Mit Schirm, Charme und Melone
Krimi-Serien sind in der einen oder anderen Form immer im Fernsehen zu finden. In den 1960er Jahren waren dabei weniger Polizisten gefragt, sondern vor allem Geheimagenten. Eine Handvoll Titel haben bis heute eine loyale Fanbase, doch kaum einer ist so kultig wie Mit Schirm, Charme und Melone. 161 Episoden wurden produziert, in denen sich die britische Serie aus der Not heraus immer wieder ein bisschen neu erfand. Im Mittelpunkt eine abwechselnde höfliche Partnerschaft, ein paar bissige Sprüche und immer bizarrer werdende Fälle. Erst schwarz-weiß, später in Farbe. Zunächst eher Männerdomäne, dann revolutionär mit starken weiblichen Hauptrollen.
Am Anfang steht ein Mord. Doktor David Keel (Ian Hendry) muss mit ansehen, wie seine Verlobte Peggy (Catherine Woodville) erschossen wird. Grund ist ein Paket mit Drogen. Keel will die Verantwortlichen finden und bekommt unerwartet Hilfe von dem mysteriösen John Steed (Patrick Macnee), der schon länger gegen den Drogenring ermittelt. Die Männer sind unterschiedlich gestrickt, doch vereinen sie sich um Rache für Peggy zu nehmen. Daher der englische Originaltitel The Avengers (zu Deutsch Die Rächer). Da der erste Einsatz von Erfolg gekrönt ist, bleibt die etwas eigenwillige Partnerschaft bestehen. Es gibt genug Attentate aufzuklären, zu verhindern oder Staatsgeheimnisse vor den falschen Händen zu bewahren. Immer wieder verbunden mit riskanten Undercover Ermittlungen.
Kein Videomaterial vorhanden
Wer sich jetzt gerne auf die 26 Folgen der ersten Staffel stürzen würde, muss zunächst eine Zeitmaschine bauen. Denn wie so vieles aus der Ära ist der Beginn von Mit Schirm, Charme und Melone nie archiviert worden. Es wurde mit teuren Videobändern gedreht, die später wieder verwendet wurden. Nur drei Episoden haben komplett überlebt. Mit Hilfe von Drehbüchern, Set Fotos und Storyboards sind Rekonstruktionen erstellt worden, die es auch in Deutschland auf DVD gibt. Diese sind aber nur liebevolle Handarbeit, um die Serie so vollständig wie möglich zu präsentieren, wobei auch hier noch Lücken bestehen. Die erste Staffel lief nie im deutschsprachigen Fernsehen und so bleibt Dr. Keel für den Zuschauer das wahre Mysterium. Ursprünglich war er der Star des Ganzen und Steed die treue Nebenfigur, doch ein längerer Autorenstreik änderte den Kurs der Serie gewaltig und Schauspieler Ian Hendry ist nur noch eine Fußnote. Während die Produktion wegen eines Streiks pausierte, ergriff Hendry die Chance in Filmen mitzuwirken und so Geld zu verdienen.
Die zweite Staffel als Neuanfang
Originaltitel | The Avengers |
Jahr | 1961 – 1969, 1976 – 1977 |
Land | Großbritannien |
Episoden | 187 (in 8 Staffeln) |
Genre | Krimi, Science-Fiction, Comedy |
Cast | John Steed: Patrick Macnee Dacud Keel: Ian Hendry Cathy Gale: Honor Blackman Emma Peel: Diana Rigg Tara King: Linda Thorson Purdey: Joanna Lumley Mike Gambit: Gareth Hunt |
Nach Beendigung des Streiks war es wichtig, schnell neue Folgen zu produzieren, immerhin gab es durchaus noch Drehbücher. Da Zeit kostbar war, wurden sie nur marginal umgeschrieben und dies führte zum Erfolgsrezept der Serie. John Steed, der nun in den Fokus rückte, sollte eine weibliche Partnerin bekommen, die die Aufgaben von Dr. Keel übernehmen konnte. Mit einer gewissen Vorlaufzeit wäre hier wohl die typische Sekretärin entstanden, eine Frau, die klar eine untergeordnete Rolle spielt und dem Agenten vom Dienst die Dinge anreicht, wie eine gut gelernte OP-Schwester. Aber die Dialoge und Aufgabenverteilungen innerhalb der Geschichten blieben weitestgehend unangetastet. Catherine Gale ist Doktor der Anthropologie, scharfzüngig, beherrscht Judo und bestreitet die Abenteuer mit John Steed auf Augenhöhe. Was so lapidar erscheint, war eine Revolution. Die Schauspielerin Honor Blackman porträtierte eine erste gleichberechtigte weibliche Hauptfigur. Gleichzeitig wandelte sich John Steed zum absolut vorbildlichen Gentleman. Der Schirm und die Melone, die er schon in Staffel 1 überstreifte, wurden seine Markenzeichen. Er ist als Geheimagent die treibende Kraft, kann aber galant um Mithilfe bitten und muss schon mal selbst aus einer misslichen Lage befreit werden.
