Scream: Ressurection
Scream ist der Inbegriff des wiederauferstandenen Slashers, der Mitte der 90er dafür sorgte, dass ein in den 80ern eigentlich schon ausgereiztes Genre einen zweiten Frühling erlebte. Vier Filme brachte Regisseur Wes Craven bis 2011 hervor, ehe er 2015 verstarb. In dem Jahr lief auch die gemeinsam mit Harvey und Bob Weinstein produzierte Serie Scream auf MTV in den USA an. Diese schien perfekt auf die Zielgruppe ausgerichtet zu sein: Jede Woche mit den Protagonisten bangen und dabei gleichzeitig trendige Charttracks hören. Nach zwei Staffeln war allerdings im Folgejahr Schluss und der Skandal um Harvey Weinstein im Oktober 2017 sorgte für einen Stopp zahlreicher Produktionen der Company. Während deutsche Netflix-Zuschauer also in der Luft hängen gelassen wurden, wie es nach Staffel 2 ausgehen würde, wurde die Serie einem Reboot unterzogen und lief mit reichlich Verspätung unter dem Titel Scream: Ressurection im Sommer 2019 auf dem MTV-Tochtersender VH1 an. Was sich nach vielen Umständen anhört, ist in einem einzigen Desaster gemündet.
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Vor acht Jahren wurde Deions (RJ Cyler) Bruder von einem Killer getötet. Mittlerweile ist aus dem Kind ein selbstbewusster Teenager geworden, der Football liebt. Eines Tages werden er und seine Angebetete Liv (Jessica Sula) zum Nachsitzen verdonnert. Sie sind nicht die einzigen, denn der bald formierte „Deadfast Club“ besteht noch aus Horrorfan Beth (Giorgia Whigham), Drogendealer Shane (Tyler Posey), Streber Amir (Christopher Jordan Wallace), der flippigen Aktivistin Kym (Keke Palmer) und deren schwulen besten Freund Manny (Giullian Yao Gioiello). Als jemand mit einer Maske des legendären Killers Ghostface Deion angreift, kommt nach und nach heraus, dass alle Mitglieder der Gruppe gestalkt werden …
Wenn eine fehlende Maske von den eigentlichen Problemen ablenkt
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Originaltitel | Scream: Ressurection |
Jahr | 2019 |
Land | USA |
Episoden | 6 |
Genre | Slasher |
Cast | Deion Elliot: RJ Cyler Liv Reynolds: Jessica Sula Kym: Keke Palmer Beth: Giorgia Whigham Jamal: Tyga Amir Ayoub: C.J. Wallace Shane: Tyler Posey |
Fans der Reihe wurmt es zurecht, dass sie nie eine Auflösung um den Killer Brandon James erhalten werden. Bereits Anfang 2017 machten sich Gerüchte breit, dass Hauptdarstellerin Willa Fitzgerald mitgeteilt wurde, dass sie für keine weitere Staffel verpflichtet werden würde. Die dritte Staffel sollte ganz anders werden: Eine Anthologie. Während sich viele Fans gar nicht einmal um die überschaubaren Opfer der ersten Staffel scherten, war das Gerangel um die fehlende Original-Maske des Killers Ghostface scheinbar von wesentlich größerer Bedeutung. Jener Umstand wird mit Scream: Ressurection behoben. Es kommt sogar noch besser: Er spricht mit der ikonischen Originalstimme von Roger Jackson. Fertig ist also das Aushängeschild der Neuauflage, denn wenn es nur an einem fehlenden Requisit (bzw. der Nutzungsrechte dessen) liegt, kann das Problem ja kein großes sein. Doch es kommt noch dicker.
