WandaVision

Das Marvel Cinematic Universe ist die erfolgreichste Filmreihe der Welt. Ein Erfolg, den Marvel jedoch im TV-Bereich in dieser Form nicht so ganz wiederholen konnte. Mit dem Ergebnis, dass alle TV-Serien der Marvel Studios entweder aus dem MCU gestrichen (Agents of S.H.I.E.L.D.) oder komplett eingestampft (InhumansHelstrom) wurden. Den Neuauftakt in serieller Form markiert WandaVision, das nicht nur den Auftakt für Phase 4 des MCU markiert, sondern gleichzeitig einen wichtigen Meilenstein in Disneys neuer Content-Strategie mit Fokus auf dem hauseigenen Streamingdienst darstellt. In neun Episoden wurde WandaVision zwischen Januar und März 2021 auf Disney+ ausgestrahlt und erzeugte einen beispiellosen Medienhype, den sich sicherlich selbst Disney und Showrunnerin Jac Schaeffer (TiMER) nicht erträumen konnten. Und: Gab es jemals zuvor eine Mystery-Sitcom mit Mindfuck-Elementen? Vermutlich nicht, womit WandaVision als einer der bislang kreativsten Auswüchse des MCUs gilt.

   

Das Städtchen Westview in den 1950ern: Das Ehepaar Wanda (Elizabeth Olsen, Oldboy) und Vision (Paul Bettany, Solo: A Star Wars Story) führt ein entspanntes Kleinstadtleben ohne Sorgen. Jeder kennt hier jeden und alle sind ausgesprochen nett zueinander. Doch irgendetwas fühlt sich trotz der Wärme dieses Vorstadtidylls falsch an und die Bewohner haben immer wieder Aussetzer. Aber ehe Wanda und Vision die Dinge hinterfragen können, befinden sie sich schon wieder in der nächsten Epoche. Keiner von beiden ahnt, dass sie und die Bewohner Westviews sich in Gefahr befinden …

Das Tor für Phase 4 des MCU wird aufgestoßen

Originaltitel WandaVision
Jahr 2021
Land USA
Episoden 9 (in 1 Staffel)
Genre Sitcom, Mystery, Action
Cast
Wanda Maximoff: Elizabeth Olsen
Vision: Paul Bettany
Agnes: Kathryn Hahn
Dr. Darcy Lewis: Kat Dennings
Agent James E. “Jimmy” Woo: Randall Park
Monica Rambeau: Teyonah Parris
Arthur Hart: Fred Melamed
Mrs. Hart: Debra Jo Rupp
Dottie: Emma Caulfield
Auf Disney+ verfügbar

Ursprünglich sollte WandaVision die zweite Serie nach Falcon and the Winter Soldier sein, die auf Disney+ ihre Premiere feiern sollte. Aufgrund der Corona-Pandemie kam es zu Verschiebungen, die dazu führten, dass die Serie im Januar 2021 als erster Titel an den Start ging – und damit in weitem Abstand zu dem Kinofilm Doctor Strange in the Multiverse of Madness, der unmittelbar mit dem Ende eingeleitet werden sollte. Aber die Pause zu Spider-Man: Far From Home im Sommer 2019 war groß genug, sodass es an der Zeit war, das MCU wieder in die Gänge zu kriegen. Die Vorteile des Streamings liegen auf der Hand: Die wochenweise Ausstrahlung zwingt neugierige Zuschauer*innen zu einem neunwöchigen Abo, aber auch inhaltlich lässt sich damit argumentieren, dass die Episodenlänge variabel ist, was eine Spielzeit zwischen 26 und 47 Minuten Laufzeit zur Folge hat. Ganz zu schweigen von dem Lagerfeuer-Effekt, der sich in sozialen Medien einstellt, wenn Zuschauer wöchentlich rätseln, wie die Serie wohl weitergehen mag. Denn dafür ist die rätsellastige Handlung von WandaVision einfach prädestiniert.

