Tone-Deaf

Die Jugend von heute. Welche Generation Ü50 findet nicht die die U30er maßlos übertrieben, oberflächlich und nichts auf die Beine kriegend? Wenn die Baby Boomer erst einmal auf die Millenials stoßen, bleibt nichts mehr sicher. Und überhaupt: Was haben die Teens heute im Kopf außer Internet, Smartphones und Selbstdarstellung? Gefährlich wird es, wenn ein Prachtexemplar dieser Generation einen Wochenendurlaub in der Behausung der anderen Seite plant. Denn im Falle von Tone-Deaf ist unser Baby Boomer ein echter Psychopath, dessen Blickwinkel auf die Generation von heute kaum ordinärer sein könnte. Vorhang auf für die Backwoodslasher-Comedy von Richard Bates Jr. (Excision), welche einen Spiegel auf den Generationenkonflikt der USA hält.

 

Olive (Amanda Crew, Jobs) ist ein echter Pechvogel und das eigentlich schon ihr ganzes Leben lang. Als sie ein Kind war, brachte sich ihr Vater um. Aktuell sieht es auch nicht rosig für die junge Frau aus: Sie verliert nicht nur ihren Freund, sondern auch noch ihren Job und ihre Freundinnen tratschen hinter ihrem Rücken über sie. Zeit für einen temporären Tapetenwechsel. Entspannung findet man am besten auf dem Land, das weiß jeder Großstadtmensch. So mietet sie sich jedenfalls auf Empfehlung ihrer Mutter das Anwesen von Harvey (Robert Patrick, Terminator 2). Dieser hingegen ist der verpeilten Mittzwanzigerin gegenüber bereits voreingenommen. Denn ehe der Witwer aus dem Leben scheidet, will er noch einige abgefahrene Dinge tun, für die er in jungen Jahren lange Zeit im Knast verbracht hätte …

Der Motor brummt, kommt aber nicht in Gang

Originaltitel Tone-Deaf
Jahr 2019
Land USA
Genre Satire
Regisseur Richard Bates Jr.
Cast Olive: Amanda Crew
Harvey: Robert Patrick
Lenore: Hayley Marie Norman
Uriah: Johnny Pemberton
Agnes: Nancy Linehan Charles
Laufzeit 87 Minuten

Regisseur und Drehbuchautor Richard Bates Jr. versucht sich an einer Horror-Satire, die einen überaus bekannten Konflikt in überspitzter Form aufgreift. In seiner letzten Filmproduktion Trash Fire konnte er schließlich demonstrieren, dass er nicht nur Humor, sondern auch schwarzen Humor versteht. Doch wenn das Handwerkszeug versagt, ist guter Rat teuer. Trotz des Versuchs, die vierte Wand zu durchbrechen und seine Figuren wie in Deadpool mit dem Publikum kommunizieren zu lassen, will der Motor nicht so richtig in Gang kommen. Da hilft es nichts, dass Protagonistin und Antagonist zwei Extreme besetzen, welche sie zwar ausfüllen, aber auf einer eher nervige als unterhaltsame Weise. Während Olive dem Zuschauer mit ihrer Naivität auf den Geist geht, sind Harveys Hasstiraden geradezu peinlich. Robert Patrick gibt mit seinen zynischen Monologen noch die bessere Figur ab, aber unterm Strich ist das Spektrum, in dem sich beide Figuren bewegen, sehr schnell ausgelotet.

Ernsthaftigkeit und Komik im Kampf. Und beide verlieren.

Ein völliger Untergang ist der Film trotz allen Bemühungen nicht, denn auf die Situationskomik ist Verlass. So sorgen allerlei doofe Zufälle dafür, dass Harveys Pläne und Mordlüste immer wieder auf witzige Art und Weise torpediert werden. Hier blitzt dann auch immer wieder auf, was aus der Geschichte tatsächlich hätte herausgeholt werden können. Doch dafür fehlt es einfach auch quantitativ an guten Einfällen. Richard Bates Jr. steht für schräge Figuren und besondere Szenarien. Dafür arbeitet er in diesem Fall auch gerne mit Traumsequenzen und optischen Spielereien, die nett anzusehen sind, jedoch kaum über Inhaltsschwächen hinwegtrösten. Nicht aber von der Hand zu weisen ist der Blick auf das gegenwärtige Amerika, welches sich in beiden Extremen wiederfindet. Sowohl in Olives Lifestyle als auch Harveys konservativer Betrachtungsweise.

Fazit

Es ist schwer festzuhalten, was Tone-Deaf genau sein möchte. Um eine bissige Komödie zu sein, fällt der Rahmen zu seicht aus. Als Thriller kommt der Film ebenfalls nicht in Frage, da hierfür eine nötige ernsthafte Herangehensweise fehlt, welche essenziell ist, um mit den Figuren zu fiebern. Somit bleibt eine bitterböse sein wollende Satire, die am Ende weit weniger brutal ist, als sie es gerne wäre. Langweilig wird es tatsächlich nicht und bis zu dem geradlinigen letzten Drittel ist auch immer für Unterhaltung gesorgt. Ärgerlich ist nur, dass jeder Anflug eines Spannungsbogens direkt wieder unter der Unentschlossenheit des Drehbuchs zusammenbricht und sofort von humorvollen Einlagen begraben wird.

© Lightning Entertainment

Ayres

Ayres ist ein richtiger Horror- & Mystery-Junkie, liebt gute Point’n’Click-Adventures und ist Fighting Games nie abgeneigt. Besonders spannend findet er Psychologie, deshalb werden in seinem Wohnzimmer regelmäßig "Die Werwölfe von Düsterwald"-Abende veranstaltet. Sein teuerstes Hobby ist das Sammeln von Steelbooks. In seinem Besitz befinden sich mehr als 100 Blu-Ray Steelbooks aus aller Welt.

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