Westworld (Folge 2×03)

Die dritte Folge von Westworld – The Door gewährt Einblicke in nicht nur eine, sondern gleich zwei neue Parkanlagen. Die Verflechtungen auf dem Westworld’schen Perserteppich nehmen zu, sie reichen von Indien bis nach Japan und der Zuseher steht mitten darauf und hat keinen Überblick über das Gesamtmuster. Die Serie hat zur alten Stärke zurück gefunden und baut sie weiter aus.

Die Episode „Virtù e Fortuna“ eröffnet im britisch besetzten Indien – der Kelch der Host-Revolution scheint auch hier nicht vorüberzugehen und die junge Grace (Katja Herbers, Manhattan) schafft es mit Ach und Krach zu überleben, indem sie sich über die Grenze nach Westworld schleppt. Unterdessen gelingt Dolores eine Allianz mit den Confederados. Gemeinsam können sie den ersten Angriff von Delos Inc. abwehren, allerdings zu einem hohen Preis. Bernard sieht sich weiterhin als orientierungsloser Streuner zwischen den Welten gefangen, aber immerhin schafft er es Abernathys Geheimnis zu lüften und sicherzustellen. Das Trio um Maeve gelangt dafür in eine ihnen unbekannte Welt. Während Lee Sizemore erst einen abgetrennten Kopf mit Kabuto benötigt, um zu verstehen wo sie sind, wird dem aufmerksamen Anime-Fan das bereits klar kaum, dass er das Stilmittel des romantisch herunterfallenden Schnees sieht: Sie sind in der japanischen Shogunworld gelandet.

Die Frau aus Indien

In Indiaworld lernen wir eine neue Figur kennen: Grace. Sie weiß offenbar wie der Hase in diesen Host-Welten läuft und schreckt auch nicht vor der Nutzung der Pistole zurück, um die Identität ihres Gegenübers (Mensch oder Host?) zu verifizieren. Wenn man sich nun an Folge 1 zurück erinnert, in der Willimas Tochter Emily einen kurzen Auftritt hat und die in den End Credits als „Young Emily“ gelistet wird, dann mag man vermuten, dass es auch eine alte Emily geben muss – und vielleicht haben wir in Grace eine mögliche Personifikation gefunden. Ihre Übervorsicht beim Verkehr mit Hosts (DNA-Speicherung) und ihre Vertrautheit mit den Abläufen in dieser Welt sind beides Eigenschaften, die auch William stets ausgemacht haben und immer noch ausmachen.

Der arme Tropf Abernathy

Von Indiaworld zurück nach Westworld: Dort finden Bernard und Charlotte Hale endlich Peter Abernathy, gespielt von Louis Herthum (True Blood). Wieder einmal beweist Herthum, dass die Verkörperung fehlerhafter Hosts absolut sein Ding ist. Wie schon in Staffel 1 springt Herthum auf unvergleichliche Weise stotternd zwischen Sätzen und Mimiken hin und her und durchlebt die Rollen vergangener Narrativen. Wenn ich eine Alternativbesetzung für die Rolle des Kevin Crumb aus Split nennen müsste: Es wäre Louis Herthum.

Der pubertierende Teddy

Teddy scheint allmählich tiefer ins Labyrinth zu kommen. Mit seiner Entscheidung, die Confederados am Leben zu lassen, hat er einen eigenen Weg beschritten. Es ist allerdings nicht ganz einzuschätzen, ob Dolores das missfällt oder nicht. Auf der einen Seite verliert sie dadurch ihre loyale Hofschranze. Auf der anderen Seite lässt Teddy den Status eines Kindes hinter sich – einen Status, den Dolores zuvor bei den Confederados bemängelt hat. Man darf gespannt sein, wie sie mit dem langsam flügge werdenden Teddy umgeht. Dass sie ihn einfach im See versenkt (Ende Folge 1) kann es ja nicht gewesen sein.

Die Ghost Nation – Schrecken oder Rettung?

Maeve, Hector und Lee treffen unterdessen auf die Ghost Nation. Maeve ist trotz ihrer overskillten Rolle nicht fähig, die Indianer zu kontrollieren. Da diese Unfähigkeit mit einer traumatischen Rückblende in Maeves Vergangenheit einher geht, könnte man vermuten, dass Maeve hier einer Art von mentaler Sperre unterliegt. Wenn man aber an das Ende von Staffel 1 denkt, war auch Stubbs nicht in der Lage, die Ghost Nation zu beherrschen.
Was ist die Funktion der Ghost Nation? Sie lassen sich nicht kontrollieren und haben es auf echte Menschen „abgesehen“. Das muss nicht unbedingt negativ zu verstehen sein. Denn trotz ihrer bedrohlichen Attitüde, hat Stubbs (ein Mensch) das Aufeinandertreffen mit ihnen in Staffel 1 überlebt. Weiterhin interessieren sie sich für Lee Sizemore (einen Menschen) und sie gabeln Grace (einen Menschen) auf nach ihrer Flucht aus Indiaworld. Zu guter Letzt Dolores‘ Aussage aus Folge 1, als sie einen Ghost-Indianer umbringt: „Nicht alle sind es wert, in das Valley Beyond zu gelangen.“ Die Ghost Nation ist ganz offenbar Pro-Mensch.

Mein persönliches Highlight in dieser Folge: Bad Guy Trevor in seiner Rolle als „tugendhaftester Revolverheld“ in ganz Westworld. Der Preis für den “Creepiest Character” geht an Zombie-Clementine, die die Menschen wie ‘nen Kartoffelsack hinter sich her schleift. Das schönste Comeback feiert dagegen Armistice mit dem Game of Thornes-Zitat: „She has a dragon!“. Und der beste philosophische Rückbezug zur bikameralen Psyche aus Staffel 1: Dolores vor dem Spiegel mit der Aussage „Aus einem >Du wirst< wurde ein >Ich darf<“.
Nach der Geschichtsstunde aus Folge 2, die eher ein Tatsachenbericht ist, bietet Folge 3 viel Stoff zum Entdecken und Theoretisieren an. Allein schon dass es eine Folge ist, in der Teddy nicht stirbt und dazu sogar noch Dolores in Frage stellt – unglaublich. Teddy is going rouge. Dolores übrigens auch. Um es in Meme-Sprech auszudrücken: The amount of dead bodies is too damn high. Wen will Dolores denn am Ende beherrschen, huh?

Totman Gehend

Totman ist Musiker, zockt in der Freizeit bevorzugt Indie-Games, Taktik-Shooter oder ganz was anderes und sammelt schöne Bücher. Größtes Laster: Red Bull. Lieblingsplatz im Netz: der 24/7 Music-Stream von Cryo Chamber auf YouTube.

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