Star Trek: Discovery (Staffel 2)

Nach über einem Jahrzehnt Abstinenz brachte der Sender CBS mit Discovery 2017 endlich wieder Star Trek im Serienformat zurück ins Fernsehen, in eine Landschaft, die sich unter hochkarätigen Produktionen wie Game of Thrones, Stranger Things oder The Walking Dead inzwischen im Anspruch stark gewandelt hat. Die Frischzellenkur, die auch dem Star Trek-Franchise verpasst worden ist, hat in Staffel 1 zwar nicht jedem Fan gefallen, aber das Ergebnis wurde größtenteils positiv aufgenommen. In der 2019 erschienenen Staffel 2 bietet die Serie wieder sehr viel, nur leider keine anständige Story.

Auf dem Weg ihren neuen Captain abzuholen, wird die Discovery durch einen Notruf aufgehalten. Dieser kommt von der nicht ganz unbekannten USS Enterprise unter dem Kommando von Captain Christopher Pike. Der wird direkt von der außer Gefecht gesetzten Enterprise an Bord gebeamt und übernimmt auch sofort den Befehl über die Discovery. Der Grund dafür sind sieben, über mehrere tausend Lichtjahre verteilte, rotfarbige Energieausbrüche oder „Signale“. Da diese sich nicht als natürliches Phänomen erklären lassen und außerdem eine Gefahr für die Föderation darstellen können (es bleibt nebulös wie genau) hat die Untersuchung jener Vorkommnisse höchste Priorität für die Sternenflotte. Wie sich herausstellt, gehen die Signale mit dem Erscheinen eines „Roten Engels“ einher, bei dem es sich um einen Zeitreisenden handelt, welcher fürderhin eine Verbindung zu Commander Burnham sowie deren Adoptivbruder Mr. Spock hat. Dieser hat irgendwie das Erscheinen der Signale vorausgesehen, doch ist er seit kurzem spurlos verschwunden. Spock, der wohl der einzige ist, der der Discovery-Crew bei der Untersuchung der mysteriösen Signale und deren Bedeutung weiterhelfen könnte, wird zudem aber wegen angeblichen Mordes von Captain Leland und Sektion 31, dem Geheimdienst der Sternenflotte, verfolgt. Ein Wettlauf gegen und auch um die Zeit beginnt, denn die Signale sind der Schlüssel, die Zukunft allen Lebens im Universum zu retten.

Ein gutes Prequel zu Raumschiff Enterprise, wenn nur Discovery nicht wäre

Originaltitel Star Trek: Discovery (Season 2)
Jahr 2019
Land USA
Genre Science-Fiction
Cast Commander Burnham: Sonequa Martin-Green
Commander Saru: Doug Jones
Lieutenant Stamets: Anthony Rapp
Fähnrich Tilly: Mary Wiseman
Dr. Culber: Wilson Cruz
Captain Pike: Anson Mount
Spock: Ethan Peck
Tyler: Shazad Latif
Philippa Georgiou: Michelle Yeoh
Leland: Alan Van Sprang

Neben den Ereignissen um den Roten Engel und die Signale werden diverse weitere Stränge rund um die Discovery-Crew erzählt. Sehr zentral sind dabei die Verhältnisse von Michael zu ihrer Adoptivfamilie und insbesondere das zu ihrem Bruder Spock. Tilly und ihr Offizierstraining stehen eine Zeit lang im Fokus, genauso wie Pauls Trauer um seinen verlorenen Partner Hugh. Commander Saru kommt mit seiner kulturellen und familiären Vergangenheit ebenfalls zum Zug, wie auch die lange Zeit unscheinbare Lieutenant Airiam. Schade ist dabei, dass die Figuren und ihre Entwicklungen von teils haarsträubenden Handlungsverläufen überschattet werden (das Netzwerk des Sporenantriebs als physisch erfahrbares Pilzland, die Massenevolution einer gesamten Spezies via Audiodatei oder eine apokalyptische Künstliche Intelligenz à la Skynet). Lichtblicke bieten dabei Ex-Imperatorin Georgiou, die sich inzwischen Sektion 31 angeschlossen hat und die durch ihre Dialoge glänzt, sowie die Bezüge zur Originalserie. Besonders die Folgen 2×08 und 2×12 stechen diesbezüglich positiv hervor. In ersterer wird die ursprüngliche Pilotfolge, in der noch Pike Captain der Enterprise ist, wieder aufgegriffen und die Handlung auf den daraus bekannten Planeten Talos IV verlegt, während letztere der Figur Pike (hier gespielt von Anson Mount, Hell on Wheels) einen persönlichen Blick auf seine tragische Zukunft gewährt. Auch ein Wiedersehen mit der aus der Pilotfolge bekannten ersten Offizierin der Enterprise (im Original Majel Barrett, hier gespielt von Rebecca Romijn, X-Men) oder ein Blick auf eine aufgefrischte Enterprise wecken positiv nostalgische Gefühle.

