The Paper Tigers
Auch Helden altern eines Tages. Nicht (nur) Superhelden, sondern auch die ganz normalen Alltagshelden des Sports. In der Actionkomödie The Paper Tigers rekrutiert Regisseur Bao Tran drei in die Jahre gekommene Kung-Fu-Meister, um sie nicht nur den Kampf gegen ein Verbrechen, sondern auch gegen Alterserscheinungen ansagen zu lassen. Entstanden ist dabei eine Hommage an die guten alten Karate Kid-Zeiten, die das Herz am rechten Fleck hat. Deutsche Zuschauer*innen konnten sich den Film auf den Fantasy Filmfest Nights 2021 ansehen und die Nostalgie einatmen, die der sympathische Film zu jeder Sekunde verbreitet. Das deutsche Mediabook erschien am 25. März 2022 bei Capelight Pictures.
Für Danny (Alain Uy, Desperation), Hing (Ron Yuan, Mulan) und Jim (Mykel Shannon Jenkins, The Gods sind die glorreichen Zeiten von Adlerkralle und Drachenfaust vorbei. Heute dominieren Übergewicht, Scheidungsprobleme und Arthritis ihr Leben. Ihre Tage als “Three Tigers”, in denen die Welt zu ihnen aufblickte, sind lange her, ehe sich ihre Wege trennten und sich der Kontakt nach und nach auflöste. Doch der Tod ihres Masters Cheung (Roger Yuan, Shang-High Noon) führt die drei Männer wieder zusammen. Es wird gemunkelt, dass ihr einstiger Meister allerdings gar nicht an einem Herzanfall ums Leben kam, sondern durch eine Kampftechnik mit dem Namen “Poison Fingers”, die von nur wenigen Akteuren des Kung-Fus beherrscht wird. Das Trio will nun den einstigen Kampfgeist wiederaufleben lassen und Master Cheungs Mörder jagen. Doch die eingerosteten Knochen wollen erst einmal in Bewegung gebracht werden …
Alter ist nur eine Zahl
Originaltitel | The Paper Tigers |
Jahr | 2020 |
Land | USA |
Genre | Martial Arts, Komödie |
Regie | Bao Tran |
Cast |
Danny: Alain Uy
Hing: Ron Yuan Jim: Mykel Shannon Jenkins Caryn: Jae Suh Park Ed: Joziah Lagonoy Sifu Cheung: Roger Yuan Ray: La’tevin Alexander Carter: Matthew Page Wing: Yuji Okumoto |
Laufzeit | 108 Minuten |
FSK | |
Veröffentlichung: 25. März 2022 |
Es ist der Albtraum eines jeden Sportlers, irgendwann zu bemerken, dass der Körper den ganz normalen Alters- und Abnutzungserscheinungen unterliegt und nicht mehr das ist, was er einmal war. Diese Erfahrung müssen auch Danny, Hing und Jim machen. Außerdem unterscheidet die Zeit der Trainings von damals zum Heute, dass die Welt mittlerweile eine andere ist und man den Problemen eines Erwachsenen einfach nicht ausweichen kann. Der Weg zurück in Spirit und vor allem Form von damals sind die Grundpfeiler von The Paper Tigers: Der als Komödie angelegte Action-Film lässt nach einer (bildlichen) Aufwärmphase die Fäuste für sich sprechen. Wenn es dann einmal so weit ist, tut das trotz allem Geplänkel im Vorfeld auch weh. Die Herausforderung geht vergleichsweise harmlos mit dem Verdreschen übermütiger Novizen los, die von sich behaupten, ebenfalls Cheungs Schüler zu sein, und steigert sich dann zu wesentlich ernsthafteren Gegnern. Etwas, das dem Film gelingt: Auch wenn die Tonalität fast durchgehend leichtfüßig ist, werden die Kampfchoreografien mit verstreichender Zeit immer spektakulärer. Es ist beeindruckend, welche Leistung die drei Hauptdarsteller physisch an den Tag legen, auch wenn Alain Uy überwiegend im Mittelpunkt steht.
