Knights of Sidonia

Dass wir irgendwann auf der Suche nach einem neuen Planeten durch das Weltall fliegen werden, ist mittlerweile eine allgegenwärtige Vorstellung. Der Blame!-Mangaka Tsutomu Nihei nahm sich diese Vorstellung zur Brust und fügte seiner aus dieser Idee entstandenen Geschichte ein paar ordentliche Stolpersteine auf der Zielgeraden ein. So darf in Knights of Sidonia die Besatzung eines Raumschiffs gegen sehr lernfähige Aliens in Kampfrobotern antreten. Doch in den 15 Bänden, die dank Egmont Manga auch hierzulande erhältlich sind, warten auch noch ganz private Probleme auf den Helden der Geschichte. Das Studio Polygon Pictures (Ajin) setzte einen Teil der Story in zwei Anime-Staffeln um, jedoch können Fans sich freuen, denn eine Abschlussstaffel wurde  angekündigt. Es wird daher auch für uns Zeit, sich in den Raumanzug zu zwängen und gemeinsam mit der Besatzung in den Kampf für eine neue Heimat einzusteigen.

   

Seit mehreren Tagen konnte der junge Nagate Tanikaze nichts mehr essen, denn sein Reisvorrat ging zu Ende. Bei dem Versuch neuen zu ergattern, begegnet er das erste Mal in seinem Leben einem anderen Menschen. Dieser Kontakt öffnet ihm die Augen und er lernt, dass er sich auf dem Schiff Sidonia befindet. Einem gigantischen Weltraumkreuzer, der auf der Suche nach einem neuen Heimatplaneten durchs All fliegt, weil eine Alienrasse namens Gauna die Erde zerstörte. Da Tanikaze jahrelang in einem Simulator den Kampf mit dem Kampfroboter „Tsugumori“ erlernte, wird er Teil der Schutztruppe, die die Sidonia und deren Besatzung beschützt.

Die lange und beschwerliche Reise

Originaltitel Sidonia no Kishi
Jahr 2009
Bände 15
Genre Science-Fiction, Mecha, Drama
Autor Tsutomu Nihei
Verlag Egmont Manga (2010 – 2016)
Seit dem 6. Dezember 2010 im Handel erhältlich

Im Gegensatz zu Niheis früheren Werken ist die Handlung von Knights of Sidonia von Anfang an sehr verständlich und bleibt es vor allem auch bis zum Ende. So lernen wir genauso wie Tanikaze, was die Sidonia ist, welches Ziel sie verfolgt und wie sie es erreichen will. Das größte Problem auf ihrem Weg stellt die angriffslustige Alienrasse Gauna dar. Diese Tentakelwesen nehmen verschiedene Formen an und beweisen im Laufe der Reise, dass sie extrem lernfähig sind. So überraschen sie uns und die Besatzung immer wieder mit neuen Angriffsstrategien und bleiben bis zum Ende auch mysteriöse Wesen, weil ein direkter Austausch nicht erfolgt. Deswegen wird es in Sachen Action wirklich nie langweilig. Zum Glück findet Nihei aber auch eine gute Balance, um seine Figuren auch Verschnaufpausen zu gönnen, damit sie Raum zur Entwicklung und Entfaltung haben.

Nicht nur außerhalb des Schiffes wartet der Tod

So verwinkelt und alt wie die Sidonia schon ist (sie fliegt ja bereits seit mehr als 1000 Jahren durchs All), so geheimnisumwittert sind einige Bereiche des Schiffs und der Besatzung. Aufgrund dessen lernt unser Held, dass einige große Gefahren nicht von außerhalb kommen. Fans düsterer Elemente dürfen sich freuen, denn im Hintergrund baut sich über die Bände ein zweiter Storybogen auf, der einige frühere Ereignisse ausbuddelt. In dem Zusammenhang lernen wir zum Beispiel, wer Großvater ist, was es mit dem Kommandostab auf sich hat und was im hinteren Bereich der Tao-Schwerindustrie (Anspielung auf Blame!) vor sich geht. Eine gelungene Abwechslung zu dem eher kämpferischen Part, welcher einen subtileren Horror mit sich bringt.

Sein neues Leben

In Knights of Sidonia begleiten wir Tanikaze auf Schritt und Tritt. Wir lernen, kämpfen und lachen mit ihm, weswegen es nicht verwundert, dass er uns ans Herz wächst. Doch lässt sich auch sagen, dass er ein recht stereotyper Charakter ist, der im Kampf glänzt und in anderen Situationen in peinliche Fettnäpfchen tritt, die nicht wirklich sein müssten. Gerade in Bezug auf die Damenwelt kommt es leider immer wieder zu ungewollten Ecchi-Szenen, die eher auf die Nerven gehen, als erfreuen. Auch, dass sich im Lauf der Geschichte ein regelrechter Harem um ihn bildet, sorgt eher für Unmut. Immerhin besitzt auch Tanikaze ein paar spannende Widersprüche, die einige Figuren im Lauf der Geschichte lüften und zum Glück ergeben diese dann auch für uns Sinn. Es wirkt schon seltsam, dass er all die Jahre unentdeckt in den dunklen Ecken des Schiffs heranwuchs und dabei eine erstklassige Kampfausbildung genoss.

