Firefly – Der Aufbruch der Serenity
Die großen Säulen in Sachen Weltraum-Science-Fiction sind schnell gefunden: Star Wars und Star Trek natürlich, ferner Battlestar Galactica und vielleicht noch Babylon 5. Reihen mit diversen Serien-Reinkarnationen sowie Kino- und TV-Filmen, die sich über Jahre und Jahrzehnte erstrecken. Mit einer mittendrin abgesetzten Fernsehstaffel und einem gegen jede märchenhafte Wahrscheinlichkeit zustande gekommenen Kinofilm zählt jedoch auch Joss Whedons (Marvel’s The Avengers) Serie Firefly zu eben diesen Säulen. Bei allerlei Serien-Revivals fragt man sich, wann auch der Genre-Mix aus Sci-Fi und Western eine neue Chance bekommt, doch auch die ursprünglichen 14 Folgen um eine zusammengewürfelte Truppe von Outlaws und ihr Schiff mit dem Namen Serenity hat nach gut zwei Jahrzehnten nicht an Sehenswürdigkeit eingebüßt.
Im 26. Jahrhundert hat die Menschheit inzwischen ein neues Sonnensystem mit dutzenden bewohnbar gemachten Planeten und noch mehr Monden besiedelt. Während die im Inneren des Systems liegenden Welten eine interplanetare Regierung – die Allianz – bildeten, widersetzten sich die äußeren Planeten deren Einfluss und wollten unabhängig bleiben. So kam es schließlich zum Krieg zwischen Allianztruppen und den „Browncoats“, den die äußeren Welten verloren haben. Sechs Jahre nach diesem „Vereinigungskrieg“ versucht sich der ehemalige Browncoat-Sergeant Malcom „Mal“ Reynolds als Captain seines kleinen Firefly-Transportschiffes Serenity über Wasser zu halten. Trotz Allianzherrschaft sind die äußeren Welten eine weitestgehend gesetzlose Zone, sodass Mal und seine Crew – bestehend aus seiner Kriegskameradin Zoë, deren Ehemann und Schiffspiloten Wash, der liebenswert naiven Mechanikerin Kaylee und dem grobschlächtigen Söldner Jayne – allerlei Gelegenheitsjobs annehmen müssen, um das Schiff am Fliegen zu halten. Das reicht von legitimen Transportjobs über Schmuggel bis hin zu Diebstählen und Raubüberfällen. Um sich etwas Geld dazu zu verdienen, nimmt die Serenity bei ihren Flügen weiterhin auch immer wieder Reisende auf. Schon länger mitreisend ist die „Companion“ (gesellschaftlich hoch angesehene Kurtisanen irgendwo zwischen Prostituierten und Geishas) Inara und bei einem neuerlichen Zwischenstopp gesellen sich auch der Prediger Shepard Derrial Book sowie der etwas zwielichtig wirkende Arzt Simon Tam als Passagiere zu der Crew. Die Dinge werden für Malcom jedoch etwas komplizierter, als sich herausstellt, dass Simon zudem seine Schwester River auf das Schiff geschmuggelt hat und beide von der Allianz als Flüchtige gesucht werden. Neben frisch gestohlener Ware, die dringend abgesetzt werden muss, und durch das All marodierende Kannibalen (die „Reaver“), müssen sich Malcom und Crew zudem also nun auch noch mit dem langen Gesetzesarm der Allianz rumschlagen.
