American Horror Story (Staffel 7): Cult
In seinem siebten Jahrgang fährt American Horror Story eine ganz neue Form des Horrors auf. Nämlich den politischen Horror. In Jahr eins nach der Präsidentschaftswahl anno 2016 mit dem Sieg Donald Trumps findet Ryan Murphy ein Ventil, um den Alptraum vieler Amerikaner zu verarbeiten. Denn es geht um nichts Geringeres als geschickte Manipulation der Menge und die Macht des Personenkults. Dass es dabei nicht bleibt, wissen treue Fans der Serie. Bienenschwärme, Horrorclowns und tief in der US-Geschichte verankerter Sektenkult sind nur drei Elemente, welche Cult prägen. Eine Besonderheit hebt die siebte Staffel allerdings besonders hervor: Erstmals steht nicht der übernatürliche Horror im Vordergrund. Es geht um den menschlichen Horror, die Realität.
Das lesbische Paar Ally (Sarah Paulson) und Ivy (Allison Pill) ist verheiratet und lebt gemeinsam mit Sohnemann Oz (Cooper Dodson) im trauten Eigenheim. Ganz so harmonisch wie sich das anhören mag, ist das Leben der Mayfair-Richards jedoch nicht. Ally leidet unter der Vielzahl ihrer Phobien, wozu Clowns, Blut und wabenartige Oberflächen zählen. Auch ihr Arzt Dr. Vincent (Cheyenne Jackson) kann ihr nicht helfen. Allys geistiger Zustand gerät zunehmend außer Kontrolle, als Oz plötzlich Comics über Horrorclowns zu lesen beginnt und dann auch noch in der Nachbarschaft ein Massaker geschieht. Zeitgleich wird in der Politik der Vereinigten Staaten Amerikas ein neues Zeitalter eingeläutet.
Der xenophobe Kai (Evan Peters) sieht eine goldene Zeit gekommen. Mit dem Wahlsieg Donald Trumps fühlt er sich darin bestätigt, dass es seine Aufgabe ist, Zweifel und Misstrauen zu streuen, um Menschen für eigene Zwecke zu instrumentalisieren. Als seine Schwester Winter (Billie Lourd) als Kindermädchen für die Mayfair-Richards anheuert, werden Ungeheuer geweckt…
Kleiner Cast mit Wiederkehrern
Längst hat sich American Horror Story als Anthologie etabliert. Jedes Jahr eine andere Geschichte, das ist die Idee hinter der Serie. Einige Konstanten ziehen sich allerdings durch alle Staffeln hindurch: das Aufgreifen bekannter Horrorfilme, ein bisschen amerikanische Geschichte und außergewöhnliche Figuren, die für Diversität stehen und häufig von homosexuellen Darstellern verkörpert werden. Auch Cult hat einige Wiederholungstäter auf der Castliste stehen: Sarah Paulson (Ocean’s 8), Evan Peters (Deadpool 2) und Cheyenne Jackson (Hysteria), um nur drei Namen zu nennen. In Staffel 7 ist der Cast auffällig klein. Mit gerade einmal fünf Hauptfiguren fällt der Fokus erstaunlich überschaubar aus. Zu den Neuzugängen im Cast gehört Billie Lourd, welche bereits in Ryan Murphys Scream Queens eine der Hauptrollen ergatterte. Die bislang wenig horrorerfahrene Alison Pill (Snowpiercer) ist ebenfalls Teil des Main Casts. In Nebenrollen sind noch weitere bekannte Gesichter zu sehen, wie etwa Emma Roberts (Nerve) in einer Gastrolle. Nicht mit an Bord sind die Fanlieblinge Angela Bassett und Kathy Bates.
Der politische Mantel dient nur als Aufhänger
Originaltitel | American Horror Story: Cult |
Jahr | 2017 |
Land | USA |
Episoden | 11 (in Staffel 7) |
Genre | Horror, Satire |
Cast | Allyson „Ally“ Mayfair-Richards: Sarah Paulson Ivy Mayfair-Richards: Alison Pill Kai Anderson: Evan Peters Winter Anderson: Billie Lourd Dr. Rudy Vincent: Cheyenne Jackson Det. Jack Samuels: Colton Haynes Serena Belinda: Emma Roberts Meadow Wilton: Leslie Grossman |
Politikverdrossene Zuschauer dürfen aufatmen: Die Präsidentschaftswahl bildet nur den Rahmen der Geschichte. Zwar gibt es vereinzelt Videomaterial von Donald Trump und Hillary Clinton zu sehen, was aber lediglich dazu dient, die Hauptfiguren um eine politische Haltung zu bereichern. Für deutsche Zuschauer wohl weniger spannend als für US-Zuschauer, denen die Wahl nach der richtigen Identifikationsfigur selten einfacher fallen sollte als in dieser Staffel. Der politische Bezug weicht im Laufe der zweiten Hälfte allerdings. Das Böse wird immerhin nicht (hauptsächlich) durch Donald Trump, sondern durch das Serienurgestein Evan Peters in der Rolle des wahnsinnigen Kai Anderson verkörpert. Der aggressive Patriot hasst so ziemlich alles und jeden, der nicht wie er ist und ist damit Sinnbild des Extremismus, des Sexismus und der Diskriminierung. Auf diesem Level fungiert die Staffel sogar als wortwörtlicher Personenkult. Die Devise: Sei eine charismatische Führungsperson und sie alle werden dir folgen. Deswegen also kein Wunder, dass die Handlung einen inhaltlichen Schlenker Richtung Manson Family und Ende des Summer of Love macht. Wenn eine Figur der US-Geschichte für Personenkult steht, dann Charles Manson.
