Underwater – Es ist erwacht
Aliens im All kennen wir zur Genüge und Monster in Höhlen haben wir auch unendliche Male angetroffen. Wo bleibt da die Abwechslung? Regisseur William Eubank verschlägt es in seinem dritten Spielfilm Underwater – Es ist erwacht nun unter den Meeresspiegel. Mit Love und Signal lieferte er bereits zwei Science Fiction-Beiträge ab, nun bleiben wir auf der Erde. Zugegeben: Das Resultat fühlt sich nicht so an, als würde dies einen großen Unterschied machen. Denn abgesehen von den erschwerenden Bedingungen Wasser und Luftdruck ist Underwater – Es ist erwacht von seiner DNA her ein lupenreiner SciFi-Titel. Der Survival-Schocker entpuppt sich als eine Mixtur aus Alien (oder noch präziser: Daniél Espinosas Life) und Neil Marshalls The Descent – Abgrund des Grauens und ist der erste Horrortitel, der 2020 die deutschen Kinos erreichte.
Die Maschineningenieurin Norah (Kristen Stewart, Snow White and the Huntsman) ist Teil der Crew auf einer riesigen Kepler-Forschungsstation. Gerade als sie Zähne putzt, bemerkt sie ein Beben, und Sekunden später brechen Wasserfluten durch die Wände. Sie stürzt durch die glitschigen Gänge, vorbei an Leichen ihrer Kollegen, und kann sich gemeinsam mit ein paar anderen Überlebenden in einen sicheren Bereich retten. Die Gruppe sieht nur einen Ausweg: Die naheliegende Bohrstation. Doch es sind nicht nur die tödlichen Bedingungen der Unterwasserwelt, die ihnen Schwierigkeiten bereiten, sondern auch ein monströses Wesen, das offenbar aus dem Schlaf gerissen wurde …
“Ist das nicht die aus Twilight?”
Originaltitel | Underwater |
Jahr | 2020 |
Land | USA |
Genre | Survival-Horror |
Regie | William Eubank |
Cast | Norah: Kristen Stewart Emily: Jessica Henwick Captain Lucien: Vincent Cassel Liam: John Gallagher Jr. Paul: T.J. Miller |
Laufzeit | 95 Minuten |
FSK | |
Seit dem 20. Mai 2020 im Handel erhältlich |
Kristen Stewart ist für viele (ähnlich wie ihr einstiger Twilight-Kollege Robert Pattinson) ein Reizthema. Vorgeworfen werden ihr Ausdruckslosigkeit und eine eingefrorene Miene. Dabei hat sich Stewart seit dem Ende von Breaking Dawn – Biss zum Ende der Nacht (2012) mit zahlreichen Filmen von ihrem einstigen Teenie-Image freigespielt. Parallel zum deutschen Kinostart von Underwater ist sie neben Naomi Scott und Ellinska in 3 Engel für Charlie zu sehen. Zugegeben: Viele Emotionen kann sie in Underwater nicht zeigen. Ihre Figur Norah ist Spielball der Umstände, besitzt aber Kampfgeist und den nötigen Biss, um das Leben der anderen über das eigene zu stellen. Überdeutlich wird aber, dass ihre Physiognomie an Sigourney Weaver in Alien angepasst ist. Kurze blonde Haare, ein kämpferischer Gesichtsausdruck und ein burschikoses Auftreten im Tanktop tragen ihren Teil dazu bei, dass zu keiner Sekunde der Eindruck vermittelt wird, die Hauptdarstellerin sei dafür da, optische Reize der Marke “sexy Heldin” zu übermitteln. Genau in diesem Punkt macht Stewart eine wunderbare Figur: Auf das Wesentliche reduziert, aber immer mit dem Kopf bei der Sache. Nora ist eine Sympathieträgerin, ohne sich darum bemühen zu müssen.