Gehobene Ansprüche

Diplomatisch ausgedrückt: Die Handlung der zweiten Staffel hat ein paar Logiklöcher. Das ist eigentlich okay. Die meisten Geschichten haben diese und generell sollte man es damit nicht zu ernst nehmen. Es handelt sich schließlich um Fiktion. Unlogische Geschehnisse und Entscheidungen gehören meist dazu, damit die Handlung überhaupt ins Rollen kommt. Besonders bei Star Trek-Serien braucht es meist sehr viel guten Willen, wenn wöchentlich die wunderlichsten Probleme auftauchen und mit Mitteln, die teilweise ja nur eine Aneinanderreihung von wissenschaftlich klingenden Worterfindungen zu sein scheinen, wieder gelöst werden. Mit Staffel 1 hat Discovery zwecks Konkurrenzfähigkeit jedoch die eigenen Ansprüche angehoben. Das bedeutet, dass für Effekte und Sets sehr viel mehr Geld in die Hand genommen wird (und das wird hier auch sichtbar ausgegeben) und außerdem, dass eine zusammenhängende Handlung erzählt wird, in der die einzelnen Episoden ineinandergreifen und einen Spannungsbogen konturieren, der sich über die gesamte Staffel erstreckt. Hier ist Discovery leider nur mehr Schein als Sein.

Ein alles verschlingendes Schwarzes Logikloch

Die Handlung startet mit diversen offenen Fragen zu den Signalen, ihrer Natur, ihrem Zweck und worauf sie hinauslaufen. Alle diese Fragen werden beantwortet und alle Folgen präsentieren sich letztlich als Stücke eines großen Ganzen. Wie diese Stücke miteinander verbunden werden, hat mit nachvollziehbarer Logik allerdings leider wenig zu tun. Die Teilstücke sind eher eine Ansammlung von McGuffins, die möglichst effektvoll die Handlung vorantreiben sollen, ohne dabei wirklich einen Sinn zu ergeben: Um eine Zeitmaschine zu betreiben, braucht die Discovery-Crew halt einen Zeitkristall (weil halt, sogar der Infinity Stein aus dem MCU wird diesbezüglich in seiner Funktionsweise näher erklärt), dieser braucht zum Funktionieren aber die Energie äquivalent zu der einer Supernova (weil halt, bequemerweise findet man immer Möglichkeiten dafür, die halt so irgendwie funktionieren, wenn man sie gerade braucht) und das alles um eine Künstliche Intelligenz in der Zukunft davon abzuhalten, alles Leben auszulöschen (weil man halt etwas Böses braucht und die KI halt böse ist, wie Skynet und so und die das Umbringen halt irgendwie mit so Torpedos halt macht, weil sie halt böse ist). Es finden Verknüpfungen statt, es gibt Erklärungen, aber diese schreien in ihrer Scheinlogik danach, hinterfragt zu werden. Erklärungen und Entscheidungen der Figuren verärgern, weil sie als unabdingbar dargestellt werden während sich den Zuschauern schnell tausend bessere Lösungen anbieten. Nebenbei werden dabei noch zentrale Säulen des Star Trek-Universums, wie die Oberste Direktive, für möglichst dramatische Effekte kurzerhand in den Wind geschossen. Da hilft es auch wenig, wenn diese Logiklöcher anderweitig kaschiert werden.

Krachbumm, Herzschmerz und Überraschung!