Munterer Partnerwechsel
Ein bisschen holprig wirkt die zweite Staffel schon. So war Honor Blackman wegen Terminproblemen nicht sofort bereit loszulegen und in einigen Folgen fehlt Steed die Kollegin. Zudem kam die Idee auf, dass Steed wechselnde Partnerinnen haben könnte. Immerhin arbeitet er quasi mit Zivilisten zusammen, die einfach Talent für ein bisschen Spionage und Undercovereinsätze mitbringen. Bereits für die erste Staffel, die so je unterbrochen wurde, war der Auftritt der Jazzsängerin Venus Smith (Julie Stevens) geplant. Definitiv ein ganz anderer Typ von Frau. So kommt Steed aber problemlos zum Varieté, um da mal den Mord an Magier-Assistentinnen aufzuklären.
Bizarre Fälle mehren sich
Das Agentenleben während des Kalten Krieges ist gefährlich, im Fernsehen aber vor allem sehr abwechslungsreich. Statt Woche für Woche gegen feindliche Spione zu kämpfen, neigt sich Mit Schirm, Charme und Melone ein bisschen dem Science-Fiction-Genre entgegen. Spy-Fi in seinen Anfängen. Zwischen Waffenhändler, Drogenkartelle und Diamantenschmugglern reihen sich auch schon mal Bösewichte ein, die nebenbei die Demokratie Europas stürzen wollen. Atomgetriebene U-Boote, ein Supercomputer, der seine Programmierer tötet oder ein Weltuntergangsszenario durch kosmische Naturgewalten werden ganz selbstverständlich eingebaut, wie die Untersuchung eines schwarzmagischen Voodoo-Kults oder gezüchteten Killerviren. Die Expertise von Catherine Gale ist zum Glück sehr weitschweifig und John Steed bringt die nötigen Instinkte mit. Sowie besagten Schirm, in dem sich ein Schwert verbirgt und die Melone, die mit einer Stahlplatte verstärkt vor Kopfschmerzen bewahrt. Das Rezept für eine erfolgreiche Serie ist gefunden und die dritte Staffel lässt Steed und Gale zur Hochform auflaufen. Dabei lässt Gale sich manchmal auch nur ungern einspannen, was für Reibungspunkte zwischen den beiden sorgt und der Serie mitunter einen sehr ernsthaften Ton verleiht.
Der internationale Siegeszug beginnt
Es war ein kleiner Schock als Honor Blackman die Serie 1964 nach zwei Staffeln verließ. Im selben Jahr machte sie sich aber immerhin international unsterblich als Bond Girl Pussy Galore in Goldfinger. Eine Rolle, in der auch das deutsche Publikum mit der Schauspielerin Bekanntschaft machte. Für Mit Schirm, Charme und Melone hieß es nun eine geeignete Nachfolgerin finden und das ausgerechnet als die USA Interesse in Form einer Finanzspritze bekundeten. Endlich konnten die Videobänder ruhen und die Kameraleute durften mit 35mm Film drehen. Und wen sie vor die Linse bekamen ist maßgeblich am heutigen Kult-Status der Serie beteiligt. Diana Rigg wurde von ihren Kollegen am Theater eher mitleidig belächelt, dass sie ihr Talent beim Fernsehen verschwenden wollte. Die Casting Agenten allerdings waren entzückt, dass Rigg sofort die richtige Chemie mit Patrick Macnee versprühte. Mit der vierten Staffel heißt das Duo Steed und Peel und diese beiden flimmerten ab 1966 auch über deutsche Bildschirme. In den USA gab es sogar einen Sendeplatz zur Prime Time, für eine britische Produktion Neuland.