Generischer Plot mit Alter-Abweichung
Mit fast zwei Stunden ist The Paper Tigers deutlich zu lang geraten für eine seichte Action-Komödie. In Flashbacks wird die Vergangenheit der drei Schüler von damals nach und nach aufgearbeitet. Ein löblicher Versuch, die einzelnen Profile zu schärfen. Mit Blick auf das Ziel des Films wäre das gar nicht einmal unbedingt von Nöten gewesen. Schließlich handelt es sich im Herzen der Erzählung noch immer um eine Komödie, die das richtige Gespür für die Platzierung ihrer Gags besitzt. Deshalb sind die Ansprüche an den Plot, der das widergibt, woraus die meisten Filme dieser Art gestrickt sind (“Du hast meine(n) ___ getötet, ich werde ihn/sie rächen!”) auch maximal gering zu halten. So ziemlich alles, was die Handlung hergibt, lässt sich auch in 90 Prozent aller Martial Arts-Filme finden. Bis eben auf das Alter der Protagonisten, wovon die Geschichte und der Gag-Reichtum etliche Male zehren können. Die Suche nach großer Innovation ist hier definitiv fehladressiert.
Vision eines diversen Casts vs. White-Washing
Geschrieben wurde das Drehbuch bereits 2011 von Bao Tran, der selbst Martial Arts studierte und dessen Herz für den Kampfsport und Martial Arts-Filme der alten Schule schlägt. In Hollywood zeigten sich die Studios allerdings wenig begeistert von der Idee eines Martial Art-Films mit einem divers angelegten Cast, welcher obendrein von einem asiatischen Schauspieler angeführt wird. Es wurden die Namen der Allzweck-Waffen Bruce Willis und Nicolas Cage ins Spiel gebracht, um Massentauglichkeit gewährleisten zu können, woraufhin die Produktion das Angebot schließlich zurückzog und an ihrer Vision eines gemischten Casts festhielt. Wo sich eine Türe schließt, öffnet sich eine neue: Die Finanzierung des Projekts gelang schließlich über die Crowdfunding-Plattform Kickstarter, wo das Projekt mehr als 1 Mio. US-Dollar für den Budget-Topf lockern konnte. Somit gelang es Bao Tran am Ende also doch, seinen Traum eines nostalgisch aufgeladenen Martial Arts-Films umzusetzen ohne sich dem kreativen Einfluss der Studios zu beugen. Das Ergebnis bringt auch ein dementsprechendes “pures” Gefühl mit sich, da man dem Resultat anmerkt, dass an vielen Ecken und Enden Improvisation waltete, aber immer mit Leib und Seele. Zwar ist dem Film anzusehen, dass er kein sonderlich hohes Budget verschlungen hat, doch überzeugt er mit seiner handgemachten Action jenseits irgendwelcher Effekthascherei. Auch die Kulisse Chinatowns trägt ihren Teil für eine authentische Stimmung bei.
Fazit
Die Entstehungsgeschichte von The Paper Tigers ist ebenso ehrenhaft wie der Kodex, dem die Protagonisten folgen. Der leichteste Weg, die zum Teil unaufgeregte Erzählweise von The Paper Tigers zu genießen, ist es, wenn man den persönlichen Fokus auf die Chemie der drei Protagonisten legt, deren Interaktionen abbilden, wie besonders eine gereifte und wieder aufgeblühte Freundschaft doch sein kann. In Sachen Look & Feel liegt der Film völlig außerhalb einer Zeit, wo alles opulent aussehen muss, und ist deshalb eher bei einem Publikum aufgehoben, das Martials Arts-Titel, die 35 oder mehr Jahre auf dem Buckel haben, kennt und zu genießen weiß. Darüber hinaus will der Film einfach gefallen, Spaß machen und für Lacher sorgen. Nicht die schlechteste Ambition im Jahr 2021.
© Capelight Pictures