Westworld (Folge 2×05)
Westworld – The Door erreicht seine Halbzeit und gönnt dem Zuseher nun endlich das Rundherum-Eintauchen in die heiß ersehnte Shogunworld. Cowboys treffen auf Samurai – zwei Settings, die überraschend gut miteinander harmonieren und der Serie ein neuartiges Feeling verleihen.
Folge 5 „Akane no mai“ (dt. Akanes Tanz) setzt dort ein, wo uns Folge 3 mit einem Cliffhanger zurück gelassen hat: Maeve, Lee, Hector und der Rest der Bagage werden von schwertschwingenden Ronins attackiert und gefangen genommen. Während Lee seine Mistreiter darüber aufklärt, dass die Shogunworld für jene Gäste sei, die die Gewalt in Westworld zu seicht finden, wird die Gruppe in eine Stadt eskortiert, die nicht nur stark an Sweetwater erinnert, sondern tatsächlich Sweetwater ist – lediglich in die Edo-Zeit transportiert. Dort treffen Maeve, Hector und Armistice (Ingrid Bolsø Berdal, Hänsel und Gretel: Hexenjäger) auf ihre japanischen Doppelgänger. Unterdessen befindet sich Dolores im Planmodus und kommt zu dem Schluss, dass sie sich Teddy entledigen muss.
Ein Déjà Vu
Eine Banditenbande, die durch Sweetwater trabt und geradewegs auf das Bordell namens „Mariposa“ (dt. Schmetterling) zuhält, mit dem Ziel dort einen Safe zu stehlen – dazu spielt die Instrumentalversion von „Paint in Black“ von den Rolling Stones. Eine Szene, die in Staffel 1 von Westworld eine bedeutende Rolle einnimmt und nun 1:1 für Shogunworld umgesetzt wird. Aus den Banditen werden Ronins, aus den Prostituierten in Rüschenkleidern Geishas in traditionellen Trachten. Die ganz Aufmerksamen unter den Zusehern erleben das Déjà Vu kaum dass die Kinder der Stadt einen Käfer auf das Haupt eines meditierenden Mönches legen (denn wir erinnern uns an Folge 01×01, in der ein paar Rotzlöffel einem schlafenden Cowboy einen Skorpion auf den Schädel legen). Die Reaktionen von Maeve, Hector und Armistice auf ihren jeweiligen Doppelgänger könnten nicht unterschiedlicher sein. Während Hector seinen Counterpart Musashi (Hiroyuki Sanada, The Last Samurai) vom ganzen Herzen hasst, ist Armistice von ihrem Gegenüber absolut fasziniert, und Maeve empfindet tiefe Empathie für die Obergeisha Akane (Rinko Kikuchi, Pacific Rim: Uprising). Aufgelockert wird das Ganze von Lee Sizemore, der mehr und mehr als Comic Relief durchstartet.
Maeve im Gottmodus
Dafür, dass Maeve anfangs nicht in der Lage ist, die japanischen Hosts zu kontrollieren, geht sie zum Schluss mit einer ziemlichen Superpower aus der Folge heraus: Sie erlangt die Gabe, Hosts per Telepathie zu kontrollieren. Das macht sie zur übermächtigen Königin auf dem Schachbrett und man darf gespannt sein, wer ihr finaler Gegner wird. Der Mann in Schwarz? Oder doch etwa Dolores? Die Tatsache, dass man die von der Narrative losgelöste Hosts nur in der ihnen eigenen Muttersprache befehligen kann, könnte auch eine Erklärung dafür sein, warum sich die Ghost Nation nicht kontrollieren lässt. Wer – von Williams Tochter mal abgesehen – spricht denn schon Lakota?
Die Rolle des Judas
Dolores unterdessen nähert sich mehr und mehr der epischen Vorausdeutung aus Folge 01×01. Dort steht sie mit Teddy auf den Hügeln der Steppe und klärt ihn über den Judasstier auf, jenes Leittier, dem die Herde bedingungslos folgt – direkt unter das Messer des Schlächters. Und tatsächlich ist Dolores bislang eifrig dabei, alles und jeden zu verraten. Selbst Teddy erwischt es jetzt, indem sie ihn unprogrammiert – nicht aber ohne ihm vorher das Techtelmechtel zu gönnen, nach dem er sich seit 30 Jahren sehnt, das aber nie in seiner Storyline vorgesehen war. Dolores passt perfekt auf die Metpaher des Judasstiers, genau so gut könnte aber auch Maeve dessen Verkörperung werden. Oder sogar Ford? Ganz gleich wer es werden wird: Dass eine in Folge 01×01 eingeführte Metapher in Staffel 2 wieder aufgegriffen und somit ein großer Bogen über allem gespannt wird, ist einer der vielen erwähnenswerten Pluspunkte für Westworld
Wem ist es noch aufgefallen? Dolores hat die Dose aufgehoben! Nach all der Zeit schafft es das Mädel, sich von der helfenden Männerhand loszusagen und die Dose selbstständig zu greifen. Genau so freut man sich für Teddy, der endlich ein Level höher schalten konnte in Sachen Intimität mit Dolores. Der Preis, den er dafür zahlen muss, ist nur leider etwas unverhältnismäßig. Da hat sich Teddy als treudoofer Naivling mal wieder verzockt. Ja, ich ewarte kein Happy End mehr, aber ich erwarte sehnsüchtig Folge 6.