Eines muss man Star Trek: Discovery lassen: Die Serie sieht zumindest gut aus. Schöne Setdesigns, Spezialeffekte in Kinofilm-Qualität und rasant inszenierte Action. Davon bekommen die Zuschauer reichlich geboten, meist auf Kosten der Handlung. Effekte anderer Art werden einem auch emotional geboten. Es kommt in dieser Staffel zu diversen dramatischen Sterbe-, Abschieds- und Aussöhnungsszenen, die emotional bewegen und zu Tränen rühren sollen. Dies gelingt zumindest bei den Darstellern, die sich in Sentimentalität ergießen, wobei es fragwürdig ist, ob Zuschauer nach gerade mal zwei Staffeln involviert genug sein können, um an diesem offenkundigen Emo-Kitsch teilzunehmen. Besonders Sonequa Martin-Green tut sich als Michael Burnham mit regelmäßigen Gefühlsexplosionen in dieser Staffel hervor, manchmal etwas zu sehr. Nun haben Hauptdarsteller in Star Trek-Serien, die es mit der Schauspielkunst unverhältnismäßig weit treiben, durchaus Tradition. Wie sich eine unter gefühlsunterdrückenden Vulkaniern aufgewachsene Figur, die in der ersten Staffel noch aus purer Logik heraus Meuterei begeht, in ein dauerheulendes Nervenbündel verwandelt, ist jedoch mehr Opportunismus als nachvollziehbare Entwicklung. Ein weiterer Effekt, auf den es die Autoren in dieser Staffel besonders anlegen, ist der der Überraschung. Dieser gelingt wohl meist. Nicht der erfahrenste Science-Fiction-Konsument hätte nach der ersten Folge die Handlung in ihrer Plottwist-reichen Entwicklung so vorausahnen können. Die Überraschungen sind jedoch meist nicht von der Natur, dass plötzlich etwas sehr Unwahrscheinliches passiert, sondern eher andauernd etwas gänzlich Unvorhersehbares. Da im Verlauf der Staffel irgendwann schlicht alles passieren kann, ist es einem gegen Ende auch total wumpe, was denn gerade passiert und was als nächstes kommt. Jegliche Theorie, die man darüber haben könnte, wird durch die Überraschungsmanie der Drehbuchautoren ja sowieso gezielt ausgehebelt.

Fazit

Vor der ersten Staffel war ich neugierig. Nach der ersten Staffel war ich begeistert. Vor der zweiten Staffel war ich gehyped. Jetzt, nach der zweiten Staffel, bin ich bodenlos enttäuscht und irgendwie auch sauer. Ich habe die zweite Runde Discovery wöchentlich begleitet und ich glaube in Folge 2×09 ist meine Stimmung bei allem guten Willen endgültig gekippt, weil es mir einfach zu viel wurde. Wer eine Chronik davon möchte, wie eine Serie jeglichen guten Kredit verspielt und Liebe zu Hass umschlägt, kann einen Blick in unseren Episodenguide zur zweiten Staffel werfen. Ich hätte im Vorfeld nie im Leben geglaubt, dass man eine gute Serie derart verhunzen kann. Aktueller Stand bei mir ist offen gesagt, dass ich mit der Serie fertig bin. Die ersten Infos und Bilder bezüglich Staffel 3 müsste ich vielleicht noch sehen und der ersten Folge würde ich vielleicht auch nochmal eine Chance geben, um zu gucken, ob für die Serie noch die Aussicht besteht, die Kurve zu kriegen, aber eigentlich will ich nicht mehr. Wenn man sich dagegen andere Sci-Fi-Titel ansieht, die aktuell laufen, wie The Expanse oder Altered Carbon, dann haben die auch schöne Effekte und emotionale Momente. Das alles ist dann aber nicht kitschiger Selbstzweck, sondern wird mit involvierend spannenden und sogar raffinierten Geschichten verbunden. Bei Star Trek: Discovery klafft dementsprechend ein gigantisches Loch, bei dem ich mir nur verarscht vorkomme. Die in Staffel 2 erzählte Geschichte ist ein dilettantischer Murks, der seinesgleichen wohl nur in schlechten Fanfics findet. Da helfen auch schöne Spezialeffekte und ein masochistisch auf die Tränendrüse gerammter Stiefelabsatz nichts.

© CBS

Lyxa

Lyxa studiert aktuell das Fach Und-was-macht-man-damit in Mainz, liest viel, schreibt gerne und schaut sich viel und gerne allerlei Serien und Filme an, am liebsten Science-Fiction. Lyxa ist dabei besonders der Dunklen Seite der Macht verfallen, weil es dort die cooleren Outfits gibt.

Abonnieren
Benachrichtige mich zu:
guest
0 Comments
älteste
neuste beste Bewertung
Inline Feedbacks
View all comments