Mit der DVD-Box zur Comeback-Story
Originaltitel | Firefly |
Jahr | 2002 |
Land | USA |
Episoden | 14 in 1 Staffel |
Genre | Science-Fiction, Western |
Cast | Malcolm “Mal” Reynolds: Nathan Fillion Zoë Washburne: Gina Torres Hoban “Wash” Washburne: Alan Tudyk Inara Serra: Morena Baccarin Jayne Cobb: Adam Baldwin Kaywinnit Lee “Kaylee” Frye: Jewel Staite Simon Tam: Sean Maher River Tam: Summer Glau Shepherd Derrial Book: Ron Glass |
Veröffentlichung: 3. Dezember 2020 |
Die Geschichte der Serie ist fast noch bekannter als die darin enthaltene Handlung: Joss Whedon, mit seinen TV-Shows Buffy – Im Bann der Dämonen und deren Spin-off Angel – Jäger der Finsternis als erfolgreicher Serienmacher etabliert, bringt während des Ausklingens von Buffy mit Firefly sein nächstes Projekt auf den Weg. Doch so richtig begeistert von der Pilotfolge zeigen sich die Verantwortlichen des Senders FOX nicht. Zwar schreiben Whedon und Kollege Tim Minear (American Horror Story) in einer Nacht- und Nebelaktion ein neues Drehbuch für eine „zweite erste Episode“, das denselben Verantwortlichen gut genug gefällt, um die Serie in Produktion zu schicken, doch schon bald wird Firefly auf einen weniger vorteilhaften Sendeplatz und damit auf das Abstellgleis befördert. Beim Dreh der Episode „Die Botschaft“ kam denn auch für alle Beteiligten die befürchtete Entscheidung vom Netzwerk, dass die Serie eingestellt wird und von den 14 produzierten Folgen wurden letztlich nur 11 überhaupt ausgestrahlt. Normalerweise war es das dann (damals noch mehr als heute, wo gerne die eine oder andere Streamingplattform als Retter auftritt), doch die nachträglich veröffentlichte DVD-Box der Serie entwickelt sich zum Kassenschlager und lässt eine wachsende Fangemeinde an „Browncoats“ für ein Revival der Serie kämpfen, mit Erfolg. Mit Universal Pictures fand sich dementsprechend letztlich ein Geldgeber, der den abschließenden Film Serenity – Flucht in neue Welten finanzierte und 2005 sogar weltweit ins Kino brachte.
Space-Western
Einen großen Reiz übt Firefly durch das geschaffene Szenario aus: Da die Erde unbewohnbar geworden ist, hat sich die Menschheit in einem neuen Sonnensystem niedergelassen und dieses durch Terraforming weitestgehend bewohnbar gemacht. Dabei wurden besonders die USA und die Volksrepublik China als führende Weltraumnationen als Verantwortliche für den Umzug imaginiert, sodass sich Jahrhunderte später ein zweisprachiger Mix aus amerikanisch westlicher und asiatisch östlicher Kultur gebildet hat (wobei man besonders für Flüche gerne ins Chinesische wechselt). Zwischen inneren Allianzwelten und noch relativ frisch besiedelten äußeren Welten herrscht dabei ein krachendes Technologiegefälle. Während die inneren Planeten die zu erwartenden leuchtenden Hochhauslandschaften inklusive fliegender Autos repräsentieren, finden sich auf den äußeren Welten kleine landwirtschaftliche Siedlungen, in denen sogar noch das gute alte Pferd als Reittier das bevorzugte Transportmittel ist. Die Ausgangslage erinnert dabei gezielt an die mythisierte US-amerikanische „Pionierzeit“ mit dem Vereinigungskrieg als Entsprechung zum Sezessionskrieg und den noch teils unerschlossenen äußeren Welten als Entsprechung zum gesetzlosen Wilden Westen. Wenn auch in der Zukunft angelegt, ist Firefly somit ein Western oder eher Weltraum-Western.
Kriselnde Schiffsfamilie
Ein weitere Herausstellungsmerkmal ist zudem die Crew der Serenity und deren Verhältnisse untereinander. Zum Unwohlsein des Senders mit der Serie hat unter anderen beigetragen, dass mit Malcom nicht gerade eine heldenhaft strahlende Hauptfigur im Zentrum steht. Zwar besitzt er durchaus einen moralischen Kompass und hilft, wenn es geht, aber andererseits ist er auch ein Verbrecher und notfalls wird das Überleben von eigenem Schiff und Crew über das Leben anderer gestellt. Weiterhin entfaltet sich zwischen den Figuren ein weitreichendes Beziehungsgeflecht, das auch untereinander immer wieder zu Spannungen führt. So hegen bspw. Mal und Inara durchaus eine romantische Zuneigung zueinander, geraten aber über den Blickwinkel auf Inaras Beruf wiederholt aneinander; die gemeinsamen Erlebnisse von Mal und Zoë aus Kriegstagen treiben immer wieder einen Keil in die Ehe zwischen ihr und Wash; Shepard Book fungiert einerseits als Gewissen der Crew, hat aber selbst eine Vergangenheit mit der Allianz und verbrecherischen Unterwelt und Jayne fühlt sich eher dem eigenen Geldbeutel verpflichtet und ist stark in Versuchung, Simon und River an die Behörden auszuliefern, um das Kopfgeld einzukassieren. Das größte Geheimnis der Serie bildet dabei River selbst. Von ihrem Bruder eigentlich als Ausnahmegenie beschrieben, erscheint sie nach der Befreiung aus einer Allianz-Einrichtung nun geistig verstümmelt, aber dem Regime immer noch wertvoll genug, um sie mit großem Aufwand weiter zu verfolgen. Wenn keine durchgehend stringente Geschichte erzählt wird und stattdessen ein episodischer Aufbau mit in sich abgeschlossenen Folgen dominiert, knüpfen eben diese wachsenden und sich verändernden Beziehungen und Geheimnisse die Staffel zu einem reizvollen Ganzen zusammen.