Wo ist die Subtilität hin, Herr Murphy?
Wer andere Staffeln der Serie kennt weiß, dass Ryan Murphy großer Freund von Blut und Gewalt ist. Das spiegelt sich auch in Cult wider, dessen Home Release wie die Vorgängerstaffeln eine FSK18-Freigabe erhielt. Durch das Fernbleiben jeglicher fantastischer Komponenten wiegt der Gewaltpegel umso schwerer. Denn brutales Einwirken kommt dort zum Einsatz, wo sich Menschen am meisten in Sicherheit wiegen: in den eigenen vier Wänden. Mit ihren Terrorszenen ist die siebte Staffel auch deswegen eine der intensivsten Ausgaben der Anthologie, weil das Gezeigte trotz aller Übertreibungen nie vollkommen unrealistisch oder gar abwegig ist. Das hat ebenfalls zur Folge, dass die siebte Staffel besonders plakativ ausfällt. Ein Jumpscare jagt den nächsten und es bleibt wenig Zeit, um die Figuren so intensiv kennenzulernen, dass Sympathieträger aus ihnen werden. Im Gegenteil: Ausnahmslos alle Figuren sind so überzogen, dass man ihnen eigentlich alles Schlechte gönnt. Hier wird gelogen, intrigiert und manipuliert, was das Zeug hält.
American Horror Story und die Konsistenz
Während die ersten Episoden noch relativ stringent erzählt werden, wagt die Serie im weiteren Verlauf (ihrer eigenen Tradition folgend) immer häufiger Zeitsprünge. In den ersten Flashbacks springt die Handlung bis zu zwei Jahre zurück ins verhängnisvolle Jahr 2016, später erfolgt die historische Rückblende in die 1960er. Das funktioniert eine Weile lang, bis sich die Serie (leider nicht ganz untypisch für die Reihe) zu verzetteln beginnt. Hier bricht schließlich auch die Entwicklung der Figuren ab, die augenscheinlich beliebig das (politische) Lager wechseln, über Vergangenes nur allzu schnell hinwegsehen können und in einigen Fällen auch vergessen, was ihnen zwei Episoden zuvor noch angetan wurde. In einer wöchentlichen Ausstrahlung mag das weniger stark ins Gewicht fallen als beim Ansehen der Staffel am Stück. Geschuldet ist das auch den vielen Extra-Ausflügen, die sich immer wieder ergeben. Bei diesmal sogar elf Episoden bleibt noch mehr Platz für Spielereien. Es ist nur immer eine Frage der Perspektive, ob der Zuschauer lieber einen bunten Strauß an Ideen möchte oder eine komprimierte Handlung. Manchmal würde es der Reihe gut tun, nicht auf Teufel komm raus Komplexität aufbauen zu wollen.
American Horror Story: Cult ist eine Studie über den Aufstieg des Bösen, entfacht durch clevere Manipulation der Bevölkerung und der Medien. Zeitgenössischer lässt sich Horror kaum auf den Punkt bringen und viele gute Ideen fließen in den politisch aufgeladenen Strudel hinein. Vergleichen lässt sich diese Staffel nur schwer mit ihren Vorgängern. Schließlich fehlt es für ein gelungenes Drama an überzeugenden Figuren und für Horror an ein wenig mehr Konsistenz. Konsistenz, das ist das Stichwort. Ein Faktor, der mir schon so einige Staffeln der Serie vermiest hat. Cult ist glücklicherweise ein Schritt in die richtige Richtung, wenngleich ich die Qualität der zweiten Staffelhälfte deutlich schlechter finde als die des Beginns. Doch trotz aller Kritik: Die beklemmende Inszenierung, das hohe Maß an Sozialkritik und die zu jedem Anlass aufflammende Genderdebatte hätte nicht stimmungsvoller in Szene gerückt werden können. Evan Peters spielt auf Weltklasse-Niveau und Sarah Paulson verkörpert Hysterie wie keine andere.
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