Lupin (Teil 2)
Klassische literarische Figuren in die Moderne zu holen und damit dann Erfolg erzielen, das weist die BBC mit ihrem Serienhit Sherlock vor. Doch was die Briten können, dass können die Franzosen ebenso! So holte Netflix den Gentleman-Gauner Arsène Lupin aus der Welt der Bücher zurück auf die Leinwand. Nur dass sich diesmal der Dieb durch das heutige Paris klaut. Mit Omar Sy (Ziemlich beste Freunde) als charmantes Schlitzohr stürmte die Serie nicht nur in Europa an die Spitze der Top 10 des Streaming-Dienstes, sondern schlich sich auch in den USA in die Charts. Kein Wunder also, dass nach dem Start des zweiten Teils von Lupin am 11. Juni 2021 auch schon der dritte Teil bestätigt wurde. Ob diese Fortsetzung verdient ist oder nach den fünf Folgen des zweiten Streichs die Luft raus ist (oder besser gesagt Lupin wieder zurück in die staubigen Bücherregale muss) klären wir.
Auf dem Lupin-Festival am Felsentor Porte d’Aval wird Raoul (Etan Simon) entführt. Zum Glück ist Inspektor Youssef Guedira (Soufiane Guerrab, César Wagner) dem Dieb auf der Schliche und ebenfalls am Schauplatz, wo er das Geschehen beobachtet. Er hilft Assane Diop (Omar Sy), die Verfolgung aufzunehmen, ohne dabei preiszugeben, dass er von der Polizei ist. Denkt er jedenfalls, denn der Meisterdieb enttarnt ihn. Daher stellt sich Assane alleine dem Entführer in einer heruntergekommenen Villa, in der er am Ende den Kürzeren zieht. Doch nichts ist wie es scheint, weswegen das Rachespiel gegen Hubert Pellegrini (Hervé Pierre, Intrige) in die nächste Runde geht. Nur dass diesmal alles noch größere Kreise zieht und es immer gefährlicher wird.
Komplexes Katz- und Mausspiel
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Originaltitel | Lupin |
Jahr | 2021 |
Land | Frankreich |
Episoden | 5 (in Teil 2) |
Genre | Thriller, Drama |
Cast | Assane Diop: Omar Sy Claire: Ludivine Sagnier Raoul : Etan Simon Hubert Pellegrini: Hervé Pierre Juliette Pellegrini: Clotilde Hesme Youssef Guedira: Soufiane Guerrab Sofia Belkacem: Shirine Boutella Capitaine Romain Laugier: Vincent Londez Benjamin Ferel: Antoine Gouy Gabriel Dumont: Vincent Garanger |
Veröffentlichung: 11. Juni 2021 |
Wie weit plant Assane? Diese Frage stellen sich Zuschauende mehrfach im zweiten Teil von Lupin, denn die Geschehnisse nehmen immer komplexere Formen an. So kann es sein, dass Dinge aus den ersten Folgen noch einmal in einem ganz anderen Licht betrachtet werden und sogar noch mehr Sinn ergeben, wenn sich nur der dazugehörige Akt komplett vor uns offen legt. Zwar überrascht nicht jede Wendung mit vollem Erfolg, dafür gibt es doch einige tolle Aha-Momente zu feiern. Wichtig ist nur, von Anfang an mit wachem Verstand bei der Sache zu bleiben. Einfach die Folgen halbherzig zu schauen, wird hierbei keinen Sinn ergeben. Dafür spielen immer mehr Figuren und Ereignisse in diesem Racheplan mit. Doch gerade darin liegt der große Spaß, wenn Lupin mal wieder allen auf der Nase herumtanzt und natürlich sein charmantes Lächeln zeigt. Besonders die Verflechtungen von Vergangenheit und Gegenwart locken die Neugier.
