Wish

Disneys hundertjähriges Bestehen wurde schon viele Jahre im Voraus geplant, brachte 2023 allerdings überwiegend finanzielle Kino-Flops hervor. Die letzte Hoffnung des Kalenderjahres liegt auf dem Animationsfilm Wish des Duos Chris Buck (Die Eiskönigin) und Regie-Debütantin Fawn Veerasunthorn (u.a. Storyboard in Raya und der letzte Drache). Ein Film, der sich wie eine Art Best of Disney anfühlt: Eine lebensfrohe Protagonistin, ein fieser Schurke, mehr oder minder schmissige Songs, ein tierischer Sidekick – und voller Anspielungen. Klingt nach Nummer Sicher? Wir verraten euch, ob der am 3. April 2024 auf Disney+ erschienene Film der richtige Titel ist, um 100 Jahre Disney zu zelebrieren.

   

Die junge Asha (Ariana DeBose, West Side Story) lebt im Königreich Rosas, das von dem mächtigen König Magnifico (Chris Pine, Wonder Woman) regiert wird. Ihr größter Wunsch ist es, bei Magnifico in die Lehre zu gehen, der die Wünsche seiner Untertanen in Form von fliegenden Kugeln in seinem Schloss hortet. Dann und wann erfüllt er einen dieser Wünsche in einer prachtvollen Zeremonie. Doch beim Vorsprechen für diese Aufgabe stellt sich für Asha heraus, dass diejenigen, die ihre Wünsche an den König abtreten, ihren Wunsch sofort vergessen und erst beim Erfüllen dessen wieder daran erinnert werden. Asha sorgt sich insbesondere um die vergessenen Wünsche ihrer Eltern. Doch als Magnifico mitbekommt, dass sie alles daran setzt, um an diese Wünsche zu kommen, entwickelt er gefährliche Allmachtsfantasien. Als Asha in ihrer Verzweiflung auch noch einen Wunschstern vom Himmel holt, entbrennt ein Kampf zwischen dem selbstgefälligen König und dem idealistischen Mädchen …

Liebeserklärung an das eigene Portfolio

Originaltitel Wish
Jahr 2023
Land USA
Genre Fantasy
Regie Chris Buck, Fawn Veerasunthorn
Cast Asha: Ariana DeBose / Patricia Meeden
König Magnifico: Chris Pine / Alexander Doering
Valentino: Alan Tudyk / Stefan Kaminski
Königin Amaya: Angelique Cabral / Jana Werner
Sabino: Victor Garber / Freimut Götsch
Sakina: Natasha Rothwell / Rubina Nath
Laufzeit 95 Minuten
FSK
Veröffentlichung: 3. April 2024 auf Disney+

Wish ist nicht rein zufällig der Film, der das 100-jährige Jubiläum des Mäusekonzerns begleitet. Das Animationswerk stützt sich inhaltlich auf einen Grundpfeiler, der sich seit Jahrzehnten durch die Werke Disneys zieht: Das Erfüllen von Wünschen, das Erwecken von Träumen zum Leben, das eigene Schicksal in die Hand nehmen. Eine universelle Botschaft, die zum Kern der Handlung wird. Der klare Fokus auf diese Motiv steht überdeutlich im Vordergrund. Oder um es böse zu formulieren: Inhaltlich ist Wish außerordentlich dünn geraten, doch die Botschaft lässt über so manches hinwegsehen oder versucht dies zumindest. Wen das nicht überzeugt, kriegt immerhin zahlreiche Easter Eggs serviert, die entdeckt werden wollen. Mal mehr, mal weniger offensichtlich werden bekannte Disney-Werke zelebriert. Etwa in Form von Zitaten, Gebäuden oder Outfits (ein Junge im Peter Pan-Outfit wird so plakativ zur Schau gestellt, dass man ihn kaum übersehen kann und auch Bambi kriegt einen Gastauftritt). Auch Ashas Freunde, sieben an der Zahl, bringen nicht ohne Zufall dieselben Eigenschaften wie die Sieben Zwerge mit. Vor allem aber die visuelle Präsentation ist absolut gelungen. Hervorzuheben ist dabei im Besonderen die Ästhethik, die mit dunkelblauen und violetten Farben die Welt von Asha ausmacht, während das Böse durch ein Giftgrün und das Gute durch strahlendes Gelb repräsentiert wird. Das farbliche Zusammenspiel schindet Eindruck und ist in sich unheimlich stimmig umgesetzt. Die Hintergründe sind dabei erstaunlich wenig ausgeleuchtet und wirken somit weniger plastisch als andere zeitgenössische Werke. Eher scheinen sie eine Erinnerung an Disney-Werke der ersten Hälfte zu sein.

