Die Reise nach Westen (2018)
Die Reise nach Westen von Wu Cheng’en gehört nicht nur zu den großen Klassikern der chinesischen Literatur, sondern ist auch eine populäre Vorlage für allerlei moderne Umsetzungen, die die mediale Reise in den globalen Westen erfolgreich zurückgelegt haben. Da sind zum Beispiel die Animes/Mangas Dragonball und Saiyuki, das Videospiel Enslaved: Odyssey to the West, das filmische Zusammenkommen von Jackie Chan und Jet Li in The Forbidden Kingdom oder die Martial Arts-Serie Into the Badlands. Dem reiht sich 2018 auch die australische Netflix- und TV-Produktion The New Legends of Monkey ein, die seit dem April desselben Jahres auf der Streaming-Plattform zu sehen ist und die Zuschauer im goldenen Serienzeitalter wieder in eine Nostalgie weckende Vorzeit versetzt.
Seit vor hunderten von Jahren die Götter von den Dämonen besiegt wurden, herrschen eben diese über die Welt und haben sie zu ihrem persönlichen Spielplatz gemacht. Mit dem Aufstieg der Dämonenschaft einher geht das Verschwinden von vier Heiligen Schriftrollen sowie der Verlust des stärksten aller Götter, Monkey. Der legendäre Affenkönig fristet sein Dasein bewusstlos in einem steinernen Gefängnis und nur seine Krone kann ihn daraus wieder befreien. Ein weiser Gelehrter und sein Schüler, der Kriegermönch Tripitaka, haben die Krone gefunden und wollen Monkey nun befreien, um mit ihm die heiligen Schriftrollen wiederzufinden und die Dämonenherrschaft zu beenden. Kurz vor ihrem Ziel werden sie jedoch Opfer eines tödlichen Dämonenangriffs. Die einzige Überlebende ist die unscheinbare Pflegetochter des Gelehrten, die es schafft die Krone vor den Dämonen zu verstecken und Monkey schließlich zu befreien. Der arrogante Gott möchte von seinen angeblichen Aufgaben die heiligen Schriftrollen wiederzufinden und die Welt zu retten jedoch nichts wissen und auch die Entscheidung des jungen Mädchens selbst die Identität von Tripitaka anzunehmen hilft da wenig. Während sie versucht Monkey in die Pflicht zu nehmen, trifft sie auch auf andere versteckte Götter, wie der hilfsbereiten, aber eher dämonischen und zerstreuten Sandy sowie Pigsy, der sich mit der Dämonin Locke arrangiert hat, um ein gemütliches Leben zu bestreiten. Bevor die Reise nach Westen also überhaupt erst in Angriff genommen werden kann, gibt es viel zu tun für die neue Tripitaka.
Retro-Fernsehen im Streaming-Zeitalter
Originaltitel | The New Legends of Monkey |
Jahr | 2018 |
Land | Australien, Neuseeland |
Episoden | 10 (in 1 Staffel) |
Genre | Fantasy, Abenteuer |
Cast | Tripitaka: Luciane Buchanan Monkey: Chai Hansen Sandy: Emilie Cocquerel Pigsy: Josh Thomson Davari: Josh McKenzie Raxion: Jordan Mooney Font Demon: Jarred Blakiston Shaman: Daniel Watterson Monica: Rachel House |
Im Zeitalter durchdachter, bildgewaltiger und namenhaft besetzter Hochglanzserien wirkt Die Reise nach Westen wie ein Relikt aus alten Zeiten und das nicht nur wegen des ungenierten Synthesizer-Einsatzes in der Musikuntermalung der Serie. Ein bemerkbar bescheidenes Budget, ein unbeschwerter Ton mit viel Witz und flotten Sprüchen, in jeder Folge obligatorische Kampfeinlagen und eine abenteuerliche Reise, die sich auch durch lose zusammenhängenden Einzelepisoden und keinen dichtverwobenen Plot erzählt. Die neuen Abenteuer des Affenkönigs erinnern an die Fantasyserien der 90er wie Robin Hood (1997), Sindbads Abenteuer (1996) und besonders Hercules und Xena die Kriegerprinzessin. Serien die nach heutigen Qualitätsansprüchen etwas trashig oder schräg wirken, aber damals jugendfreundliche und fantastische Nachmittagsunterhaltung boten. Die Reise nach Westen schafft es die Stimmung eben dieser Serien einzufangen und bietet damit nicht nur leichte Streamingunterhaltung sondern auch eine ganz, ganz große Portion Wohlfühlnostalgie für jene, die sich ihre Lieblingsserien noch im mühseligen Wochenakkord auf VHS-Kassetten aufgenommen haben, inklusive dem Rausschneiden von Werbepausen.