Emotionale Achterbahn
Sieg oder Niederlage – oder wie in Assanes Fall: Leben und Tod – stehen mittlerweile auf der Agenda. Mit der Entführung von Raoul geht Pellegrini an die Familie des Diebes und das ist ein No-Go. Dass da die Emotionen hochhergehen und der Dieb auch den Verstand einmal beiseitelässt, ist verständlich. Trotzdem dürfte das eine oder andere Verhalten für ein wenig Kopfschütteln sorgen. Trotzdem ist dies nur eine kleine Ausnahme im ansonsten perfekt ausbalancierten Skript, bei dem neben all den schlauen Plänen auch die Gefühle eine wichtige Rolle einnehmen. Das Verhalten von Claire (Ludivine Sagnier, The New Pope) bleibt dabei nicht mehr nur auf die passive Rolle der Mutter am Seitenrand beschränkt, nein, auch sie darf mitmischen. Doch neben der Noch-Ehefrau spielen auch die Gefühle für Juliette Pellegrini mit hinein. Wobei da natürlich die spannende Frage bleibt, wie viel davon echt ist oder nur als weiterer Schachzug dient!
Das Dream-Team
Selbst Sherlock Holmes braucht seinen John Watson. Und so darf auch in Lupin ein Gehilfe nicht fehlen: Antiquitätenhändler Benjamin Ferel (Antoine Gouy) spielt dabei nicht nur die Rolle des langjährigen besten Freundes des Gauners, sondern auch dessen gutes Gewissen und schlauen Gehilfen, auf jedoch wackeligen Beinen. Seine Rolle nimmt im weiteren Handlungsverlauf eine ebenso größere wie auch wichtigere Rolle ein, was nicht nur passend ist, da Assanes es mit mehreren Gegenspieler zu tun hat, sondern auch, um bei den Diebstählen für mehr Abwechslung zu sorgen. Die beiden ergeben ein lustiges Gespann, das sich mit viel Herz durch die Aufgaben schlängelt. Eine große Überraschung erwartet uns auch in Form eines dritten Komplizen, der einige Lacher hervorruft, bei Bibliotheksangestellten ein erschrecktes Aufatmen und insgesamt für eine gelungene Erweiterung des Casts. Youssef Guedira vertritt hingegen auf sehr sympathische Art die nicht korrupte Abteilung der Polizei.
Kleider machen Leute
Ausgeklügelte Schachzüge, ein charmanter Meisterdieb, lebendige Nebenfiguren und fesselnde Verfolgungsjagden sowie Nahkampfszenen – in Lupin mangelt es an fast nichts. Vor allem für die Augen gibt es weitere Abwechslung. Omar Sys Garderobe könnte alleine einen ganzen Artikel füllen und lädt in jeder neuen Folge zum genauen Hinschauen ein. Vom lässigen Outfit bis zum Anzug ist wahrlich alles dabei. Besonders die Verkleidungen sind herrlich und sorgen für immer neue Abwechslung, doch auch die Schauplätze wählte das kreative Team hinter der Kamera besonnen. So dürfen wir in Kevin – Allein zu Hause-Manier durch eine alte Villa, die gruseligen Katakomben von Paris, die Arbeitswelt in einem Hotel oder den Backstage-Bereichen eines Schauspielhauses. Visuell bleiben daher keine Wünsche übrig. Für Fans von Maurice Leblancs Werken verstecken sich sogar einige nette Easter Eggs (damit meinen wir nicht nur Erwähnung von Herlock Sholmes.)
Fazit
Die vielschichtigen Pläne sorgen für tolle Überraschungen und vor allem für einigen Nervenkitzel. Schließlich ist nie klar, ob noch alles in Lupin gut geht. Nicht jede Überraschung zündet dabei ein großes Feuerwerk, doch die Geschichte schafft es, einen immer wieder auf eine falsche Fährte zu locken. Dabei verläuft nie alles komplett glatt, weswegen die Spannungskurve wieder steil nach oben schießt und wir uns nicht nur einmal dabei ertappen, die Däumchen zu drücken. Dabei schließen wir vor allem mehr und mehr der Figuren ins Herz. Gerade Guedira nimmt die Rolle des liebenswerten, nicht perfekten, aber gewissenhaften Polizisten ein, den man gerne bei der Verfolgung des Diebes beobachtet. Die humorvollen Einlagen laden ebenso zum Weiterschauen ein, wie die abwechslungsreichen Schauplätze. Nach dem wirklich gelungenen Finale stellt sich nur die Frage, wie es mit Lupin weitergehen soll.
© Netflix