Broadchurch (Staffel 3)
Nachdem sich die ersten beiden Staffeln von Broadchurch um Mordfälle drehen, ermittelt das Ellie-Alec Duo in Staffel 3 gegen einen unbekannten Vergewaltiger. Doch alte Schrecken sitzen noch tief, auch drei Jahre nach Dannys Tod. Broadchurch Staffel 3 bildet den Abschluss der Geschichten aus der malerischen fiktiven Gemeinde.
Trish Winterman wurde vergewaltigt. Am späten Abend auf der Party ihrer Freundin Cath Atwood, zu der alle Bekannten eingeladen waren. Während Beth Latimer, die Mutter des verstorbenen Danny, sich der Seelsorge für Trish widmet, werden bei der Polizei die Ermittlungen eröffnet und alle Besucher durchleuchtet. Geheimnisse kommen ans Licht, Verdächtigungen und versteckte Gefühle. Ellie Miller arbeitet bei den Ermittlungen erneut mit Alec Hardy zusammen, der mit seiner Tochter Daisy wieder nach Broadchurch gezogen ist. Beide sind nun allein erziehende Eltern mit Kindern im Teenageralter. Auch bei den Latimers ist die Familie nicht mehr intakt. Mark leidet immer noch an Depressionen wegen Dannys nicht vergoltenem Tod und lebt nicht mehr mit Beth und seinen Kindern zusammen.
Eine detailreiche Polizeiermittlung mit einem Schuss Vergangenheitsbewältigung
Ist die zweite Staffel schon anders als die erste, schlägt die dritte wieder einen ziemlich anderen Ton an. Krimitechnisch ist sie allerdings näher an der ersten: Die Handlung dreht sich um einen Kriminalfall, der Geheimnisse der Figuren zu Tage fördert. Darüber werden Vertrauensverhältnisse auf die Probe gestellt oder zerstört. Und es gibt viele Verdächtige: Auf der Party waren über 50 Leute anwesend. Doch die Ermittlungseinheit ist für eine Vergewaltigung deutlich kleiner als die zu Dannys Tod. Stark im Fokus stehen diesmal auch Einzelheiten. In der ersten Folge nimmt sich die Serie sehr viel Zeit, um die Schritte, die Trish als Vergewaltigungsopfer durchgeht, ausgesprochen detailliert und feinfühlig zu dokumentieren. Der Versuch ist klar: Klischees zu dem Thema sollen demontiert und Opfer ermutigt werden keine Angst vor dem Gang zur Polizei zu haben.
Derweil wird auch Ausblick auf ein Leben als Opfer einer Tragödie mit den Latimers weitergezeichnet. Beth, die in der ersten Staffel noch Mark emotional anschreit, dass sie nicht davon ablassen will, um Danny zu trauern, schaut nun nach vorne und betreut Opfer von Sexualverbrechen wie Trish. Mark hingegen wird von seiner Trauer und eigenen Schuldgfühlen überwältigt und lebt in der Vergangenheit. Auch Ellie versucht vehement Joes Schatten von sich zu treiben, während Alec mit seiner Tochter Daisy nach Broadchurch zurückkehrt, weil es mit ihrer Mutter einfach nicht funktioniert. Obgleich Dannys Tod noch immer Kreise zieht ist der Fall Sandbrook allerdings nicht einmal mehr eine Erwähnung wert.
Let’s go Meta: Zweifelhafte Männlichkeit…
Originaltitel | Broadchurch |
Jahr | 2018 |
Land | Großbrittanien |
Episoden | 8 in Staffel 3 |
Genre | Krimi, Drama |
Cast | Alec Hardy: David Tennant Ellie Miller: Olivia Colman |
Alec sagt an einer Stelle, dass er sich wegen der Ereignisse schämt ein Mann zu sein. Und schamvolle Dinge vollziehen eine Menge seiner männlichen Figurenkollegen: Sei es Marks Besessenheit von Gerechtigkeit für Danny bei der er sich wie ein Patriarch aufführt, der sich im Recht sieht und seine Stimme als die der Familie betrachtet, während er ebendiese ignoriert. Seien es ein heimlich verliebter Mann, der Unmengen an Fotos von seiner Angebeteten macht und sie sogar heimlich stalkt. Sei es ein anderer, der alte Flammen heimlicher Überwachung aussetzt. Und gewalttätig sind sie auch noch: Der eine hat mal seine Frau verprügelt, was er verleugnet, der andere bedroht Taxifahrer und der nächste schlägt einen anderen nieder, weil er sich mit der eigenen Angebeteten vor ihm vergnügt hat. Und die Männer sind quasi alle um die Ecke im Alltag verankert. Es passt irgendwie auch gut zu der Prämisse, dass jeder ein Opfer werden kann, auch eine mäßig attraktive Trish in ihren Fünfzigern. Es passt auch gut als Parallele zu den ersten beiden Staffeln, in denen die Täterprofile keine absonderlichen Psychos sein müssen, sondern ganz normale Leute, wie man ihnen überall über den Weg laufen kann. Ironisch wird das alles jedoch am Ende in Hinblick auf Alecs Aussage, dass “nicht alle Männer” so seien wie der Täter und die fragwürdigen männlichen Gestalten alle irgendwie harmlos wegkommen.