Es prescht voran: Der Dampfhammer
Die Einführung erfolgt marginal, William Eubank prescht bereits nach wenigen Minuten los, um den Zuschauer mitten ins Geschehen zu reißen. Er nutzt die einleitende Hektik, um dem Publikum die Unterwasser-Regeln näher zu bringen und ein Gefühl für die tödlichen Gefahren zu vermitteln. Ab hier lässt Underwater auch niemanden mehr zur Ruhe kommen, denn die Erzählgeschwindigkeit bleibt konstant hoch. Ist der Zuschauer dann nach der ersten Tour de Force erst einmal wieder im Kinosessel wieder etwas höher gerutscht, bleibt auch mehr Freiraum, um neben dem Weg der Crew zur Bohrinsel Charaktermomente zu finden.
Genrebedingt bleibt das Personal hier allerdings eher eindimensional. Emily (Jessica Henwick, Marvel’s Iron Fist) ist viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um die Situation um sich herum zu verstehen, Paul (T. J. Miller, Deadpool) ist der Spaßvogel an Bord, Liam (John Gallagher Jr., Das Belko Experiment) besitzt eine Verbindung zu beiden Frauen und Captain Lucien (Vincent Cassel, Jason Bourne) verkörpert alle Werte eines Captains. Viel erfährt man nicht über sie, aber das Gezeigte reicht aus, um auf ihrer Seite zu sein. Dennoch bemüht sich das Skript um Figuren, die füreinander da sind, und verzichtet dankenswerterweise auf Saboteure, Egomanen und unsympathische Arschlöcher. Keine Selbstverständlichkeit, aber an Gefahren mangelt es hier ohnehin nicht.
Klaustrophobie-Schauer für Lovecraft-Fans
Lange Zeit bleibt ungewiss, was eigentlich nun Sache ist. Eine clevere Entscheidung, denn so kann Underwater seine Offenbarung ins letzte Drittel schieben. Kein Spoiler ist der Hinweis, dass nicht nur Fans von H.P. Lovecraft auf ihre Kosten kommen werden. Bis es soweit ist, hat die Crew hat ohnehin genug zu tun, die Dunkelheit der Tiefe lässt allenfalls Andeutungen über etwas Größeres zu, und das Sound Design erledigt einen wunderbaren Job darin, die Spannung zu befeuern. Das ungeheure Grollen kann alles oder nichts bedeuten, aber in keinem Fall etwas Gutes. Hierbei werden auch Erinnerungen an The Descent – Abgrund des Grauens wach, denn der klaustrophobische Aspekt rückt zunehmend stärker in den Mittelpunkt und bringt hier dank begrenztem Sauerstoff weitere Risiken mit sich. Hinzu kommt die völlige Orientierungslosigkeit, wenn alles unter Wasser schließlich gleich aussieht. Ein minimales Mittel, das erstaunlichen Schauer erzeugt, weil die Situation nicht auswegloser sein könnte.
Fazit
Underwater – Es ist erwacht holt alles aus seinem seltenen Setting heraus. Vergleiche mit Alien sind immer unfair, denn sobald ein Klassiker angegriffen wird, ist der Aufschrei immer groß und der Klassiker unerreichbar. Erzählerisch und qualitativ ist der Vergleich mit Life der passendere: Rasant erzählt und spannend in Szene gerückt. Die prominente Besetzung der Hauptdarstellerin könnte Segen und Fluch zugleich sein: Die einen werden umso neugieriger auf Underwater – Es ist erwacht sein, um Stewart mal von einer anderen Seite zu erleben, andere den Film meiden. Dabei stellt sie ihr schauspielerisches Können unter Beweis und bescheinigt nicht nur mit dem entscheidungsfreudigen Antrieb ihrer Figur Nora, dass sie auch andere Rollen spielen kann. Fans aus dem Horror- und Survival-Genre bekommen mal Abwechslung jenseits von Killerhaien und Alligatoren geboten, die keine Langeweile auftreten lässt.
© 20th Century Fox
Seit dem 20. Mai 2020 im Handel erhältlich
Danke für die Empfehlung. Hab mir Underwater neulich angesehen und fand ihn sehr stark, besonders auch wie man auf die Exposition größtenteils pfeift und sofort loslegt. Das Ende hab ich dann auch nicht mal ansatzweise so kommen sehen (obwohl die offene Frage dafür ja länger im Raum steht) und alles dazwischen ist Survival-Spannung pur.