Die Erschaffung einer Ikone
Obwohl die Emanzipation der Frau noch ein Gruselmärchen der Zukunft war, das bei den Herren in grauen Anzügen für Alpträume sorgte, war den Autoren von Mit Schirm, Charme und Melone, dass eben dieses fortschrittliche Frauenbild zum Erfolg beitrug. Cathy Gale war eher ein Zufallsprodukt, die Nachfolgerin aber konnte verfeinert werden. So entstand maßgeschneidert für den galanten Steed eine neue Lederamazone. Emma Peel der Name. Ein Wortspiel, da es sich liest wie „man appeal“, also „Männer ansprechend“. Auf gutes Aussehen und möglichen Sex Appeal wurde Wert gelegt und Diana Rigg avancierte zum Sexsymbol der 60er Jahre, was ihr selbst am wenigsten gefiel. Als Ausgleich ist Emma Peel aber Kompetenz in Reinkultur. Während Gale sich mit Judo wehren konnte, ist Peel Expertin in Martial Arts und verliert auch gegen Grobiane nicht. Mit Schusswaffen oder einem Degen kann sie ebenfalls umgehen und Steed lernt, sich auf ihre Schlagfertigkeit mit Mund und Händen zu verlassen. Sie ist sowohl modisch als auch wissenschaftlich auf dem neuesten Stand. Die rundum perfekte Amazone. Was heute übertrieben klingt und Makel zur Abrundung vermissen lässt, war damals die perfekte Mischung. Eine echte Heldin, die selbst das männliche Publikum für voll nahm und Frauen eine neue Rolle aufzeigte.
Mrs Peel, wir werden gebraucht!
Emma ist mit dem Piloten Peter Peel verheiratet, der allerdings verschwunden ist und für tot gehalten wird. Emma bleibt ihm allerdings treu und es gehört zum guten Ton, dass Steed sie stets als Mrs. Peel anspricht. Und das tut er auch Folge für Folge, wenn er ihr auf kuriose Weise erklärt, dass der nächste Fall auf sie wartet. Im Gegensatz zu Catherine Gale ist Emma dankbar für jeden Job und der Ton der Serie wird merklich leichter. John und Emma sind nie um Wortwitze und makabre Einsichten verlegen und versuchen stets den anderen mit scharfzüngigen Bemerkungen auszustechen. Auf äußerst liebevolle Art. Selbst wenn sie sich plötzlich mit außerirdischen Killerpflanzen befassen müssen. Die Episode „Mörderischer Löwenzahn“ gehört zu den aberwitzigsten, die die Serie zu bieten hat und die in Deutschland überhaupt erst 1999 ins Fernsehen kam. Menschenfressende Flora war vielleicht etwas zu viel. Ein explosiver Kronjuwelendiebstahl oder eine Wettermanipulationsmaschine sind da schon bodenständiger. Das Militär sowie exzentrische Millionäre haben viel Zeit für Experimente, deren Konsequenzen Steed und Peel immer wieder versuchen grade zu biegen.
Es kommt Farbe ins Spiel
Beinahe hätte Diana Rigg nach nur einer Staffel aufgegeben, da sie schlecht bezahlt wurde und es hinter der Kamera sehr anstrengend zuging. Doch sie blieb ein weiteres Jahr. Daher kann die fünfte Staffel nahezu nahtlos ansetzen. Allerdings nicht mehr nur im schnöden schwarz-weiß. Hier kommt Farbfernsehen ins Spiel, wovon die US-Amerikaner zuerst profitierten, da in Großbritannien zunächst noch s/w ausgestrahlt wurde. Mrs. Peel Garderobe mit den vielen knallbunten Catsuits klettert auf der Blickfangskala noch ein wenig höher. Riesige Raubkatzen, ein mörderischer Körpertausch, Geister, vermutlich unsichtbare Leute und ein Schrumpfstrahler sind nur einige der Science-Fiction Elemente. Ein paar schnöde Verschwörungen und jede Menge tote Agentenkollegen mit wichtigen Geheimnissen gibt es auch immer wieder. Die Staffeln 4 und 5 aus den Jahren 1965 bis 1967 sind die Version von Mit Schirm, Charme und Melone, die sich in den Köpfen der deutschen Zuschauer festgesetzt hat. Und weil Realismus kein wichtiger Grundstein der Erzählung ist, ist es noch immer wundervoll diese charmant-verschrobenen Episoden zu entdecken.