“Ist doch immer dasselbe bei Marvel”

Filme des MCU leiden seit jeher unter dem Vorwurf, generischer Natur zu sein und sich schablonenartig aufeinanderlegen zu lassen. Bei näherem Hinsehen lassen sich allerdings sehr wohl Unterschiede in Sachen Genre und Tonalität erkennen. Ant-Man etwa lässt sich eher als Action-Komödie einordnen, Captain America: Return of the First Avenger ist ein Spionage-Thriller und Guardians of the Galaxy ein echter Space-Western. WandaVision nimmt in diesem Spektrum eine ganz neue Couleur ein und lässt sich im Unterbau als Sitcom klassifizieren. Natürlich nicht durchgehend – es ist Marvel und kein willkürlicher Programmfüller. Doch wenn ein Titel des MCUs den selbstbewussten Schritt wagen kann, sich in einem solch (aus Franchise-Sicht) fremdartigen Genre niederzulassen, dann WandaVision. Die Form der Episoden gleicht nämlich dem Aufbau einer herkömmlichen Sitcom-Episode, wobei die Serie auch gleichzeitig eine Hommage an die Sitcoms der einzelnen Jahrzehnte (welche die Serie durchläuft) darstellt. Unter anderem sind das die Mike van Dyke-ShowVerliebt in eine HexeMalcom Mittendrin oder Modern Family. Die Kreativschaffenden haben die Eigenheiten dieser Sitcom-Klassiker präzise studiert und adaptierten sie für die einzelnen Folgen, sodass die Serie ein abwechslungsreiches Spektrum durchläuft. Schablonenhaftigkeit? Völlige Fehlanzeige.

Die Jagd nach Easter Eggs ist eröffnet

Es gibt Serien, bei denen es besser ist, im Vorfeld einfach nichts über sie zu wissen. WandaVision darf das von sich behaupten, denn die Serie zehrt wie kein anderer Titel des MCU davon, Fan-Spekulationen anzuheizen, falsche wie richtige Fährten zu legen und für reichlich Diskussionsstoff zu sorgen. Diese Stärke entspringt vor allem der zunächst episodenhaften Erzählung plus der synchronen Unwissenheit zwischen Zuschauern und Protagonisten. Umso akribischer muss hingeschaut werden und die Handlung fordert Aufmerksamkeit ein. Manchmal sind es Aussagen, die besonders hervorstechen und interpretiert werden wollen, mal sind es Andeutungen auf bestehende oder zukünftige Ableger des MCUs. Inhaltlich bettet sich die Geschichte jedenfalls äußerst organisch in die Handlung nach Spider-Man: Far From Home ein, wodurch auch der übergeordnete rote Faden weitergesponnen wird. Eingestreut werden unzählige Easter Eggs. Beginnend mit Charakteren, die Comic-Lesern schon wohlbekannt sind, über verschiedene Kamera-Einstellungen, welche eins zu eins aus Comic-Panels übernommen wurden, bis hin klassischen Kostümen, die heutzutage eher nach Cosplay aussehen, aber in der zeitlichen Rahmenhandlung der jeweiligen Folge stilistisch Sinn ergeben. Den absoluten Höhepunkt bildet dabei Folge 5, die einen Charakter einführt, den die wenigsten Fans in diesem Kontext erwarten würden.

Serieller Blockbuster

Der Serie ist ihr hohes Budget, das etwa einem zweieinhalbstündigen Blockbuster entspricht, anzusehen. Die erste Folge wurde noch vor einem (vertraglich zum Schweigen verpflichteten) Publikum aufgezeichnet und arbeitet mit verschiedenen Set-Pieces der 1950er. Diese wurden von Folge zu Folge innerhalb kürzester Zeit umgestaltet, um den Eigenheiten populärer Sitcoms des jeweiligen Jahrzehnts zu entsprechen. Doch nicht nur das Örtchen Westview, sondern auch das Leben außerhalb, welches zunehmend sichtbarer wird, kann sich sehen lassen. Starten die ersten Episoden noch in schwarz-weiß im 4:3-Format, wird das Bild mit Einführung des Farbfernsehens in den 1970ern bunt und auch die Effekte werden von Folge zu Folge ausgefeilter. Zwischen Folge 1 und Folge 9 liegen nicht nur tonal Welten, sondern insbesondere visuell, wenn die Serie im Finale ein Effekt-Spektakel auffährt, mit dem zu Beginn kaum in dieser Form zu rechnen ist. Dieser Umstand sorgte auch dafür, dass zahlreiche Zuschauer nach Folge 1 oder 2 absprangen, da sich gerade diese Episoden vollkommen anders gestalten, als man es vom MCU gewohnt ist. Dabei erklärt sich von selbst, dass Marvel auch mit dieser Aufmachung einen größeren Plan verfolgt. Das auf Disney+ ebenfalls verfügbare Making of (Gemeinsam unbesiegbar) liefert wertvolle Einblicke in die Kleinstarbeit, die hinter der Serie steckt. Es ist die Vielfalt, die unter Beweis stellt, wie gut das Serienformat hierbei greift. In filmischer Form hätte WandaVision kaum funktioniert, so aber wird das augenscheinlich Episodische zum handlungsvorantreibenden Selbstläufer.