Bewusst gewählte Stereotypen
Staffel 1 der Serie stellte sich noch allzu holprig an und bot in ihren zehn Episoden mehr Teenieschmonzette als Todesopfer. Mit den darauf folgenden 14 Folgen entwickelte die Serie schließlich doch noch eigene Vorzüge, wenngleich die Filmreihe in jeglicher Hinsicht unerreicht blieb. Aber die 24 Folgen boten Möglichkeiten, Figuren, Schauplatz und natürlich den Killer besser kennenzulernen. Von einem solchen Luxus ist Scream: Ressurection weit entfernt. In nur sechs Folgen wird der Mörder demaskiert. Zum ausgewechselten Cast von Season 3 gehören neben Palmer auch Tyler Posey (Teen Wolf), RJ Cyler (I’m Dying Up Here), Giorgia Whigham (Tote Mädchen lügen nicht), Jessica Sula (Split), Keke Palmer (Scream Queens), Rapper Tyga (aka Michael Ray Stevenson), C.J. Wallace und Giullian Yao Gioiello. Die Staffel setzt ganz auf Diversity: Hier wurden überwiegend schwarze Darsteller gecastet, welche die Rollen gesellschaftlicher Außenseiter einnehmen. Und da fangen die Probleme bereits an. Gestraffte Erzählzeit bedeutet weniger Möglichkeiten, sich mit den Figuren vertraut zu machen. Namen sind da nur Schall und Rauch. So lassen sich ausnahmslos alle auf Labels wie „das Gothgirl“, „der Schwule“ oder „der Rapper“ herunterbrechen. Daraus macht die Serie selbst keinen Hehl. Schließlich ist Diversität gefragt. Wie glaubhaft deren Vermittlung stattfindet, wenn das Drehbuch plötzlich jeden zu einer Randfigur macht, ist eine ganz andere Nummer. Da Scream grundsätzlich eine selbstreferenzielle Serie ist, die ihre eigenen Regeln und Gesetze immer wieder hinterfragt, passt das sogar halbwegs. Ein ärgerlicher Beigeschmack bleibt trotzdem, dass mehr Kreativität nicht übrig blieb, als dem Zuschauer Abziehbilder zu verkaufen. Es ist wohl auch dem Zeitkolorit geschuldet, dass die einst charakteristischen Anrufe der Filmreihe verstörenden Inkognito-SMS, wie man sie aus Pretty Little Liars kennt, gewichen sind.
Hip Hop, Horror, (Meta-)Humor
Showrunner Brett Matthews sammelte bereits mit The Vampire Diaries und Supernatural Erfahrungen mit Teenagern in düsteren Settings. Nun möchte man meinen, dass er wenigstens aus den flach angelegten Figuren etwas herauszuholen weiß. Meta-Ebene funktioniert doch immer. Nur nicht, wenn die Charaktere jede Gelegenheit nutzen, um zu betonen, dass sie sich doch ohnehin in einem Horrorfilm befinden. Einmal mag das funktionieren, spätestens beim zweiten Mal verpufft der Witz. Doch das ist stellvertretend für viele Probleme der Staffel: Alles wiederholt sich. Ab der Mitte herrscht kreative Pause und die zum Teil haltlosen Anschuldigungen der Figuren untereinander, erzeugen nicht den Anschein, als ginge hierbei auch nur irgendjemand subtil vor. Es tritt also ein, was zu erwarten ist: Gelangweilt wird die Handlung heruntergespult, während einer nach dem anderen stirbt, was den Rest des Casts zu immer impulsiveren (und unlogischeren) Handlungen zwingt. Schließlich soll ein Twist alles kitten, indem das Drehbuch eine abgefahrene Entscheidung trifft:
Fazit
Sechs Folgen, die komplett verschwendet werden. Was können Maske und Horror-Referenzen schon retten, wenn ein unsympathischer Haufen eindimensionaler Charaktere nicht mehr von sich zu geben weiß, als die schlimmste Eigenschaft, die man ihrem Stereotyp zuspricht? Scream: Ressurection versagt auf ganzer Ebene und lässt sogar Staffel 1 und 2 (die nun deutlich Optimierungspotenzial besitzen) plötzlich nach soviel mehr als einem Guilty Pleasure aussehen. Um es deutlich zu machen: Es handelt sich hierbei um komplette Zeitverschwendung. Die Handlung begünstigt stets den Killer, der unter wirrsten Umständen enthüllt wird, sodass auch Mitrateversuche nach dessen Antrieb dann an blöden Erklärungen scheitern.
©VH1