Offscreen-Familie und das Weiterleben von Firefly
Das funktionierende Zusammenspiel vor der Kamera lässt sich auch auf eine gute Chemie von deren Darstellern dahinter zurückführen. Trotz des abrupten und vorzeitigen Endes der Serienproduktion ist der Cast während dieser und auch über die folgende Filmproduktion, diverse Conventions und Jubiläen in Freundschaft zusammengewachsen. Für die meisten Darsteller erwies sich die Serie zudem als Auftrieb für die Karriere, sodass diverse erfolgreiche Serien-Engagements folgten, wie für Gina Torres in der Anwaltsserie Suits oder Morena Baccarin unter anderen in Gotham. Wenn auch ähnlich kurzlebig ist insbesondere Summer Glaus Performance als Terminator in den zwei Staffeln von The Sarah Conner Chronicles gleichsam empfehlenswert. Besonders bei Nathan Fillion hat die Serie bis heute einen festen Platz in seinem Herzen. So hat er seinen nächsten größeren Serienerfolg Castle als Plattform für diverse Anspielungen auf Firefly verwendet (er schlüpft dort bspw. in einer Halloween-Folge in ein Kostüm als „Space-Cowboy“, sein Outfit aus Firefly) und hat auch in diversen Folgen Gastauftritte seiner „Crewmitglieder“ in die Wege geleitet, wie von Adam Baldwin (The Last Ship) oder Jewel Staite (Stargate – Atlantis). Wenn auch nicht mehr im Serienformat oder auf der Leinwand lebt Firefly zudem insbesondere in Comicform weiter, wodurch diverse Lücken zwischen Serie und Film geschlossen werden und die Geschichte über den Film hinaus auch fortgesetzt wird. Aufsehen in Fankreisen erregte auch Mitte der 2010er Jahre Firefly Online, eine geplante Videospiel-Umsetzung für welche die Darsteller auch als Voice-Cast noch einmal zusammentraten, das jedoch als Projekt leider nie zum Abschluss gebracht wurde.
Fazit
Sollte man erst jetzt nachträglich Firefly entdecken, wirkt die Serie gegenüber moderneren Titeln bestimmt etwas antiquiert (sie hat ja auch schon knapp zwei Jahrzehnte auf dem Buckel), ist aber insbesondere durch das Feld der Figuren, deren Zusammenspiel und durch die wundervollen Dialoge absolut sehenswert. Auch sollte der Effekt, den die Serie auf die Science-Fiction im Fernsehen hatte, nicht unterschätzt werden. Nachdem sich diese im Star Trek’schen Idealismus und den üblichen Außerirdischen-Begegnungen eher festgefahren hat, ist es auch Firefly zu verdanken, dass das Genre etwas dreckiger geworden ist und das Schlaglicht vermehrt auf moralisch ambivalentere Figuren jenseits heldenhafter Weltenretter und Friedenstifter gerichtet wird. Nicht alle der 14 Folgen sind durchgehend gut, aber die Pilotfolge „Serenity“ oder Episoden wie „Mrs. Reynolds“ und „Jaynestown“ gehören zum Unterhaltsamsten, was jemals im Serienformat produziert wurde. Für mich persönlich gehört Firefly nicht nur zum engsten Kreis meiner Lieblingsserien, sondern ist auch einer meiner Wohlfühltitel, bei dem ich mich – wenn die ersten Gitarrenakkorde des Intros erklingen – sofort seltsam heimisch fühle.
© FOX TV
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