Abziehbild-Protagonistin

Asha ist keine Disney-Prinzessin ‒ was an der Stelle gesagt werden muss, schließlich wird nicht jede Protagonistin dazu auserkoren. Trotzdem spielt die Geschichte überwiegend im Schloss und am Hof des Königs Magnifico. Zugutehalten muss man dem Film, dass es Asha ‒ anders als vielen Disney-Charakteren ‒ nicht darum geht, die eigenen Wünsche zu erfüllen, sondern in dem Fall die ihrer Eltern. Damit unterscheidet sie sich maßgeblich von vielen Vorgängerinnen und auch romantische Ambitionen hegt sie nicht. Nur charakterlich fällt der Unterschied gering aus: Man mag mittlerweile das Gefühl haben, dass alle Protagonistinnen bei Disney mit Abstrichen nahezu identisch sind: idealistisch, lebensfroh, stets an das Gute glaubend und ein bisschen sarkastisch. Rein optisch gibt es mittlerweile dank gelebten Diversitätsbemühungen große Unterschiede. So löblich die Ambitionen darum auch sind, so wenig in Erinnerung bleibt Asha als Figur. Es fehlt ihr an Ecken und Kanten, so glatt und belanglos wie sie auch zum Ende des Films hin bleibt. Ähnlich verhält es sich mit den anderen Figuren. Obwohl Wish eine Menge dafür tut, um einen breitgefächerten und diversen Figurenreigen aufzubauen, hinterlässt nur der Bösewicht Magnifico einen Eindruck. Einen selbstverliebteren Bösewicht gab es bei Disney bislang nicht ‒ er zitiert sogar die böse Stiefmutter aus Schneewittchen, wenn es um die Bestätigung seines Äußeren geht. Damit fällt er noch aus der Reihe, was man nicht von dem tierischen Sidekick Valentino (Alan Tudyk) behaupten kann. Das zuckersüß-rebellische Zieglein erfüllt eher das Soll an eine Disney-Produktion mit lechzendem Blick auf Merchandise, als dass Valentino sich aus einer breiten Menge hervorhebt.

Kein moderner Soundtrack-Klassiker

Wish erhebt zudem den Anspruch, ein Disney-Film mit Musicaleinlagen zu sein. Vergleichbare Duftmarken wie in Die Eiskönigin oder Encanto bleiben allerdings aus. Natürlich ist das wie so oft reine Geschmackssache ‒ in der breiten Wahrnehmung wird allerdings keines der Stücke große Beachtung finden. Zumal der eine Top-Titel in der Songliste auch fehlt. Braucht es den immer? Mit Sicherheit nicht. Die Liste an Songs rundet zumindest den Film ab und muss auch nicht mit anderen Werken konkurrieren. Trotzdem ist es schade, dass der eine Titel fehlt, der nachhallt. Denn genau solche Eigenschaften sind es, die Wish dringend nötig hat.

Fazit

Man mag an Wish kein böses Haar lassen: Der 62. Spielfilm aus dem Hause Disney kann überall dort einen Haken setzen, wo Ansprüche an Familienunterhaltung gestellt werden. Nur erfüllt er sein Soll mit eher durchschnittlichen Qualitäten und ist auf keinem Gebiet wirklich hervorstechend. Die Handlung macht Spaß, die Figuren sind sympathisch und die Optik überzeugt mit cleverer Nutzung der Farbpalette. Beschweren kann man sich über all das kaum. Nur: Die Magie bleibt auf der Leinwand und überträgt sich nicht auf ein Publikum, die Botschaft wirkt verkopft und das Ergebnis  erreicht zu keinem Zeitpunkt den Charme anderer Disney-Titel. “Klassischer Standard” beschreibt es absolut zutreffend. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Weniger originell als viel eher ein häuslicher Streifzug durch 100 Jahre Animationsgeschichte.

© Disney

Ayres

Ayres ist ein richtiger Horror- & Mystery-Junkie, liebt gute Point’n’Click-Adventures und ist Fighting Games nie abgeneigt. Besonders spannend findet er Psychologie, deshalb werden in seinem Wohnzimmer regelmäßig "Die Werwölfe von Düsterwald"-Abende veranstaltet. Sein teuerstes Hobby ist das Sammeln von Steelbooks. In seinem Besitz befinden sich mehr als 100 Blu-Ray Steelbooks aus aller Welt.

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