Eine Besatzung von Unsterblichen, Klonen und einer Bärin

Die Herzen von Science-Fiction-Lesern werden hier höher schlagen. Neben dem doch recht normal wirkenden Tanikaze wuselt wirklich alles Mögliche auf dem Schiff herum, angefangen bei einer Gruppe Damen, die aus zwölf Klonen besteht, einer Frau im Bärenkörper (Achtung, Biomega lässt grüßen) und durch Genmanipulation erschaffene Unsterbliche. Nihei griff wirklich tief in die Zukunftsgedankenkiste und packte alles was er finden könnte auf die Sidonia. Eine wirklich abwechslungsreiche Umwelt entsteht, doch bleiben viele der Figuren doch recht eindimensional. Zum Glück nicht alle, wie zum Beispiel Izana Shinatose, die weder Mann noch Frau ist, und zum besten Freund von Tanikaze wird. Auch die schöne Shizuka Hoshijiro durchlebt in der Geschichte einige herbe Schicksalsschläge. Sie macht wohl die ungewöhnlichste DNA-Reise, die wir uns vorstellen können, mit. Schließlich verwenden die Gauna einen Teil ihre Gene und Erinnerungen, um ein Zwischenwesen zu erschaffen, welches dann wiederum zu einem anderen Wesen wird, das ganz am Ende zu einem noch mal anderen Körper kommt. Puh!

Organisch und mechanisch Kontrast

Die Wohnstätten des Schiffs laden zum Verweilen ein. Viele kleine Details können von uns entdeckt werden und erwecken denEindruck, dass das Schiff alt ist und immer wieder repariert werden musste. Im Gegenzug steht das eher schlichte Charakter-Design. Hin und wieder fällt es schwer, in Knights of Sidonia die Figuren auseinander zu halten. Schließlich tragen alle Uniformen und oft stellen nur noch die Haare das größte Erkennungsmerkmal dar. Im Gegenzug gestaltete Nihei die organischen Gauna wirklich kreativ und abwechslungsreich zu einem perfekten Gegenstück zu den fast identischen mechanischen Mecha-Einheiten der Schutztruppe.

Fazit

Über die Animeserie kam ich zum Manga und darauf hin zu allem anderen von Tsutomu Nihei. Gerade deswegen nimmt Knights of Sidonia immer einen Sonderstatus bei mir ein, weil ich durch die Abenteuer von Tanikaze auf einen interessanten Mangaka stieß. Wenn ich jedoch ehrlich bin, ist die Reihe bei weitem nicht perfekt. Gerade Tanikazes Missgeschicke sind absolut nichts für mich, zumal ich sie sogar als störend empfinde. Auch sein größer werdender Harem müsste absolut nicht sein. In puncto Sympathieträger stahl sich Izana schnell in mein Herz. Ihre/Seine Wandlung innerhalb der Geschichte empfinde ich einfach als nachvollziehbar und musste auch ordentlich mitleiden, als er/sie im Kampf gegen Benisuzume fast stirbt und dem Tod wirklich nur knapp von der Schippe springt. . Die Kämpfe gegen die Gauna gestaltete der Autor spannend, abwechslungsreich und in der richtigen Länge. So wird es nie langweilig, was bei einer solch langen Reihen schnell hätte passieren können. Gerade der düstere Part mit Norio Kunato, sowie Ochiai baut einen schönen Spannungsbogen auf, der vor allem auch Antworten mit sich bringt. Das große Finale der Reihe wählte der Autor wirklich perfekt, denn ironischerweise bekommt der gefundene Planet nur durch die Gauna pflanzliches Leben. Zum Glück ändert sich das schlichte Design der Figuren im späteren Verlauf noch etwas, denn es wird detaillierter. Ggenauso gestaltet sich die anfänglich dickeren, plump wirkende Linienführungen im Laufe der Bände viel feiner. Von Anfang an begeistern mich die Wohnblöcke der Sidonia. Auf diese Zeichnungen könnte ich wirklich stundenlang bewundern, weil so viele kleine Dinge zu entdecken sind. Bei den spektakulären Kämpfen hatte ich zwar hier und da anfangs Probleme zu erkennen, was jetzt was ist, aber mit der Zeit wurde es besser. Fans actionreicherer Zukunftsvisionen sollten wirklich einen Blick riskieren.

© Egmont Manga

Aki

Aki verdient ihre Brötchen als Concierge in einem großen Wissenstempel. Nie verlässt sie das Haus ohne Mütze, Kamera oder Lesestoff. Bei ihren Streifzügen durch die komplette Medienlandschaft ziehen sie besonders historische Geschichten an. Den Titel Sherlock Holmes verdiente sie sich in ihrem Freundeskreis, da keine Storywendung vor ihr sicher ist. Dem Zyklus des Dunklen Turms ist sie verfallen. So sehr, dass sie nicht nur seit Jahren jeden winzig kleinen Fetzen zusammensammelt. Nein, sie hat auch das Ziel, alles von Stephen King zu lesen.

Abonnieren
Benachrichtige mich zu:
guest
0 Comments
älteste
neuste beste Bewertung
Inline Feedbacks
View all comments