Nice: Sturgill Simpson Big Red: Kate Nowlin |
Laufzeit | 90 Minuten |
FSK | |
Veröffentlichung: 3. September 2020 |
The Hunt hat eine abenteuerliche Veröffentlichungsgeschichte hinter sich und zog bereits im Vorfeld mehr Aufmerksamkeit auf sich, als sich viele Titel nur erträumen können. Erst sollte der Film zum Kinohit im Herbst 2019 werden, bis die dahinterstehende Produktionsschmiede Blumhouse Productions (Fantasy Island) den Termin aufgrund mehrerer Amokläufe nach hinten schob. Dann sorgte Donald Trump für mächtig Wirbel und schickte seine Anhänger mit der Begründung, der Film rufe zu Chaos und Hetze auf, auf die Barrikaden. Viel Gepolter und The Hunt flog aus dem Veröffentlichungskalender 2019, um einen Slot im darauffolgenden Februar zu bekommen. Und der war geprägt von der Corona-Krise und schließenden Kinos, so dass der Film nun ganz kleinlaut auf Video-on-Demand-Plattformen live gehen muss. Ärgerlich für Blumhouse Productions, denn für die breit ausgelegte Promotion war gesorgt und nun konnte gerade einmal Der Unsichtbare noch auf hohem Sprint durch die Ziellinie schießen. Aber auch das mächtigste Getöse hilft nicht: Trotz spaßiger Splatter-Szenen ist das Endprodukt bei Weitem nicht so politisch, wie von Trump dargestellt, und verrennt sich auch auf erzählerischer Ebene.
Kein Abbild der Realität
Wichtig ist, eines vorweg zu nehmen: The Hunt nimmt rein gar nichts ernst und am wenigsten sich selbst. Das bedeutet: überzeichnete Figuren und groteske Gewalteinlagen mitsamt explodierenden Köpfen. Vollgestopft mit Metaphern über Konservatismus und Faschismus sprintet die Handlung wie von der Tarantel gestochen nach vorne und lässt seine Zuschauer kaum zu Atem kommen. Nicht jeder Tod ist (von den handelnden Figuren selbst, dafür von den Autoren) gewollt, was den blutigen Spaß um einen gefährlichen Zufallsfaktor anreichert. Das sorgt für ein paar höchst unerwartete Szenen für die Zuschauer, wenn es binnen Minuten auch mal einen Wechsel zwischen den (vermeintlichen) Protagonisten gibt. Auslösende Ereignisse und Abfolge der Todesarten stellen den allergrößten Spaß von The Hunt dar. Landminen, Stacheldraht, Pfeil und Bogen. Hier passiert viel in wenigen Minuten und man erfreut sich an dem irrsinnig an den Tag gelegten Tempo, bis das Drehbuch von Damon Lindelof (LOST) und Nick Cuse (Maniac) dann mal seine eigentliche Agenda auf den Tisch bringt. Denn entgegen des Medienechos, das der Film hervorrief, geht es im Kern nicht um eine Jagd auf überzeugte Republikaner.
Höllisches Tempo und Schweinsgalopp in einem
Was folgt, ist ein irres Abgestotter diverser gesellschaftskrischer Themen: Waffengesetze, Menschenrechte, Migrationspolitik, Social Media, Fake News, Klimawandel und vieles mehr. Die volle Dröhnung an allem, was den Schlagzeilenwald der Welt in den letzten fünf Jahren dominierte. Der popkulturell aufgeladene Themenmix ist aber stets nur Stichwortgeber und führt zu keiner ernsthaften Auseinandersetzung. Das Ziel: den Zuschauer zu unterhalten und das bitte möglichst konstant. Wenig verwerflich, aber The Hunt pflückt da schon die am niedrigsten hängenden Früchte vom Baum. Eine gute Stunde funktioniert das mal hervorragend, mal passabel. Einige Passagen dürfen ohne mit der Wimper zu zucken sogar als clever und durchdacht bezeichnet werden. Worin die Geschichte schließlich aber bei der eigenen Hatz stolpert, fällt und sich nicht mehr aufraffen kann, ist die erzählerische Sackgasse. Die spaßigsten Szenen liegen alle in der ersten Viertelstunde, danach werden die Highlights deutlich überschaubarer. Auch wenn sich alle folgenden Actionszenen sehen lassen können, kracht es nie wie so schön wie noch zu Beginn. Insbesondere dann nicht, wenn man den finalen Kampf mit den ersten reißerischen Minuten gegenüberstellt. Und sowieso: Wie bringt man eine derartige Prämisse überhaupt sinnvoll zu Ende?
Es ist besser, zuvor nichts über den Cast zu wissen
Es ist besser, über die Darsteller nicht zuviel zu verraten, da The Hunt einige falsche Fährten auslegt. Der wohl prominenteste Teil des Casts, die Oscar-Preisträgerin Hilary Swank (Million Dollar Baby) in der Rolle der erzkonservativen Athena, wird nur noch von Betty Gilpin überboten, deren kommunikationsgestörte Crystal für zahlreiche Cringe-Momente sorgt. Obwohl ihre Figur mimisch wenig hergibt, überzeugt sie mit ihrer wortkargen und sich selbst zu 200 Prozent ernst nehmenden Präsenz. Weniger bemerkenswert sind dagegen andere schauspielerische Leistungen, denen das Drehbuch auch nicht viel Zeit einräumt. Gleichzeitig muss aber traurigerweise auch gesagt werden, dass der Film ohne Betty Gilpin einer Pleite gleich käme.
Fazit
Als Tiger losgesprungen und als Bettvorleger gelandet: Mit viel Rückenwind wird aus The Hunt doch nicht die große Nummer. Als Partyfilm lässt sich das Kultpotenzial der Produktion nicht von der Hand weisen, aber dann überzeugen die einzelnen Elemente schließlich doch stärker als das große Ganze. Am Ende kriegen hier alle und jeder sein Fett weg und was zu Beginn noch nach viel Politik-Satire aussieht, erweist sich als unterhaltsamer Survival-Thriller, dem merkbar die Puste ausgeht.
© Universal Pictures
Seit dem 3. September 2020 im Handel erhältlich: