Secrets of the Maw
Little Nightmares aus dem Jahre 2017 konnte mit seinem grotesk-hübschen Spieluniversum und der vagen, alptraumhaften Story eine große und angefixte Fangemeinde um sich scharren. Mit der DLC Secrets of the Maw geht das Game nun in die zweite Runde. Bestehend aus drei Kapiteln, die seit Februar 2018 endlich komplett sind, entführt Secrets of the Maw den Spieler erneut in den Schlund.
Secrets of the Maw läuft zeitlich parallel zum Hauptspiel. Während also die kleine Six vor Kannibalen-Köchen und blinden Hausmeistern flieht, zeigt die DLC die Abenteuer eines Jungen in blauem Pullover, ebenfalls auf der Flucht und gewillt, dem Schlund zu entkommen. Secrets of the Maw bedient sich somit desselben Ausgangsszenarios – allerdings könnte das Ende nicht unterschiedlicher sein.
The Depths – Schrumpeloma auf Kollisionskurs
Während Six aus dem Hauptspiel stets nach oben zum Ausgang strebt, verschlägt es den Jungen – der auch den originellen Namen „Runaway Kid“ trägt – erst einmal in die Tiefen des Schlunds. Das Kapitel The Dephts spielt in den gefluteten Schiffsräumen unter Deck und bietet eine für den Spieler neue Kulisse. Das Wasser ist omnipräsent und beherbergt zudem einen noch nicht gekannten Big Boss in Gestalt einer verschrumpelten Großmutter, die das Runaway Kid ertränken will. Die Rätsel sind nicht der Rede wert; die meiste Zeit über springt man über Plattformen oder senkt/hebt den Wasserspiegel. Leicht öde – genau so wie das monotone Leveldesign.
The Hideaway – Der Hausmeister wieder am Start
Originaltitel | Secrets of the Maw |
Jahr | 2017 – 2018 |
Plattform | Microsoft Windows, Playstation 4, Xbox One |
Genre | Puzzle, Jump’n’Run |
Entwickler | Tarsier Studios |
Publisher | Bandai Namco Entertainment |
Spieler | 1 |
Das zweite Kapitel gestaltet sich als ein Déjà-vu. Übergroße Bücherregale? Ein scharfes Atmen irgendwo im Schatten? Richtig: Die Gefilde des Hausmeisters. Da die Kulisse und der Gegner altbekannt sind, kann sich auch hier leise Langeweile einstellen, zumal es auf keine finale Konfrontation mit dem Hausmeister hinaus läuft. Stattdessen liegt der Fokus auf den bereits aus dem Hauptspiel bekannten Gnomen. Die Spielmechanik wird erweitert um die Möglichkeit, mit den Gnomen auf verschiedene Weisen zu interagieren und dieserart die Rätsel zu lösen. Insgesamt ist dieses Kapitel wesentlich interessanter gestaltet – allerdings auch verbuggt. Die Zusammenarbeit mit den Gnomen ist der frustrierendste Part und erfordert manchmal auch den Neustart des kompletten Kapitels.
The Residence – Die Lady ist not amused
Mit dem letzten Kapitel schließlich sind Langeweile und Frust verpufft. Der geneigte Spieler weiß: Wenn die Kacke irgendwo am Dampfen ist, dann bei der Lady. Hier passiert was, hier wird es storytechnisch relevant. Der Spieler bewegt sich durch die drei Stockwerke große Residenz und verknüpft Rätsel aus den einzelnen Räumen zu einem großen Ganzen. Die Umgebung wird hier viel besser mit einbezogen als in den vorherigen Kapiteln. Die Residenz erzeugt Unbehagen durch den Einsatz von Licht und Schatten, von Statuen, bei denen man nicht weiß, ob sie vielleicht nicht doch lebendig sind, und durch eine überall anzutreffende Obsession mit Schönheit. Das macht die Lady zu einem stets präsenten Angsterzeuger, selbst wenn sie nicht wirklich zugegen ist. Auch mit dabei: eine neue Gegnerklasse, die sich mit Vorliebe aus den umliegenden Schatten schält und nur mit der Taschenlampe zu bekämpfen ist. Die zielgenaue Ausrichtung der Taschenlampe erweist sich dabei dank der frickeligen Steuerung als recht nervig. Die größte Stärke (des ohnehin schon starken Kapitels) bildet das Ende. Hier wird das Schicksal des Runaway Kids auf eine Art und Weise mit dem von Six in Verbindung gesetzt, dass einem kurz der Mund offen steht – eindrücklich begleitet vom melancholischen Wiegenlied der Lady.
Der große, unliebsame Bruder INSIDE
Als Little Nightmares mit seinem „Kleines Kind in einer großen, grausamen Welt“-Plot und der 3D-Sidescroller-Optik im April 2017 erschien, wurde es nicht selten mit Playdeads INSIDE verglichen. Und obwohl gewisse Ähnlichkeiten bestehen, kann Little Nightmares dank seiner grotesken Monster, dem schmucken Leveldesign und der Pseudo-Knetanimations-Optik eine eigene Identität herausbilden. Bei der DLC dagegen hat man umso mehr den fahlen Beigeschmack eines INSIDE-Abklatsches. Die Wasserlastigkeit des ersten Kapitels sowie die Strategien, dem Wassermonster zu entkommen, sind haargenau dieselben wie bei INSIDE, nur schlechter realisiert. Auch das Prinzip „work with others“ in Kapitel 2 kennt man bereits aus INSIDE, und dort wurde es wesentlich flüssiger und vor allem problemlos umgesetzt. In der DLC dagegen lautet das Prinzip eher „work with bugs“.
Tja. Das schlimmste “Secret” dieser DLC ist wohl jenes, dass sie nichts Interessantes zu verbergen hat – das dachte ich zumindest nach den ersten zwei Kapiteln. Ich könnte Secrets of the Maw nur schwerlich weiterempfehlen – wenn nicht das letzte Kapitel wäre. The Residence bringt alles Nötige mit, um gut zu sein: neue Gegner, eine unbehagliche Atmosphäre, tiefere Einblicke in die Gesetze des Schlunds und ein „Ach du Scheiße“-Ende, mit dem ich nicht gerechnet habe – samt bittersüßem End Credits Song, der lange nachhallt.