Eine schwere Nachfolge
Die erste Folge der sechsten Staffel trägt den Titel „Auf Wiedersehen, Emma“ und verabschiedet Mrs. Peel in ihr wohlverdientes Happy End. Ehemann Peter taucht wieder auf und so ist dieses unstete Leben als Agentenlaie vorbei. Gezeigt wird Mr. Peel allerdings nur in einer Rückenansicht, die frappierende Ähnlichkeit mit John Steed hat. Für die Shipperherzen mancher Fans das beste Abschiedsgeschenk. Wie Honor Blackman fand sich Diana Rigg in einem Bond Film wieder. In Im Geheimdienst Ihrer Majestät erobert sie das Herz von James Bond (der einzige Auftritt von George Lazenby). Währenddessen wird der arme Patrick Macnee einmal mehr verlassen und John Steed muss sich auf eine neue Partnerin einstellen. Wir kennen das Phänomen leider bis heute, wenn eine extrem beliebte Figur eine Serie verlässt, wird der nächste neue Charakter an einem unverschämten Maßstab gemessen. So erging es Schauspielerin Linda Thorson und ihrer Figur Tara King. Zu Unrecht.
Zwei Geheimagenten im Einsatz
Zum ersten Mal bekommt Steed eine richtig echte Kollegin, im Sinne einer Agentin, die speziell für den Job ausgebildet wird. Tara King ist als Agentin 69 noch im Training und hat von John Steed bereits gehört. Er ist schließlich eine lebende Legende in seinem Job. In den 33 Episoden der sechsten und letzten Staffel verändert sich vor allem die Beziehung des rächenden Duos. Tara muss noch viel lernen und ist zunächst weniger taff als ihre Vorgängerinnen. Der spielerische Flirt, der bei Steed und Peel nur Subtext ist, wird zudem ein wenig konkreter. Bei einer Fortsetzung der Serie wäre eine tiefergehende romantische Beziehung nicht auszuschließen. Vielleicht ist deshalb im Herzen des deutschen Publikums kein Platz für Tara gewesen. Die Franzosen verlieren weniger schlechte Worte über sie. Und warum auch, die Dynamik der Serie hat sich immer wieder gewandelt, während die einzelnen Geschichten unterhaltsam, spannend und interessant bleiben. Zusammen mit Tara wird zudem Mutter (Patrick Newell) eingeführt. Der im Rollstuhl sitzende Mann ist der Chef des Geheimdienstes und zieht im Hintergrund die Fäden. Auf Spionage und die Wahrung von Staatsgeheimnissen wird etwas mehr Wert gelegt, weiterhin mit einem Faible fürs Skurrile.
The New Avengers
Die Zuschauerzahlen sanken, der Geldhahn aus den USA wurde zugedreht und somit war es 1969 vorbei mit The Avengers. Bis das Konzept 1976 erneut ausgegraben wurde und eine Nachfolgeserie namens The New Avengers kam. Diese Feinheit ging in Deutschland verloren, wo man einfach bei Mit Schirm, Charme und Melone blieb. Immerhin ist John Steed im unverkennbaren Look dabei. Glück gehabt. Er ist allerdings ein wenig ruhiger geworden und überlässt seinen zwei Kollegen die grobe Arbeit. Und besonders viel Charme ist gar nicht mehr im Spiel, denn das Zauberwort heißt Action. Ein paar mehr Explosionen, Schießereien und ein körperbetonter Kampf geben den Ton an. Mike Gambit (Gareth Hunt) ist ein ganz anderer Typ Mann als Steed. Knallhart, nie verlegen um einen anzüglichen Spruch und nicht zimperlich bei der Waffenwahl. Zur Seite steht ihm Purdey (Joanna Lumley), die ohne Nachnamen auskommt. Als ehemalige Ballerina hat sie exzellente Beinarbeit vorzuweisen und wird von beiden Männern gleichermaßen beschützt wie vergöttert. Die zwei Staffeln mit je 13 Folgen konzentrieren sich auf internationale Gegenspionage und actionorientierte Unterhaltung. Ein wunderbares Zeitzeugnis als Kontrast zu den vorangegangen Swingin‘ Sixties.