Ensemble-Power

Die große Stärke sind erwartungsgemäß Elizabeth Olsen und Paul Bettany, die während der Infinity Saga eher Helden aus der zweiten Reihe darstellten, nun aber aus der gemeinsamen Chemie schöpfen können. Denn man merkt beiden zu jeder Sekunde den Spaß an, mit dem sie bei der Sache sind. Beide sind sich für keinen Blödsinn zu schade und dürfen voll aufdrehen. Überdrehter war die Komik im MCU jedenfalls nie zuvor, was WandaVision auch komödiantisch hervorstechen lässt. Den beiden an die Seite gestellt wird ein Ensemble aus erfahrenen Schauspielern wie Fred Melamed (A Serious Man) und Debra Jo Rupp (Die wilden Siebziger) sowie bekannte Franchise-Gesichter. Dabei sind Thor-Praktikantin Darcy Lewis (Kat Dennings, 2 Broke Girls) und Ant-Man and the Wasp-Agent Jimmy Woo (Randall Park, The Interview) als neues Duo am Start. Beide, die bislang maximal Sidekick einer anderen Figur sein durften, bilden ein durchschlagkräftiges Team, das durch die S.W.O.R.D.-Agentin Monica Rambeau (Teyonah Parris, Buffalo Soldier Girl) verstärkt wird. Richtig gelesen: Rambeau und damit die erwachsene Version ihrer selbst in Captain Marvel. Besonders hervorgehoben werden muss Kathryn Hahn (bekannt für ihre Rolle der Lily Lebowski in der Krimiserie Crossing Jordan – Pathologin mit Profil), die die Rolle der neugierigen Nachbarin Agnes ausfüllt und damit schon fast zur Familie gehört. Das Ensemble bleibt überschaubar, funktioniert aber gerade deswegen ungemein gut im Zusammenspiel.

Fazit

WandaVision ist eine bunte und mit zahlreichen Überraschungen gespickte Wundertüte, wie geschaffen für einen Lagerfeuer-Effekt in einem Streaming-Zeitalter, in dem überwiegend Bingewatching betrieben wird. Die hohe Qualität der einzelnen Folgen möchte nicht nur genossen werden, sondern auch zum Grübeln und Miträtseln, manches Mal überraschenderweise sogar zum Mitfühlen anheizen. Aus anfänglichen Brotkrumen werden nach und nach echte Felsbrocken, die dem Publikum zugeworfen werden und mit denen erst einmal hantieren gelernt werden muss. Die finale Auflösung bringt die Kraft mit, Folgen für die komplette Filmreihe ziehen zu können und hievt die gesamte Handlung in einen ganz neuen Rahmen. Kontrovers wurde die Entwicklung der Serie aufgenommen: Während die erste Hälfte für Verwirrung sorgt, flacht die Entwicklung in der zweiten Hälfte ebenso ab, was aber in der Natur der Sache liegt, wenn Rätsel entschlüsselt werden. WandaVision ist ein kreatives Ungetüm, das im Gesamten kaum zu bändigen ist: Mutig, energisch und rätselhaft zugleich.

© Disney

Ayres

Ayres ist ein richtiger Horror- & Mystery-Junkie, liebt gute Point’n’Click-Adventures und ist Fighting Games nie abgeneigt. Besonders spannend findet er Psychologie, deshalb werden in seinem Wohnzimmer regelmäßig "Die Werwölfe von Düsterwald"-Abende veranstaltet. Sein teuerstes Hobby ist das Sammeln von Steelbooks. In seinem Besitz befinden sich mehr als 100 Blu-Ray Steelbooks aus aller Welt.

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Taria
Redakteur
16. März 2021 9:07

WandaVision war ein weiterer Grund sich auf den Freitag zu freuen. Die erste Episode hat sich zwar etwas gezogen, aber dafür waren alle anderen immer viel zu schnell vorbei. Mir hat die Serie unglaublich viel Spaß gemacht, denn sie ist anders und sehr erfrischend. Ich hatte zwar gehofft, dass sich ein paar Theorien bewahrheiten würden, aber gut, kann man nicht ändern. WandaVision überzeugte dennoch und das neue Kostüm von Scarlet Witch sieht echt gut aus, vor allem wurden die Antagonisten dieses Mal nicht gleich abserviert, ist ja ein Problem des MCUs.