Eher Coloring als Whitewashing
Seltsamerweise musste sich Die Reise nach Westen aufgrund seiner Besetzung den Vorwurf von Whitewashing anhören lassen. In der Tat finden sich in dieser Umsetzung des chinesischen Stoffes sehr wenige asiatischstämmige Schauspieler. Die neusseländische Darstellerin Luciane Buchanan hat jedoch genauso wie ihr Kollege Josh Thomson tongaische Wurzeln, Hautdarsteller Chai Hansen thailändische und lediglich Emilie Cocquerel europäische Wurzeln. Da zudem noch zwei von den ursprünglich vier männlichen Hauptfiguren mit Schauspielerinnen besetzt wurden, ist der Cast bunt gemischt ausgefallen und repräsentiert eher schlicht die Produktionsregion. Wo bei der Interpretation einer Fantasygeschichte aus dem 16. Jahrhundert. basierend auf der tatsächlichen Reise eines Mönches aus dem siebten Jahrhundert. aber überhaupt historische, geographische und demografische Authentizitätsansprüche gestellt werden können und sollten, ist ebenfalls diskutabel. Das Wesentliche scheint sowieso, wie denn die Darsteller ihre Rollen ausfüllen: Während Buchanan mit Tripitaka den dramatischen Kern der Geschichte bildet und diese vorantreibt, steht Hansen dem mit einem eitlen und leicht pikierbaren Monkey gegenüber, dem es trotz des Verlusts seiner legendären Kräfte noch gelingt vollkommen von sich selbst überzeugt zu sein und auch so zu posieren. Cocquerel spielt mit Sandy eine sehr verpeilte Figur, die sich selbst nicht so wirklich sicher ist, ob sie nun Dämon oder Gott ist und sich dementsprechend konfus in die Gruppendynamik einbringt und Thomson beansprucht mit Pigsy und dessen widerwilligen Hang das Richtige zu tun wahrscheinlich die besten Komikmomente der Serie für sich. Auch die Gegenspielerriege ist gut besetzt und mit einem charismatischen Creep-Faktor versehen.
Fazit
Gerade einmal zehn Folgen zu je 30 Minuten umfasst die erste Staffel, aber ich hoffe echt, da kommt noch mehr. Wäre nicht das Breitbildformat und die gute Bildqualität, könnte man Die Reise nach Westen wirklich für eine Abenteuerserie aus den 90ern halten. Dass die Serie auch primär das will, also mit einer fantastischen Abenteuerreise zu unterhalten und sie sich dabei auch nicht allzu ernst nimmt, macht sie mir extrem sympathisch. Wenn man als Zuschauer vielleicht mal eine Pause von all den großen Titeln braucht, bietet sich Die Reise nach Westen als Stimmungsreise in die Serienvergangenheit und als toller Titel für Zwischendurch an.
Vielen Dank für diesen Artikel. Ich bin in der ersten Jahreshälfte extrem ins Hintertreffen geraten mit vielen Serien, die ich schauen (und aufholen) wollte und die hier gehört auch dazu. Der Trailer ließ mich auf lustige Abenteuer hoffen, die alten Charme versprühen und wenn die Serie das tatsächlich rüber bringt, kann ich mich ja doppelt freuen sie noch vor mir zu haben. (Xena schaue ich immer wieder gern die ein oder andere Folge und manchmal vermisse diesen Unterhaltung-zuerst Anspruch, bei dem nicht alles so ernst genommen wird.)