Ein Wort zur deutschen Veröffentlichung
Heutzutage ist es kaum mehr vorstellbar, wie schwer es sein kann eine Serie komplett ansehen zu können. In Deutschland feierte Mit Schirm, Charme und Melone 1966 im ZDF Premiere, wo innerhalb von zwei Jahren 36 Folgen der Ära Steed/Peel gezeigt wurden (von insgesamt 50). Tara King gab ihr Debüt 1970, allerdings mit nur zehn der 33 produzierten Episoden. Von den New Avengers lief der Großteil der ersten Staffel 1978, aber vollständig wurde sie erst 1991 gezeigt. In den 90ern erschienen endlich die restlichen Abenteuer der Staffeln 4 bis 6. Und wer Cathy Gale eigentlich ist, erfuhren Arte Zuschauer dann erstmals 2010. Und trotzdem gibt es eine treue Fangemeinde, die dank DVD Veröffentlichungen sogar immer wieder nachwächst. Hier ist Deutschland sogar Spitzenreiter, denn zum 50jährigen Jubiläum erschien eine 53 Scheiben umfassende Komplettbox. Von den Rekonstruktionen der ersten Staffel bis hin zum Nachfolger The New Avengers ist alles drin. Wahlweise können aber auch sieben Einzelboxen erworben werden, um sich dem Phänomen Mit Schirm, Charme und Melone langsam zu nähern. Dabei hat die Serie hier einen ganz besonderen prominenten Fan. Oliver Kalkofe. Wer sich Staffel 4 und 5 mit Emma Peel zulegt, wird vor jeder Episode von ihm und Wolfgang Bahro (besser bekannt als Jo Gerner aus Gute Zeiten, schlechte Zeiten) begrüßt. Die beiden stellen die Folgen vor, schwelgen in Erinnerungen und geben Bewertungen ab. Für Erstseher auf Grund der massiven Spoiler vielleicht ein wenig ungünstig. Ansonsten aber eine perfekt charmante Art den Kult erneut im Kreise gleichgesinnter Fans zu genießen.
Fazit
Für mich gehört Mit Schirm, Charme und Melone zu meiner Kindheit wie Adam Wests Batman, Raumschiff Enterprise und Pippi Langstrumpf. Obwohl es nur eine Handvoll Episoden waren, hat mich dieses gleichberechtigte Verhältnis von John Steed und Emma Peel sehr geprägt. Zum Glück gab es in den 80ern dann auch andernorts ein paar Frauenfiguren, die sich ebenfalls behaupten konnten und nicht nur gerettet werden mussten. Wenn ich das Wort Gentleman höre, sehe ich einen Typ wie Steed vor mir, wobei Schirm und Melone, oder zumindest Gehstock und Hut unabdingbar sind. Die Mischung aus Krimi und Science-Fiction beflügelt die Fantasie und wenn der Drang nach Realismus in modernen Serien mal wieder Überhang nimmt und Spaß verdrängt, kann ich mich hier in einer poppig bunten Welt verlieren. Fernsehen darf auch einfach nur Spaß machen. Es ist beeindruckend zu verfolgen, wie sich die Bildsprache durch fortschreitende Technik in der Produktion verändert. Natürlich darf man Mit Schirm, Charme und Melone nicht an heutigen Maßstäben messen. Alles ist ein wenig langsamer, textlastig und Kampfszenen oft einfache Rangeleien. Aber hier zeigt sich, wie wichtig es sein kann Charaktere aufeinander abzustimmen und sympathisch zu machen. Und dass diese besondere Chemie einfach nicht erzwungen werden kann. Roboter, Spione, Entführungen, Attentate und jede Menge spitzfindiger Beobachtungen. Über den unwürdigen Kinofilm mit Ralph Fiennes und Uma Thurman aus dem Jahr 1998 breiten wir lieber den Mantel des Schweigens. Das sollte für niemanden der Ersteindruck dieser Serie sein. Wer die James Bond Reihe für Qs verblüffende Waffen mag und Spaß an den manchmal übertrieben größenwahnsinnigen Plots der älteren Filme hat, sollte Mit Schirm, Charme und Melone eine Chance geben. Der Humor bringt all die unterschiedlichen Elemente zusammen und übersteht den Test der Zeit. Übrigens durfte auch Patrick Macnee selbst später in dem Bond Film Im Angesicht des Todes mitwirken. Britische Produktionen sind schließlich bekannt dafür, dass dieselben Gesichter überall auftauchen (heute eher mit Harry Potter und Doctor Who).
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