… und ein wenig schmeichelhaftes Portrait jüngerer Generationen
Der Umbruch der Zeiten nimmt als übergreifendes Thema in dieser Staffel eine besonders große Rolle ein. Die Broadchurch Echo Zeitung kriselte schon in den Vorstaffeln (wenn auch vor allem in den Deleted Scenes) genauso wie die Kirche an Stellenwert verliert. In dieser Staffel holt sowohl den Pfarrer Paul als auch die Chefredakteurin Maggie die Zeit ein und sie geben ihre gegenwärtigen Metiers auf, um sich neuen Wegen zu widmen. Während abgesehen vom sensationsgeilen Reporter Oliver Stevens in den vorangehenden Staffeln jüngere Generationen nur kindlich-unschuldige Nebenrollen ausfüllen, rücken in dieser Staffel Teenager und junge Erwachsene sehr viel häufiger ins Rampenlicht. Doch zumeist in kein sonderlich positives. Nahezu jede Figur deckt eine Bandbreite von typischen Kritikpunkten der Jugend und der jungen Erwachsenen seit der Milleniumsgeneration ab: Die neue Detektivin auf dem Polizeirevier Katie Harford ist patzig, sehr ungeduldig und hinterfragt alles und jeden. Sie hat keinen Respekt vor autoritären Strukturen und ist auf Erfolg bedacht. Caroline Hughes, Maggies Chefin, ist ebenso sehr ichbezogen wie erfolgsorientiert und schert sich nicht um Moral, weil es einfach dem Zeitgeist entspricht. Leo Humphries ist arrogant, sexistisch, stolz und selbstgefällig. Cloe klebt an ihrem Smartphone und muss von ihrer Mutter Beth extra aufgefordert werden aufzusehen, damit sie miteinander reden können. Alecs Tochter Daisy hat intime Fotos von sich, die von Jungs aus ihrer Schule verbreitet werden, die Daisy sogar bei sich zu Hause aufsuchen. Daisy selbst sucht sich den bequemsten Weg, anstatt etwas bis zum Ende durchzustehen. Ellies Sohn Tom verteilt Porno-Videos in der Schule mit der Ausflucht, dass dies doch alle täten. Michael Lucas wird wie Tom suspendiert und erscheint wie ein verlotterter Jugendlicher aus einer zerrütteten Familie, während sein Stiefvater Clive einst große Karrierepläne hatte und dann doch nur ein einfacher Taxifahrer geworden ist. Alle von ihnen werden früher oder später von der älteren Generation zurecht gewiesen. Doch auch andere werden gerügt: Laura Benson wurde schwer betrunken und in Minirock vergewaltigt, weswegen sie aus Angst der öffentlichen Meinung den Täter nicht anzeigte. Es könnte geradezu eine an die Zuschauerschaft gerichtete Anschuldigung sein. Zur Mitte der Serie gibt es zumindest eine positive moderne Note, die von Trishs Tochter Leah verkörpert wird, als sie Trish zu einer Veranstaltung führt. In der finden sich Menschen zusammen, um ihre Smartphones zu einer Lichterkette in der Nacht werden zu lassen, ähnlich der Lichter zu Dannys Tod. Ein Hoffnungsschimmer, dass auch im Zeitalter von Youtube, Facebook & Co. tatsächliche menschliche Verbindungen ebenso möglich sind?
Die dritte Staffel der Serie bereitet mir irgendwie Unbehagen. Das kann man der Serie eigentlich nicht wirklich vorwerfen; Vergewaltigung ist auch ein sehr unbehagliches Thema. Doch manchmal wirkt es auf mich ein wenig, als ob einige ältere Leute im kreativen Team unbedingt das eine oder andere Hühnchen mit meiner Generation rupfen wollten. Negativ behaftete Erwachsene gibt es auch zu Hauf, aber es ist schon auffällig wie einige von ihnen zu Eingeständnissen der eigenen Fehler kommen, während das keiner der jüngeren tut. Alec ist schon nicht sehr bewandert in Softskills und Olly in den Vorstaffeln recht furchtbar, aber was Antipathien gegen diverse Figuren aus dieser Staffel angeht, sind sie die reinsten Lämmer. Ein weiterer großer Unterschied ist, dass es bei beiden persönliche Charaktereigenschaften sind. Hier hingegen erscheinen mir viele Figuren eher eine Abzeichnung der Generationenblaupausen, als eigenständige Individuen. Zusätzlich sind viele Landschaftsaufnahmen dieser Staffel erstmals mit Drohnen gedreht worden. Das ergibt einige sehr tolle Szenen, aber mit dieser Vogelperspektive kam ich mir manchmal vor wie ein Voyeur. Dennoch ist die Serie als Krimi spannend und das Thema sexueller Selbstbestimmung im aktuellen Zeitgeist sicher nicht überraschend platziert und vor allem der Ansatz der sozialen Aufklärung nie verkehrt. Nur was Auflösung des Täterprofils angeht, schlägt die Serie doch eine einfache Route ein, die man schon woanders prominenter gesehen hat.
©Studiokanal
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