Midori – Das Kamelienmädchen
“Könnte doch wenigstens mein Kopf dieser Welt entfliehen!”. So lauten die Worte der Protagonistin Midori aus dem Titel Midori – Das Kamelienmädchen, die gezwungen wird, für eine Freakshow zu arbeiten. Doch das ist noch nicht alles, denn sie ist allen möglichen Grausamkeiten durch die Showtruppe ausgeliefert. Das tragische Werk aus der Zeichenfeder von Suehiro Maruo (Der lachende Vampir) entführt die Leserschaft in eine wahrlich düstere Welt, die fernab von Positivität angesiedelt ist. Dabei bringt die Geschichte die hässlichen Seiten der Menschen ans Tageslicht. Der Verlag Reprodukt nahm sich dem Einzelband an und veröffentlichte ihn im Mai 2022 hierzulande.
Die zwölfjährige Midori zieht mit einer Freakshow durch die Lande – wenn auch nicht freiwillig. In Gegenwart der Showtruppe, die aus seltsamen Gestalten besteht, fühlt sie sich nicht zugehörig und bedroht. Das Leben mit der Showtruppe empfindet Midori immer mehr als die Hölle und so möchte sie sich aus dieser befreien. Als sich der Magier Masamitsu der Truppe anschließt, schöpft Midori erstmals Hoffnung, dass sich ihr Leben doch noch zum Guten wendet …
In den Fängen der Showtruppe
Originaltitel | Shoujo Tsubaki |
Jahr | 1984 |
Bände | 1 |
Genre | Horror, Tragödie |
Mangaka | Suehiro Maruo |
Verlag | Reprodukt (2022) |
Veröffentlichung: 9. Mai 2022 |
Die Handlung dreht sich hauptsächlich um die Protagonistin Midori, die schon in ihren jungen Jahren viele schlimme Erfahrungen machen musste. Erst verließ der Vater die Familie und dann starb auch noch kurze Zeit später die Mutter. So blieb Midori allein zurück und verkaufte aufgrund ihrer Mittellosigkeit Blumen, um in der harten Welt zu überleben. Doch dann wurde sie eines Tages von einem Mann namens Koijiro Arashi angesprochen, der sie durch nette Worte in seine Showtruppe lockte. Schnell musste Midori feststellen, dass sie in der Hölle gelandet ist. Nicht nur wartet Sklavenarbeit auf sie, sondern auch psychische und physische Gewalt, die ihr durch die anderen Mitglieder der Showtruppe zugefügt wird. Der Umstand ändert sich jedoch, als Masamitsu der Showtruppe beitritt, denn der Mann, der die westliche Magie beherrscht, findet Gefallen an Midori. Mit der Zeit entwickelt sich zwischen den beiden eine fragwürdige Beziehung.
Das Böse in der Freakshow
Der Titel spielt in den 1920ern und handelt von einer Freakshow, die sich besser als ein Wanderzirkus beschreiben lässt. Die Mitglieder davon sind teilweise deformierte Gestalten, die keinerlei Mitgefühl für Midori zeigen. Insbesondere die Schlangenfrau Benitsu, der Hermaphrodit Kanabun und der Mumienmensch Muchisute tragen dazu bei, dass es Midori nicht gerade gut geht. Zudem arbeitet Midori bis zur Erschöpfung und dennoch wird ihr keine Ruhe gegönnt, wenn sie mal krank wird. Da ist es nicht verwunderlich, dass Midori in dem deutlich älteren Masamitsu ihren Heilsbringer sieht, als dieser die Showtruppe ordentlich aufmischt und nahezu selbst zum Boss wird. Zumal sie von ihm die Anerkennung und Liebe bekommt, die sie ihrer Meinung nach verdient.
Zwischen Gewalt und Erotik
Midori – Das Kamelienmädchen von Suehiro Maruo lässt sich eindeutig den Genres Body Horror und Ero guro zuordnen. Von deformierten Körpern, Erotik bis zur expliziter Gewalt ist so gut wie alles vertreten. Die Altersempfehlung des Verlags ab 18 Jahren ist also durchaus ernstzunehmen. Somit richtet sich der Titel eindeutig an eine erwachsene Leserschaft, die mit der Tötung von Hundewelpen, Vergewaltigung oder anderen Arten von Leid mental umzugehen weiß. Wer schon bei üblichen Horror-Geschichten abgeschreckt ist, der sollte dann erst recht nicht zu diesem Manga greifen. Die Zeichnungen von Suehiro Maruo hinterlassen einen positiven, grotesken und ordentlichen Eindruck. Allerdings lässt es sich deutlich vom Stil her feststellen, dass es sich hierbei um einen Klassiker vor der Jahrtausendwende handelt. Manche Panels sind dabei etwas verwirrend, da nicht immer sofort ersichtlich ist, was Illusion und was Realität ist. Reprodukt spendierte Midori – Das Kamelienmädchen eine wertige Veröffentlichung mit Flexicover, einigen Farbseiten und qualitativ hochwertigem Papier.
Fazit
Das düstere Werk Midori – Das Kamelienmädchen stellt sichtlich nicht die gewöhnliche Manga-Kost dar, die der Leserschaft üblicherweise über den Weg läuft. Immerhin widmet sich der Titel den besonders hässlichen Seiten von Menschen, die hierin offenbart werden. Es wird dabei durchaus Ekel hervorgerufen, wodurch das Werk nicht für Zartbesaitete geeignet ist. Die Sympathie liegt ganz klar bei Midori, die so einiges durchmachen muss und bis zum Ende wünscht man ihr, dass sie dieser Hölle entkommen kann. Ansonsten bezweifle ich, dass der Titel heutzutage noch so groß schocken kann, da viele Tabuthemen schon anderweitig dargestellt wurden. Man muss eben bedenken, dass der Manga schon 1984 das Licht der Welt erblickt hat. Etwas schade finde ich, dass der Mangaka nicht mehr Zeit hatte, um die Figuren stärker auszubauen. Deswegen sollte man keine zu hohen Erwartungen an den Einzelband stellen, der aber dennoch gut gelungen ist. Letztendlich kann ich Midori – Das Kamelienmädchen allen empfehlen, die sich nicht von harten Themen abschrecken lassen und ungewöhnliche Geschichten mögen.
© Reprodukt
Veröffentlichung: 9. Mai 2022